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Kutath die sterbende Sonne

Titel: Kutath die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J.Cherryh
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Duncan – das Sen wird die Sache überdenken, die du vorgebracht hast. Deine Mühen haben großen Wert. Das Volk dankt dir.«
    Er hörte es nicht deutlich. Vielleicht taten es auch andere in der Versammlung nicht; niemand regte sich oder stand auf. Dann dämmerte es ihm, daß sie das Angebot einer Konferenz nicht durchweg abgelehnt hatte... mehr noch – sie beugte sich vor, nahm sein dreckiges und aufgesprungenes Gesicht zwischen die Hände und küßte ihn auf die Stirn wie einen der ihren. Sie drückte ihm etwas in die Hand, ein kleines Medaillon aus Gold, ein J'tal des Dienstes.
    Es gab Gebrumm in der Versammlung darüber. Und dann schämte er sich durch und durch, denn sie ließ ihn los und er saß da, starrte auf das, was er in der Hand hielt, und die Tränen entglitten seiner Kontrolle, und er hatte keinen Schleier, um sie zu verbergen. Er steckte das Ehrenzeichen auf der Brust in die Gewänder, versuchte, das Gesicht nicht zu zeigen und den Schmerz in der Kehle hinunterzuschlukken. Und er hustete; Blut befleckte die Hand, die er an Mund und Nase führte. Viel Blut. Er fing wieder an zu zittern und hörte ein Murmeln des Schmerzes, als er die Kontrolle über seine Glieder verlor. Niun fing ihn auf und hielt seinen zitternden Körper kraftvoll fest.
    Nach einem Moment schaffte er es, sich auf die Fü- ße helfen zu lassen – zu gehen, zumindest bis nach draußen, vor das Zelt und in die kalte Nachtluft. Niun hielt ihn fest, und noch jemand tat es. Er hörte sein Dus nicht weit von sich entfernt in der Dunkelheit; es stöhnte vor Kummer, sehnte sich nach ihm. Er schüttelte sich frei und versuchte ein paar Schritte, wußte nicht, wohin er ging, außer zum Dus; und dann mußte er nach einem Halt greifen. Jemand fing ihn auf.
    »Helft mir«, hörte er Niun wütend sagen. »Helft mir!«
    Schließlich spürte er noch eine andere Berührung. Er bemühte sich, sein Gewicht selbst zu tragen, und dann packte ihn der Husten wieder und er vergaß alles andere.
    * * *
    Niun aß lediglich eine mehr symbolische Menge aus der gemeinsamen Schüssel. Er hatte keinen Hunger und überließ den anderen seinen Anteil. Er saß jetzt nur da, unverschleiert und die Hände im Schoß, und starrte durch das Zelt des Kel in die Ecke, wo Duncan bei seinem Dus lag, in Sitzhaltung gegen das Tier gestützt in seiner Bewußtlosigkeit, denn er blutete innerlich und erstickte vielleicht. Er war kein angenehmer Anblick, dieser Duncan, und viele im Kel warfen ihm verstohlene Blicke zu, hofften wahrscheinlich auf seinen Tod.
    Es würde vielleicht das Ende von ihnen beiden bedeuten, wenn ihre Feinde sie am Morgen herausriefen. Die Vermengung zweier Stämme war etwas Furchtbares; sie hatten sie nicht gewollt... aber vielleicht gab es in diesem Stamm viele, die es für besser halten würden, das zu erreichen und einen neuen Kel'anth und eine neue She'pan zu erhalten. Er hätte seine Gedanken in Ordnung bringen, essen und schlafen sollen, um sich auf ein solches Ereignis vorzubereiten; das war ihm nur zu deutlich bewußt.
    Er versuchte es, und das Essen blieb ihm in der Kehle stecken; er schluckte es, verzichtete aber auf mehr, und saß wieder nur still da.
    Tiefes Schweigen senkte sich über das Kel. Bewegungen wurden ruhiger und weniger. Stimmen erstarben. Keine Hand langte mehr nach den Schüsseln; niemand sagte etwas. Er wußte, daß sie ihn anstarrten, und schließlich wurde er innerlich so ruhig wie äußerlich, abgesondert von seinem Schmerz.
    Fordert mich! wünschte er von manchen unter ihnen, Ras nicht ausgeschlossen. Ich werde töten und mich am Töten erfreuen.
    »Kel'anth«, sagte Hlil.
    Niun beachtete ihn nicht.
    Hlil saß für einen Moment reglos da, war zweifellos beleidigt. Und schließlich beugte er sich zu Fen'anth Seras hinüber, der neben ihm saß, und dann zu Desai. Sie murmelten etwas miteinander, und Niun zog seinen Geist von all dem zurück, ließ sie machen, was sie wollten – rechnete damit, daß es auf ihn zukommen würde, sobald es bereit war.
    Statt auf die anderen achtzugeben stand er auf und zog sich an Duncans Seite zurück, setzte sich dort an das Dus gelehnt nieder. Das Tier äußerte einen rollenden Klagelaut und stieß ihn mit der stumpfen, feuchten Nase an, als wolle es ihn um Trost oder Hilfe bitten. Duncan atmete mit einem schwachen gurgelnden Geräusch, und seine Augen waren einen Schlitz weit geöffnet, jedoch glasig, und sie reflektierten matt das Lampenlicht.
    Die anderen nahmen die Mahlzeit wieder auf,

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