Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)
ausgesondert.«
»Pecker, du verschwindest jetzt auf der Stelle. Du beleidigst meine Gäste in meinem Haus.«
»Gäste? Genkrüppel! Seuchenverbreiter!«
Gorts Faust schoss vor, Pecker flog rückwärts gegen den Küchentisch.
»Raus!«
Am Kragen seines Pullovers zerrte Gort ihn zur Tür und beförderte ihn mit Schwung auf den Hof. Pecker rollte über den Boden, kam wieder hoch und brüllte: »Ihr werdet noch sehen, was ihr davon habt! Ihr und diese ganze NuYu-Bande!«
»Das war nicht eben klug, Gort«, meinte Jenevra ruhig.
»Mag sein. Aber wenn so ein kleiner Idiot das Maul so voll nimmt, dann muss man es ihm stopfen.«
»Er wird in seinen Sendungen herumhetzen«, meinte ich. »So oder so. Er wird Stimmung machen.«
»Ein paar Tage lang, Kyria. Es gibt immer wieder mal solche Gerüchte. Spätestens wenn das nächste Gewitter die Ernte bedroht, kümmert sich keiner mehr darum.«
»Trotzdem, Gort. Es ist etwas dran, das wissen wir doch.«
»Ja, sicher ist etwas dran. Aber nicht du bist diejenige, die die Krankheit eingeschleppt hat.«
»Nein, das waren vermutlich diese hier.«
Ich zog die Liste mit den fünf Namen aus meiner Tasche.
Gort begutachtete sie. »Woher hast du die?«
»Papa, wir müssen etwas beichten.«
Hazel und ich berichteten von unserem Einbruch, und das Donnerwetter brach mit aller Gewalt über uns herein. Ich fühlte mich wie ein Regenwurm unter dem Mähdrescher, und Hazel sah auch nicht besser aus.
»Es langt, Gort«, sagte Jenevra, als er einmal Luft holte. »Es war nicht richtig, was die beiden gemacht haben, es war gefährlich, und es darf um Gottes willen nicht aus diesem Kreis hinausdringen. Aber sie haben damit einen Beweis erbracht.«
»Nein, haben wir nicht. Wir vermuten nur, dass die es waren. Wahrscheinlich noch nicht mal die Studentinnen, sondern die Leute von Serolon Quest«, sagte ich leise.
Gort hatte sich beruhigt und setzte sich wieder an den Tisch.
»Ein Pharma-Unternehmen. Liegt nahe. Man wird es ihnen nicht nachweisen können.«
»Irgendetwas hat Pecker dazu aber aufgeschnappt«, meinte Hazel. »Sie haben einen Empfänger in ihrer Radiostation, der vermutlich in der Lage ist, Nachrichten aus NuYu aufzufangen.«
»Möglich, dass er das kann. Aber auch in NuYu wird kaum jemand offiziell verbreiten, dass man uns die Masern auf den Hals geschickt hat. Geschweige denn, dass man einen Genozid plant.«
»Nein«, stimmte ich Gort zu. »Sie haben auch die Infizierung der Subcults anders begründet: schuld seien die unhygienischen Bedingungen, falsche Ernährung, mangelhafte medizinische Versorgung.«
»Pecker ist ein sehr unzufriedener junger Mann«, sagte Jenevra. »Ich fürchte, er ist sehr empfindlich. Kyria, du hast ihn vermutlich verärgert, als du mit Fluke zum Tanz gegangen bist, und nun will er es dir irgendwie heimzahlen. Und du – mhm – kannst Männern gegenüber ganz schön herrisch auftreten. Auch das verträgt er nicht.«
»Also bin ich’s doch schuld.«
»Nein, das bist du nicht. Er macht sich seine Probleme ganz allein. Und nun lasst uns überlegen, ob man etwas Sinnvolles mit diesen Namen hier anfangen kann.«
Wir erläuterten unsere ursprüngliche Idee, die Lehrer und Kindergärtner zu befragen. Dann die Möglichkeit, Cam die Namen zur Prüfung zu übermitteln.
»Besser nicht die Leute hier befragen, das würde für noch mehr Unruhe sorgen«, sagte Gort nach einigem Nachdenken.
Aber mir war inzwischen noch eine andere Idee gekommen. Sehr viel schneller würde Alvar Kontakt nach NuYu haben. Und – na ja, vielleicht könnte ich mich auf diese Weise sogar nach Reb erkundigen.
»Ich könnte Alvar anrufen«, schlug ich vor.
»Ausgezeichnet, Kyria«, stimmte Gort zu. »Da steht das Telefon.«
Etwas unsicher stand ich auf. Sollte ich jetzt wirklich vor allen hier in der Küche telefonieren?
»Ich geh noch mal zu Grand-mère«, sagte Hazel und stand auf.
»Ich komme mit«, schloss sich Jenevra an, und ich sah, wie sie Gort einen kleinen Tritt ans Schienbein gab.
»Oh – äh, ich muss mich um die Zäune kümmern.«
Ich war allein. Noch immer belustigte mich das Wählen mit der Drehscheibe. Zum Glück waren die Telefonnummern nicht so lang wie bei uns, sonst wäre man schier wahnsinnig geworden, so ohne Display.
Zu meiner Enttäuschung meldete sich Nora, die Haushälterin.
»Mademoiselle Kyria, wie geht es Ihnen?«
»Gut, danke. Sagen Sie, Nora, ist Monsieur Alvar zu sprechen?«
»Tut mir leid, er ist für einige Tage verreist. Kann ich
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