Kutath die sterbende Sonne
behielt den Kopf gesenkt und sein fremdartiges Gesicht versteckt.
Dann kam Niun und faßte ihn am Arm, zog ihn durch den Vorhang zu ihrer Rechten in den großen Versammlungsbereich unter die anderen.
Aus goldenem Sen-Tuch bestanden die Vorhänge; golden war das Lampenlicht; und goldgewandete Sen'ein bildeten eine Bogen um die einzelne weiße Gestalt, die Melein war. Sie setzte sich auf ihren Stuhl, als der Schatten des Kel um die Wände zur Rechten und zur Linken strömte; auch ein paar ältere Kath'ein ließen sich unauffällig neben dem Sen nieder wie eine Spur hellen Himmels. Duncan versuchte, ohne Niuns Hand, die an seinem Ellbogen schwebte, stetig zwischen den sich teilenden Reihen hindurchzugehen. Seine Manieren fielen ihm wieder ein; er erinnerte sich an die Höflichkeiten, die er zu erweisen hatte – Dinge, die ihn das Kel-Gesetz gelehrt hatte, wenn er auch nie zuvor so sehr der Mittelpunkt der Dinge gewesen war.
Niun ging über die Stelle hinaus, die ihm zustand, nahm Meleins Hände und küßte sie auf die Stirn – erhielt einen Kuß als Erwiderung, flüsterte leise mit ihr über Hao'nath und Fremde. Ihre Bernsteinaugen zuckten einmal vor Schmerz, und sie senkte den Kopf.
»So«, sagte sie mit leiser Stimme. »Das wird kommen, wie es will.« Sie bewegte kaum die Hände, als sie Duncan herbeiwinkte.
Er trat die wenigen Schritte vor, ließ sich wie Niun vor ihren Knien nieder, den Kopf gesenkt; und weil er nicht in ihrer Gunst stehend kam, griff er nach dem Zaidhe und nahm es zum Zeichen der Demut ab, entblößte sein schulterlanges Haar, das der Bronzemähne eines Mri so unähnlich war. Er war unrasiert und blutete aus der Nase... stank und wußte es. Menschen hatten einen anderen Geruch, und deshalb hatte er sich immer sorgfältig sauber gehalten und rasiert. Bei dieser Entblößung fühlte er sich so nackt wie noch nie zuvor im Leben.
»Kel Duncan«, sagte Melein sanft.
»She'pan«, hauchte er, den Kopf gesenkt und die Hände um Schleier und Kopftuch auf seinem Schoß geklammert. Die ruhige Beherrschtheit in Meleins Stimme schuf eine Stille, in der kaum auch nur das Rascheln von Gewändern aus der Versammlung zu hören war. Seine Schläfen pochten, seine Kehle war verengt.
»Wo war deine Erlaubnis, uns zu verlassen, Kel'- en?«
»Es gab keine.« Die Stimme brach ihm. Ein Hustendrang kribbelte in seiner Kehle, und er versuchte, ihn hinunterzuschlucken, hatte mit viel Mühe Erfolg, wobei ihm die Augen tränten.
»Und du bist...«
»Bei den Schiffen, She'pan. In ihnen.«
Zum erstenmal gab es ein Hauchen des Protestes von der Versammlung. Melein hob die Hand, und es erstarb sofort.
»Kel'en?« forderte sie ihn auf.
»Drei Schiffe«, zwängte Duncan am Widerstand seiner Kehle vorbei. »Regul sind mit den Menschen gekommen; Regul haben auf euch und die Stadt gefeuert. Ich habe ihre Älteste getötet. Keine... keine Regul mehr.«
Die Membranen verrieten Bestürzung. Melein verstand ihn, wenn es auch die anderen nicht konnten. »Wie ist das geschehen, Kel Duncan?«
»Die Regul befand sich auf einem der Menschenschiffe... ließ mich angreifen, als ich mein Gespräch mit dem menschlichen Kel'anth beendet hatte. Ich habe sie getötet. Die Regul haben jetzt keinen Anführer. Die Menschen... haben meine Botschaft nicht empfangen; jetzt – jetzt haben sie zugehört. Sie sind von den Regul beleidigt worden; sie baten mich, dir mitzuteilen...« Der Name dessen, was er zu sagen hatte, entglitt ihm, war nicht ins Hal'ari übersetzbar. Er hatte es sich zurechtgelegt... hob eine zitternde Hand zur Stirn, versuchte in Erniedrigung und Angst zusammenzubringen, was er sich zurechtgelegt hatte. Niun regte sich; er ließ die Hand fallen und sah zu Melein auf. »Kein Angriff; kein... kein Wunsch, anzugreifen – wenn das Volk dies den Menschen auch zusagt.«
Es gab keinen Laut, aber Zorn zeigte sich auf den nackten Gesichtern, die die She'pan umgaben, und auf Meleins kaltem Gesicht erschien ein Stirnrunzeln.
»Was haben Mri Tsi'mri zu sagen?«
Das war die unvermeidliche Einstellung. Jahrmillionen der Verachtung für Außenseiter, für andere Rassen. Das Hal'ari hatte vier Wörter für Frieden, und keines davon besaß die Bedeutung oder Vorstellung dessen, was die Menschen erhofften. Eines davon war unheilvoll: die Auslöschung einer potentiellen Bedrohung. Duncan bemerkte, daß seine beiden Hände sichtbar zitterten. Er hatte den bitteren Geschmack der Niederlage im Mund und den Beigeschmack des Blutes.
»Kel
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