Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)
elektronischen Spielereien der Besucher bedienen?«
Piper zuckte mit den Schultern. »Sie merken’s gar nicht. Ihre komischen Pads und KomLinks funktionieren hier ja nicht.«
»Warum klauen sie die dann? Sie haben doch gar keinen Nutzen davon.«
»Doch. Sie nehmen sie auseinander und bauen einzelne Teile davon in ihre Geräte ein.«
Wir stiegen auf unsere Fahrräder und strampelten los. Mit Rückenwind.
Sie bauten sie in ihre Geräte ein – oben im Turm des Forts standen einige NuYu-Computer. Irgendwas ging da vor sich. Vermutlich versuchten sie in das satellitengestützte System zu gelangen, um die neuesten Meldungen direkt und nicht über die Schiffe draußen auf See empfangen zu können. Was ja verständlich war.
Piper verabschiedete sich an der nächsten Gabelung, und wir radelten schweigend weiter nach Hause. Mir ließ jedoch der Gedanke an die Einbrüche keine Ruhe. Piper wirkte sehr routiniert, sie hatte nicht zum ersten Mal die Alarmanlage ausgeschaltet. Und sie hatte auch recht, bemerken würden die Besucher den Verlust ihrer Kommunikationsgeräte erst wieder, wenn sie über die Grenze kamen. Na gut, der ein oder andere würde sein Lesepad vielleicht auch früher vermissen. Aber die Gefahr war vermutlich relativ gering, dass man das Fehlen mit einem Einbruch in der Lodge in Verbindung brachte.
War es nur Spielerei, was die Jungs mit den Geräten betrieben?, fragte ich mich, als wir zwischen den Hecken entlangfuhren. Spielerei, wie Robin es nannte, oder steckte mehr dahinter? Nachrichten und Informationen, das lernte ich jeden Tag aufs Neue, waren von unglaublicher Bedeutung. Mit ihnen konnte man Stimmung machen, Ängste schüren, falsche Fährten legen.
Ich sollte mir wohl die Nachrichtensendungen des Radiosenders »La Forteresse« genauer anhören. Bisher hatte ich nur auf die Musik und die albernen Sprüche der Ansager geachtet, denn ihre Informationen schienen mir nicht aktueller als die, die in der Zeitung standen, die Gort jeden Morgen in der Küche liegen ließ.
Es war schon nach zwölf Uhr, als wir uns leise ins Haus schlichen. Ich war herzlich erschöpft und hörte auf, über diese Dinge nachzudenken.
ERMITTLUNG
M üde waren Hazel und ich zwar, aber auch völlig aufgedreht, weshalb wir noch eine Weile im Dunkeln über unseren Einbruch schwatzten.
»Ich habe eine bemerkenswerte kriminelle Karriere gemacht«, stellte ich dabei fest.
»Mh, ja. Du hast dich ziemlich verändert, seit wir uns damals im Heilungshaus getroffen haben«, bestätigte Hazel mir. »Vor drei Jahren warst du wirklich noch ein richtiges Prinzesschen. Trotzdem, irgendwie hatte ich damals schon das Gefühl, dass in dir noch etwas anderes schlummert.«
»Die verkappte Verbrecherin?«
Hazel kicherte. »Nein, aber jemand, der mal aufmüpfig wird.«
»Aufmüpfig ist nicht ganz die passende Beschreibung für das, was ich getan habe – Id-Klau, Flucht in die Subcult, falsche Identität, unerlaubtes Verlassen einer Reisegruppe und jetzt auch noch Einbruch und Datendiebstahl.«
»Macht es dir was aus?«
»Eigentlich nicht. Aber komisch, angefangen habe ich mit all diesen üblen Taten in dem Augenblick, als ich erfuhr, dass ich nur noch drei Wochen zu leben hätte.«
»Dann ist einem alles bis auf das Wesentliche egal.«
»Ja, so war es. Ich wollte zu dir. Weil du mir das Leben hier beschrieben hattest. Es war für mich plötzlich der Inbegriff der Freiheit.«
»Und, ist es das noch?«
»Solange ich nicht morgens vor Tag und Tau aufstehen muss.«
»Auch unsere Freiheit hat Grenzen. Aber besser, als ständig bemuttert zu werden, ist es schon, denke ich.«
Ich hörte Hazel gähnen, es kruschelte, und sie zog sich die Bettdecke über die Ohren.
Bemuttert – das war ein recht passender Ausdruck in mehrerer Hinsicht. Ich war von meiner Mutter, den Ärztinnen, den Lehrerinnen und allen möglichen Institutionen bemuttert worden. Und die Obermutter Saphrina sollte diesen Zustand fortsetzen.
Meine Gedanken schlenderten zurück.
Saphrina Lascar – die Schlange. Rebs Mutter.
Verdammt.
Ich sah ihn wieder vor mir, wie er in das Zimmer im Heilungshaus kam, just in dem Augenblick, als ich völlig verstört und total hoffnungslos war. Er hatte sich aufgeregt, dass sich niemand um mich kümmerte.
Ich fuhr senkrecht im Bett hoch.
Was hatte er gesagt?
»Wenn sie dich nicht behandeln, sollte ich mal meine Mutter informieren?«
Und ich hatte höhnisch gefragt, was sie ausrichten könnte.
»Du würdest dich wundern«, hatte er
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