Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)
gerollt, hätte man mir zugemutet, drei Kilometer über eine Straße oder Feldwege zu gehen.«
»Prinzesschen, Erbse. Aha.«
»Nix mehr Erbse.«
Hazel kicherte. »Wirst du nachher beweisen können. Wir haben zehn Kilometer vor uns.«
Oh, das hatte ich nicht bedacht. Etwas kleinlaut sackte ich zusammen.
»Keine Angst, Prinzesschen, eine knappe halbe Stunde mit dem Fahrrad! Und es ist fast windstill. Das wirst du hinkriegen.«
Eine gute halbe Stunde dauerte es, und es war nicht windstill. Der einzige Trost bestand darin, dass wir auf dem Rückweg den Wind von hinten haben würden.
Piper erwartete uns schon vor der Lodge, einem zweigeschossigen Haus, wie jede der Lodges, L-förmig um eine Terrasse gebaut, mit dem landesüblichen grauen Feldstein verkleidet. Dunkel und unbelebt lag das Gebäude vor uns.
»Okay, kommt mit. Wir müssen durch den Hintereingang. Da kenne ich mich aus.«
Piper hatte eine kleine Stablampe dabei, die uns den Weg um das Haus wies. Dort, wo sich die Küche und die Wirtschaftsräume befanden, führten auch die Strom- und Telefonkabel ins Innere. Piper drückte mir die Lampe in die Hand.
»Halt mal. Da drauf leuchten.«
Sie zog ein paar Werkzeuge aus ihrem Rucksack, öffnete den Verteilerkasten und schraubte leise pfeifend vor sich hin.
»So, Telefon ist erst mal inaktiv. Aber in einer halben Stunde muss ich es wieder anschließen, weil regelmäßig ein automatischer Anruf an die Polizeistation erfolgt. Wir können reingehen.«
»Wieso Telefon und halbe Stunde?«
»Die Alarmanlage läuft über die Telefonleitung«, sagte Piper. »Ich weiß nicht, eure Leute aus NuYu sind nicht ganz auf dem Stand der Zeit, dass sie so ein billiges Ding hier verwenden.«
Dazu wollte ich lieber nichts sagen. Piper schloss die Tür auf, und wir betraten vorsichtig den Flur. Nichts passierte.
»Weiß du, was du suchst?«
»Ja, den Raum mit den Überwachungsgeräten. Ich schätze, der liegt oben neben dem Zimmer der Reiseleiter.«
Da die Lodges alle gleich gebaut waren und Reb sich damals sehr genau umgesehen hatte, fand ich das Zimmer kurz darauf.
»Kannst du damit etwas anfangen?«, fragte Hazel und deutete auf die Computer.
»Ich denke schon. Zieht mal die Vorhänge zu.«
Zumindest mit den einfachen Anwendungen kannte ich mich aus – das gehörte bei uns schließlich zum Allgemeinwissen. Und die Geräte in der Lodge waren keine besonders komplizierten – sie dienten lediglich der Verwaltung. Man traute offensichtlich den Einwohnern der Reservate nicht zu, dass sie auch nur eine entfernte Ahnung von der modernen Kommunikationstechnik hatten. Die Computerzugänge waren noch nicht einmal mit einem Passwort gesichert. Und ziemlich simpel war es auch, die Besucherdateien zu finden.
»Klasse, wie du das machst. So habe ich bisher nur Tim und Kevin auf den Tasten klappern sehen«, meinte Piper mit Bewunderung in der Stimme.
»Zwischen ihnen und mir liegen allerdings Welten«, murmelte ich und holte mir die Liste der Gäste vom vergangenen Wochenende auf den Bildschirm.
Zwanzig Leute waren es, und sie waren mit Name, Adresse, Beruf und Id-Nummer gespeichert. Lehrerinnen, zwei Friseure, Cityliner-Fahrer, Möbelverkäufer. Zwei Medizinstudentinnen mit Electi-Namen – deren Foto druckte ich aus. Die anderen waren nicht besonders verdächtig. Dann ging ich eine Gästeliste zurück. Wieder eine ähnliche Mischung: eine Verkaufsleiterin mit ihrem Sekretär – na, na – , zwei Kindergärtnerinnen, ein Kommunikationstechniker mit Frau, sie war Verlegerin, die beiden wurden von ihren zwei Kindern begleitet, zwei männliche Models, ein Bürohelfer, eine Controllerin und eine Laborleiterin. Die letzten drei sprangen mir sofort ins Auge. Sie waren nämlich Mitarbeiter von Serolon Quest, einem Pharmaunternehmen in Paris. Auch ihre Fotos druckte ich aus. Dann ging ich sicherheitshalber noch eine Gästeliste zurück, aber Piper wurde ungeduldig.
»Wir sollten hier allmählich verschwinden, ich muss die Telefonleitung wieder aktivieren, sonst steht gleich die Polizei vor der Tür.«
»Okay.«
Ich schaltete die Geräte aus, faltete die Ausdrucke zusammen und machte das Licht aus. Hazel zog die Vorhänge wieder auf, und wir liefen zum Hinterausgang. Piper machte sich mit ihren flinken Fingern wieder an den Kabeln zu schaffen.
»So, jetzt geht der Kontrollruf wieder raus. Wirklich nicht der Hammer an Alarmanlage.«
»Woher weißt du, wie so was funktioniert?«
»Hab begabte Brüder.«
»Die sich gerne an den
Weitere Kostenlose Bücher