Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)
Begriff, und ich musste richtig lächeln.
Beinahe vier Stunden hatte ich geschlafen, und erst das energische Klopfen an der Tür weckte mich. Reb, jetzt auch in einem eng anliegenden schwarzen Trikot und schwarzer Hose, trat ein. Offensichtlich hatte er Cams Anweisung befolgt, die blauen und grünen Flecken in seinem Gesicht waren merklich verblasst, seine Bewegungen geschmeidiger. Die medizinische Wissenschaft hatte für solche Zwecke wahre Wundermittel entwickelt.
»Cam hat Neuigkeiten. Kommst du mit?«
»Ja.«
Ich rappelte mich auf und murrte leise. Ich hätte meine Waden und Schultern ebenfalls mit einer Salbe einreiben sollen. Aber die Schmerzen ließen sich ertragen, also folgte ich Reb wieder zu Cams Arbeitsraum.
»Ausgeruht, Princess?«
»Ja, einigermaßen. Aber musst auch du mich Princess nennen?«
»Muss ich nicht, Kyria. Dann setzt euch neben mich, damit ich euch zeigen kann, was ich herausgefunden und beschlossen habe.«
Auf dem Bildschirm erschien das ruhige, schöne Gesicht von Maie. Sie redete, gestikulierte sparsam, aber der Ton war ausgeschaltet.
»Eine wirklich interessante Frau, die Chefermittlerin der Amazonen. Sie ist dreiunddreißig Jahre alt, stammt aus einer angesehenen Familie der Civitas. Ihre Mutter war ebenfalls ein hochrangiges Mitglied der Amazonen, hat aber vor zwölf Jahren den Dienst quittiert und leitet inzwischen recht erfolgreich einen Wellnesspark auf einer Ostseeinsel. Ihr Vater war in der Stadtverwaltung von La Capitale als Sekretär tätig. Mit achtzehn hat Maie ihre Ausbildung bei den Amazonen begonnen, zuerst im Streifendienst, dann in der Verbrechensermittlung. Sie hat Sonderausbildungen in Mediation, aber auch in der Waffenanwendung und den Kampftechniken gemacht und wurde entsprechend ihrer Dienstzugehörigkeit befördert. So weit eine ganz normale Amazonen-Laufbahn. Dann allerdings gab es einen Einschnitt. Mit dreiundzwanzig wurde sie bei einer Razzia schwer verletzt.«
»Das ist schrecklich, aber sicher nicht ungewöhnlich für die Amazonen«, meinte ich.
»Nein, nicht ungewöhnlich. Bemerkenswert sind Datum und Anlass. Die Razzia fand am 14. Juni 2115 statt. Sie hatte den Zweck, die unautorisierten Gebäude einer Gruppe von Subcults auf belastendes Material hin zu durchsuchen. Man hegte den Verdacht, dass Pläne zu subversiven Anschlägen, möglicherweise auch Waffen zu finden seien. Ein Lagerhaus geriet in Brand, und Maie wurde von den Flammen eingeschlossen. Ein Unbekannter rettete sie unter Einsatz seines Lebens. Maie gab an, den Mann nicht erkannt zu haben. Anschließend verbrachte sie mehrere Monate im Heilungshaus und danach fast ein Jahr in der Rehabilitation. Seither setzt sie sich vor allem für die Suche nach Vermissten ein.«
»Ein Unbekannter rettete sie also«, meinte ich.
»Am Tag, als Rebs Vater verschwand. Was das betrifft, habe ich mich auch umgehört, Reb. Aus den offiziellen Quellen ist er verschwunden, aber es gibt unter uns Leute, die ein gutes Gedächtnis haben. Er war einer von uns. Gehörte zwar einer anderen Gruppe an, aber Tatsache ist, dass er gute Beziehungen zu den Subcults hatte. Und zwar zu genau denen, die bei der Razzia gefasst wurden.«
Rebs Gesicht war weiß geworden.
»Wie alt warst du damals, Reb?«, fragte ich ihn.
»Acht. Ich war acht Jahre alt.«
»Hast du ihn oft getroffen?«
»Ja, oft. Heimlich manchmal. In der Arena. Beim Training. In den Ställen.«
Kurz und abgehackt kam es aus ihm heraus.
»Warum hast du mir das nicht früher erzählt, Reb? Ich hätte schon viel mehr über ihn herausfinden können. Selbst wenn man den Wagenlenkern und ihrem Personal Schweigepflicht auferlegt hat, ich hätte sie zum Reden gebracht.«
Reb schüttelte nur den Kopf.
»Cam, Reb war acht Jahre alt.« Ich drehte mich zu ihm um. »Du hast geglaubt, er hätte dich mit Absicht verlassen.«
Er hatte die Ellbogen auf die Knie gestützt und sein Gesicht in den Händen verborgen. Und er schwieg.
Cam klapperte weiter auf den Tasten.
»Maie besaß den Anhänger mit dem Id von Alvar«, sagte ich. »Sie muss gewusst haben, wer Reb ist. Und – der Anhänger muss ein Hinweis auf Alvars Aufenthaltsort sein.«
»Ich habe mir so was gedacht«, sagte er. »Das keltische Kreuz findet man oft in den nordwestlichen Reservaten, in Irland, Schottland, in der Bretagne. Und darum habe ich einige Handstände, doppelte Überschläge und sonstige akrobatische Kunststücke vollbracht und einen anderen Kurier für Mallorca gefunden. Reb, du reist mit
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