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Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Titel: Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem , Daniel E. Mroz
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dem Sand ragten hier und da zerbrochene Räder, Plastikbecher, Papierfetzen und anderer Unrat hervor, wahllos verstreut dazwischen lagen die Eingeborenen in den unterschiedlichsten Posen, der eine auf dem Bauch, der andere auf dem Rücken, ein dritter wiederum streckte seine Beine kerzengerade empor, so als wollte er aus lauter Langeweile den Zenit anvisieren. Ich ging um den Nächstliegenden herum und musterte ihn. Er war weder Roboter noch Mensch, geschweige denn ein Proteinat sapiens der albuminoiden Spezies. Er hatte einen ziemlich runden und plumpen Kopf mit roten Wangen, anstelle der Augen aber zwei kleine Hirtenflöten und anstatt der Ohren zwei winzige Fäßchen, die unablässig dicke Wölkchen von Weihrauch verströmten. Er trug orchideenfarbene Hosen mit dunkelblauen Biesen, bestickt mit schmutzigen, überaus eng beschriebenen Papierfetzen. Seine Füße mündeten in zwei kleine Kufen, in den Händen hielt er eine ganz und gar aus Pfefferkuchen gebackene und mit Zuckerguß überzogene Zupfgitarre, deren Griffbrett er offensichtlich bereits verspeist hatte. Er schnarchte friedlich und gleichmäßig. Ich beugte mich über ihn, um das Geschreibsel auf seinen Hosen zu lesen, konnte aber von den vielen Zetteln nur einige entziffern, da mir die Augen vom Weihrauch tränten. Die Inschriften waren höchst seltsam, zum Beispiel Nr. 7: DIAMANT NETTOGEWICHT SIEBEN ZENTNER, Nr. 8: DRAMATISCHER KUCHEN, SCHLUCHZT, WENN ER GEGESSEN WIRD, HÄLT MORALPREDIGTEN AUS DEM HOHLEN BAUCH, SINGT UM SO HÖHER, JE NIEDRIGER ER SINKT, Nr. 10: GIOCONDRINE ZUM PICKNICKEN und andere, an die ich mich nicht mehr erinnere. Als ich verwirrt durch das Gesehene einen der Papierfetzen anfaßte, um ihn besser lesen zu können, entstand im Sand dicht neben den Beinen des schnarchenden Eingeborenen ein kleines Loch, und ein feines Stimmchen piepste:
    – Ist es schon so weit?
    – Wer spricht da? schrie ich.
    – Ich bin’s, Giocondrine, soll ich jetzt anfangen?
    – Nein, nein! Noch nicht! sagte ich hastig und ergriff die Flucht. Der nächste Eingeborene hatte einen Kopf in Form einer Glocke, drei Hörner, eine ganze Reihe Arme verschiedener Länge (die beiden kleinsten massierten unablässig seinen Bauch), lange gefiederte Ohren sowie ein Mützchen mit einem kleinen purpurroten Balkon, auf dem unsichtbare Individuen offenbar heftig miteinander stritten, denn winzige Tellerchen flogen hin und her und zersprangen auf der Balkonbrüstung in tausend Scherben. Während ich vor dem Eingeborenen stand und das diamantenbesetzte Schlummerkissen in seinem Nacken bewunderte, riß er eines seiner Hörner vom Kopf, schnupperte mißmutig daran, schleuderte es voller Abscheu zu Boden und schüttete etwas schmutzigen Sand in die Öffnung. Ganz in der Nähe lag etwas, was ich zunächst für Zwillinge, bei näherem Hinsehen jedoch für ein eng umschlungenes Liebespaar hielt. Ich war gerade dabei, mich diskret zurückzuziehen, als ich merkte, daß ich nicht zwei, sondern genau anderthalb Wesen vor mir hatte. Der Kopf war völlig normal, abgesehen von den Ohren, die sich hin und wieder selbständig machten und wie Schmetterlinge umherflatterten. Die Lider hielt er geschlossen, aber zahlreiche Muttermale auf Kinn und Wangen waren mit winzigen Augen versehen, die mich mit unverhohlener Feindseligkeit betrachteten. Dieses seltsame Wesen hatte eine breite Heldenbrust, die allerdings völlig durchlöchert war, so als habe sie jemand recht unsanft mit einem Bohrer traktiert; die Löcher waren bis zum Rand mit Himbeermarmelade gefüllt. Er hatte nur ein Bein, das aber war ungewöhnlich dick und steckte in einem Schuh aus Saffianleder mit einem Filzglöckchen; neben seinem Ellenbogen lag ein ansehnlicher Haufen von Apfel- oder Birnenschalen. Mein Erstaunen wuchs, als ich weiterging und auf einen Roboter mit menschlichem Kopf stieß, in dessen linkem Nasenloch ein vollautomatischer, munter brodelnder Miniatursamowar steckte; ein anderer suhlte sich in Pfützen von Erdbeermarmelade, und ein dritter hatte die Falltür in seinem Bauch weit geöffnet, so daß seine kristallenen Eingeweide sichtbar waren. Aufgezogene Nymphchen führten dort ein Schauspiel auf, das sich jedoch bei näherem Hinsehen als derart obszön entpuppte, daß ich rot wie eine Tomate wurde und schleunigst davonlief. In meiner Verwirrung stolperte ich und stürzte zu Boden, und als ich wieder aufstand, erblickte ich noch einen anderen Bewohner des Planeten: Nackt kratzte er sich mit einem goldenen

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