Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Titel: Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem , Daniel E. Mroz
Vom Netzwerk:
endlich entdeckt habe!!
    Dann dachte ich:
    – Es muß tatsächlich ein unheimliches Rätsel sein, das hinter all dem steckt auf diesem quadratischen Planeten mit seiner quadratischen Sonne, mit verführerischen theaterspielenden Nymphen und beleidigenden Zuckergußbotschaften, die in Ohren stecken! Ich habe stets gedacht, wenn ich als ganz gewöhnlicher Roboter schon in der Lage bin, mich mit Kultur und Wissenschaften zu beschäftigen, was muß es dann erst an Kultur und Wissenschaften bei den Höherentwickelten geben, von den Höchstentwickelten gar nicht erst zu reden! Was immer diese Wesen eigentlich treiben mögen, gepflegte Konversation scheint nicht eben zu ihren Lieblingsbeschäftigungen zu zählen, zumindest nach meiner persönlichen Erfahrung. Ich muß sie einfach zwingen, mit mir zu reden – aber wie? Ich muß etwas finden, was ihnen so richtig unter die Haut geht, ich muß ihnen dermaßen auf die Nerven fallen, daß sie schließlich zu allem bereit sind, nur um mich loszuwerden. Ganz ohne Risiko wäre die Sache natürlich nicht:
    Wenn sie in Wut gerieten, könnten sie mich zweifellos ohne jede Mühe vernichten, ganz so wie man eine lästige Fliege zerquetscht. Andererseits kann ich mir kaum vorstellen, daß sie zu derart brutalen Mitteln greifen … wenn aber doch?? Ganz gleich, ich muß es versuchen, da mir der Wissensdurst die Seele verzehrt!
    Also sprang ich in völliger Dunkelheit auf und begann aus Leibeskräften zu schreien, schlug Rad und wilde Purzelbäume, hüpfte umher, trampelte auf ihnen herum, schüttete ihnen Sand in die Augen, tanzte und sang, bis ich heiser war; dann hielt ich inne, machte ein paar Kniebeugen und Liegestütze und stürzte mich wieder mitten unter sie wie ein toller Hund. Sie wandten mir den Rücken zu und hielten ihre diamantenbesetzten Kissen und Decken schützend über sich. Plötzlich blitzte ein Gedanke in meinem umwölkten Hirn auf:
    – Wahrlich, was würde wohl dein alter Freund Trurl sagen, wenn er dich in diesem Moment beobachten könnte und sehen würde, womit du deine Zeit auf einem Planeten verbringst, der die Maximale Stufe der Entwicklung im Universum erreicht hat?! Dieser Gedanke hielt mich jedoch nicht im mindesten davon ab, weiterhin aus Leibeskräften zu brüllen und zu trampeln. Ich hörte nämlich, wie sie miteinander flüsterten:
    – Kollege!
    – Was ist denn?
    – Hörst du, was hier los ist?
    – Ich bin doch nicht taub.
    – Er hat mir um ein Haar den Kopf zertreten.
    – Dann nimm dir einen neuen!
    – Aber der Kerl läßt mich nicht schlafen.
    – Was?
    – Schlafen läßt er mich nicht.
    – Er ist einfach zu neugierig, wisperte eine dritte Stimme.
    – Er ist entsetzlich neugierig.
    – Wir müssen etwas tun, damit er uns nicht länger quält.
    – Aber was?
    – Woher soll ich das wissen? Vielleicht seine Persönlichkeit ändern?
    – Das wäre unmoralisch.
    – Warum ist er nur so hartnäckig? Hörst du, wie er heult?
    – Warte, jetzt habe ich eine Idee …
    Sie flüsterten etwas, während ich weiterhin heulte, stöhnte und Purzelbäume schlug, wobei ich meine Anstrengungen auf die Gegend konzentrierte, aus der das Flüstern kam. Ich machte gerade einen Handstand auf dem Bauch eines flüsternden Individuums, als mir plötzlich schwarz vor Augen wurde, aber das Dunkel, das meine Sinne umfing, dauerte kaum länger als den Bruchteil einer Sekunde; so schien es mir zumindest, als ich wieder zu mir kam. Mir taten von den ungewohnten gymnastischen Übungen noch alle Knochen weh, aber ich war längst nicht mehr auf dem quadratischen Planeten. Ich saß, unfähig, auch nur einen Arm oder ein Bein zu rühren, in meinem Raumschiff, eingezwängt in einen Berg von Gläsern mit Quittenmarmelade, Kindertrommeln und Teddybären aus Marzipan, Leierkästen mit Brillantglöckchen, Dukaten, Dublonen und goldenen Ohrenschützern, Armreifen und Juwelen, die solch einen Glanz verbreiteten, daß ich unwillkürlich die Augen schloß. Als ich unter Aufbietung aller Kräfte unter diesem Berg von Kostbarkeiten hervorgekrochen war und durch ein Bullauge den Himmel beobachtete, da erblickte ich gänzlich andere Konstellationen als vorher – von einer quadratischen Sonne keine Spur mehr! Rasch angestellte Berechnungen ergaben, daß ich sechstausend Jahre lang mit Maximalgeschwindigkeit reisen müßte, um wieder nach MASTEN zu gelangen. Sie waren mich tatsächlich losgeworden, als ich ihnen allzusehr auf die Nerven gefallen war. Und selbst wenn es mir gelingen sollte,

Weitere Kostenlose Bücher