Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)
Hazel. Er sollte eine heiße Dusche bekommen und verarztet werden. Anschließend werden wir euch aber noch für die offiziellen Aussagen brauchen.«
»Können wir die bitte bei uns auf dem Gut machen, Monsieur Alvar?«
»Natürlich. Wir kommen – Messieurs?«
»In einer Stunde, wenn es genehm ist, Mademoiselle.«
»Reb, kannst du uns fahren?«
»Besser als laufen. Kommt, meine Prinzesschen!«
Es wurde eine lange Nacht. Jenevra hatte Reb verarztet und mit einem Eisbeutel versorgt. Hazel und ich holten Wasser, kalten Tee und Säfte für alle. Der ermittelnde Kommissar war eingetroffen, und wir erfuhren, dass Alvar tatsächlich etwas Mühe gehabt hatte, die örtliche Polizei zu einem Einsatz zu bewegen – sie wollten mehr als nur Gerüchte, um einzugreifen. Er hatte seine ganze Autorität als künftiger Präfekt spielen lassen, um sie in Marsch zu setzen. Immerhin waren sie bereits unterwegs gewesen, als die Radiosendung abrupt abgebrochen war. Das beschleunigte ihr Handeln. Wir versuchten herauszufinden, ob und wie lange der Sender seine Störsignale ausgesendet hatte, und wie sich aus den verschiedenen Aussagen über die Zeiten ergab, war es Pecker und seinen Leuten gelungen, mindestens eine Minute lang den GPS-Faker in Betrieb zu halten und Funkdaten zu verfälschen. Ich dachte an meine Heimat. An meine Mutter. Es würde Folgen gehabt haben. Hoffentlich waren sie nicht allzu entsetzlich.
Milan war, genau wie Pecker, verschwunden. Robin, das Oberhaupt dieser Sippe, würde die Verantwortung für sie übernehmen müssen. Die beiden Nerds waren von den Polizisten abgeführt worden.
Gort, der zu der Vernehmung dazugekommen war, saß schweigend und mit betroffener Miene am Küchentisch.
»Ich war ein Idiot. Ich hätte es verhindern müssen.«
»Ja«, sagte Alvar. »Das hätten Sie. Ich habe vier Tage harte, aufreibende Verhandlungen geführt, um diesem Land mehr wirtschaftliche und technische Möglichkeiten zu verschaffen. Solche Sabotageakte treffen nur uns selbst.«
Jenevra kochte Kaffee für alle, die Fragen und Erklärungen wollten kein Ende nehmen. Ich lehnte den Kopf erschöpft an die Wand hinter mir, Hazel kuschelte sich in meinen Arm.
»Lasst die Prinzesschen zu Bett gehen«, hörte ich Reb irgendwann sagen.
»Ja, Kinder, geht zu Bett«, sagte Gort, und ich regte mich noch nicht einmal auf.
Das Unwetter kam und ging, ich bemerkte nichts davon.
STRANDNACHMITTAG
S ie hatten mich ausschlafen lassen. Als ich wach wurde, fiel mir Hazels sorgfältig gemachtes Bett auf, und mein Wecker zeigte beschämende zehn Uhr. Sonnenstrahlen fielen in breiten Streifen durch die Vorhänge.
Die Erinnerung an die Ereignisse der Nacht aber scheuchte mich augenblicklich aus den Decken. Eine hurtige Dusche, anziehen, die feuchten Haare mit den Fingern gekämmt, und schon hastete ich die Treppen hinunter in die Küche.
Jenevra und zwei Mädchen schnipselten Gemüse, der Geruch von frisch gebackenem Brot und kochender Milch fing mich ein.
»Ausgeschlafen?«
»Verschlafen. Tut mir leid.«
»Macht nichts. Sie war schrecklich, diese Nacht.«
»Gibt es schon Nachrichten?«
»Nichts, was du nicht schon wüsstest. Alvar ist in der Frühe aufgebrochen, er will versuchen, mit seinen Verhandlungspartnern zu sprechen und zu schlichten, wenn es geht.«
Also war Reb wohl auch fort. Ohne Abschied.
Unglücklich griff ich nach einem Kanten Brot, strich salzige Butter darauf und nagte daran. Es schmeckte nach Pappe.
»Ich habe Hazel an den Strand geschickt. Du solltest ebenfalls deine Badetasche packen, Kyria. Ich mache dir einen Picknickkorb zurecht. Ihr habt euch einen Ferientag verdient.«
Ich nickte und wollte hochgehen, um meine Sachen zu holen.
»Ach, und Reb ist bei den Pferden. Ich pack dann mal genug für euch beide ein.«
Ich hüpfte die Stufen hoch und war in Windeseile wieder in der Küche. Ein Deckelkorb stand schon bereit, und mit einem müden Lächeln winkte mich Jenevra aus dem Haus.
Sie machte sich Vorwürfe. Ich spürte es. Aber ich konnte ihr nicht helfen. Sie hatten alle von den technischen Spielereien mit dem Störsender gewusst, vielleicht nicht alles über die verheerende Wirkung, aber dass es ein Sabotageakt war, war ihnen klar, und sie hatten es geduldet.
Welche Konsequenzen es nun für die Mitwisser haben würde, würde sich zeigen.
Hazels Familie tat mir dennoch leid. Sie alle waren gastfreundliche, hilfsbereite, arbeitsame Menschen, und ihre Wut über die hinterhältige Seuchenverbreitung war nur
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