Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)
leider nichts wirklich Belastbares. Doch es tut sich etwas, und das fängt an, bedrohlich zu werden. Aus diesem Grund muss Reb ins südliche Reservat reisen. Es besteht die Vermutung, dass genau diese Masernepidemie dort und in einigen anderen Reservaten ausbrechen könnte. Er muss die Kulturen dort hinbringen, damit in den dortigen Laboren der Impfstoff hergestellt werden kann.« Cam lächelte mich an. »Du wirst es nicht glauben, aber Reb ist einer unserer besten Kuriere.«
»Warum?«
»Er ist ziemlich gut darin, sich durchzuschlagen.«
Die Flucht aus dem Heilungshaus fiel mir ein. Ja, das konnte er wohl. Und borgen konnte er auch ziemlich gut. Ich verstand schon, dass Cam und die Leute im Hintergrund ihn gerne einsetzten. Aber er war gewiss nicht der einzige Kurier. Sollte doch ein anderer die Impfstoffkulturen ins südliche Reservat bringen. Denn auch ich hatte ein Ziel. Und das wollte ich erreichen. Eine ungeahnte Beharrlichkeit packte mich. Sie lieferte mir auch prompt eine Idee. Da ich auf Rebs Hilfe angewiesen war, fiel mir nämlich ein Grund ein, warum er mich begleiten sollte.
Darum brachte ich das ins Spiel, was Reb bei seiner Schilderung unserer Lage ausgelassen hatte. Ich zog meinen Anhänger aus dem Ausschnitt.
»Was ist das, Cam?«
»Der Venusspiegel. Du hast ihn auf dem Ball das erste Mal getragen.«
»Richtig. Meine Mutter hat ihn mir geschenkt. Und nun schau dir Rebs Anhänger an.«
»Mhm – ein geschickter Schachzug, Princess«, meinte Reb und gab Cam sein Ringkreuz.
»Verdammt«, murmelte Cam, legte den Anhänger neben sich und fegte mit den Fingern über die Tastatur.
»Du tippst noch?«, fragte ich erstaunt. Gewöhnlich wurden die meisten Kommunikationsgeräte über Sprachsteuerung bedient.
»Ernsthafte Technik hier, kein Spielzeug«, murmelte Cam und hackte weiter. Dann winkte er uns zu sich. »Ich wusste doch, dass ich das schon mal gesehen habe.«
Auf dem Bildschirm erschien die Aufnahme eines Wagens, der von vier Pferden gezogen wurde – die Quadriga, das Sport- und Wettkampfgerät der Wagenlenker. Er war den römischen Streitwagen nachgebildet, schwarz mit einem Emblem an der Frontseite – ein silberner Kreis mit goldenem Kreuz.
»Spannend«, sagte ich. »Wem gehört der?«
»Das ist seltsamerweise nicht dokumentiert.«
Cam nahm den Anhänger in die Hand und untersuchte ihn gründlich. Dann griff er zu einem der vielen herumliegenden Werkzeuge und bastelte eine Weile an der Rückseite des Amuletts. Mit einer feinen Pinzette holte er schließlich einen winzigen Chip aus einer Vertiefung und legte ihn auf eine Sensorplatte. Wieder ein paar flinke Tastendrucke, und schon erschienen einige kryptische Daten, die Cam aber offensichtlich zu entziffern wusste.
»Ein totes Id. Erloschen am 14. Juni 2115.«
»Wessen Id?«
»Kann ich auf die Schnelle nicht herausfinden. Ist es dir wichtig, Reb?«
»Ja, es ist wichtig«, sagte ich, weil Reb schon wieder eine verschlossene Miene aufgesetzt hatte.
»Euer Wunsch ist mir Befehlt, Herrin!«, sagte Cam. Er griff zu etwas, das wie ein KomLink aussah, und bat einen Tom zu sich. Ein hageres Bürschchen mit zerrauften Haaren und dunklen Ringen unter den Augen schlurfte ins Zimmer.
»Schau, was du von dem Ding retten kannst«, wies ihn Cam an.
»Is’ klar, Chef.«
Schlurfender Abgang.
»Kann der überhaupt lesen und schreiben?«, fragte ich verdutzt.
»Keine Ahnung. Können Nerds lesen und schreiben? Ich weiß nur, dass er zaubern kann.«
»Das reicht dann wohl.«
»Gib mir deinen Anhänger, Kyria.«
Ich reichte ihm den Venusspiegel, und er untersuchte das Schmuckstück ebenso gründlich wie Rebs. Dann schüttelte er den Kopf.
»Netter Notgroschen, der Brilli. Aber es ist kein Id darunter. Möglicherweise war mal ein Chip unter dem Stein. Ich will den aber nicht loslösen. Aber hier ist etwas eingeritzt.« Er klemmte sich eine Juwelierlupe ins Auge und untersuchte die Rückseite. »Ein Datum. Sagt dir der 28. April 2107 etwas?«
Schwindel packte mich. Ich merkte, dass ich schwankte. Jemand hielt mich fest, drückte meinen Kopf nach unten.
»Ruhig atmen, Princess. Tief und gleichmäßig atmen.«
Ich bemühte mich, bekam wieder Luft und wehrte mich gegen den Druck, den Cam auf meinen Rücken ausübte. Ich richtete mich auf und nahm das Glas Wasser entgegen, das Reb mir reichte.
»Was war das, Princess?«
»Schwindel. Ich glaub, das hat mit der Krankheit zu tun.«
»Oder hat dich das Datum erschreckt?«
»Ja. Ja, das
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