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Kyria & Reb - Die Rückkehr

Kyria & Reb - Die Rückkehr

Titel: Kyria & Reb - Die Rückkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Schacht
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dünner weißer Schleier über den Kopf geworfen, und als ich ihn wegziehen wollte, spürte ich breite Seidenbänder an meinen Handgelenken.
    Verdammter Mist, sie hatten mich zur Geisel genommen, in der Öffentlichkeit, vor den Augen der ganzen Gesellschaft. Ich rührte mich nicht, überlegte aber fieberhaft, was ich tun konnte. Irgendwie Aufmerksamkeit erregen, strampeln, schreien, um mich treten. Aber dazu brauchte ich eine Gelegenheit. Solange die Priesterinnen sangen und tanzten, würde mich keiner hören.
    Ich versuchte dennoch irgendwie Xaris Blick zu fangen, aber dieser dämliche Schleier machte mich den Novizinnen gleich.
    Saphrina begann ihre Zeremonie, hob zu vollmundigen Gebeten und Bitten an, sprach über die Würde und Bedeutung des Tempels, die Novizinnen und Priesterinnen sangen und summten. Schließlich war sie fertig, und La Dama Olga ergriff das Wort.
    »Liabe Bürgrinna und Bürga, i bin so glückli, heid zua Ihna sprechn zua dürffa … « Sie säuselte und flötete und huldigte der Göttin, aber in ihrer Rede verbargen sich permanent kleine Spitzen gegen die Vorhaben meiner Mutter, halb verbrämte Drohungen gegen die Männer und immer wieder Angst verbreitende Hinweise auf die gefährdete Gesundheit der Bevölkerung.
    Ich hätte dazwischenschreien können, aber dann hätte ich vermutlich schneller einen Knebel zwischen den Zähnen gehabt, als »Hilfe« rufen zu können.
    Die Rede meiner Mutter fesselte mich, offensichtlich die Nuva neben mir auch, denn sie ließ das Band an meinem Arm etwas lockerer. Ich bewegte vorsichtig meinen Daumen aus der Umschlingung. Wer wusste schon, wofür das gut sein würde.
    Wieder hob die Hohepriesterin mit salbungsvollen Worten an, die klugen Führerinnen des Staates zu preisen, und flehte die Göttin um Weisheit und Schutz für sie an. Vor allem aber lobte sie den aufopferungsvollen Dienst der Menschen in der Gesundheitsfürsorge und der pharmazeutischen Forschung.
    Dann, nach weiteren Gesängen, sollten die Wagenlenker vortreten, um von ihr den Segen für ihre Wettkämpfe zu erhalten.
    Wieder stellte ich mich auf die Zehenspitzen, und diesmal hatte ich Glück. Auch wenn ich durch den Schleier alles nur wie im Nebel erkennen konnte, sah ich, das Reb als Erster vortrat.
    Und wie er vortrat. Mein Herz setzte einen Schlag aus.
    Er machte seinem Namen alle Ehre, Rebell Reb. Seine Stiefel waren morastig, seine Arme bloß, seine Haare wirr und ungekämmt, und vermutlich roch er nach Pferd und Schweiß. Aber er ging aufrecht wie ein König zum Altar, wo Ma Donna Saphrina – seine Mutter – auf ihn wartete.
    Ihr stark geschminktes Gesicht verriet keine Regung.
    Er hätte nun niederknien müssen, aber er blieb stehen.
    Die Priesterin neben Saphrina schaute ihn irritiert an, fragte dann aber, wie vorgeschrieben: »Wer bittet die Göttin um ihren Segen?«
    »Rowan Lascar«, sagte er laut und deutlich. Ich zuckte zusammen. »Alvars Sohn, bekannt als Reb terHag!«
    Die Hohepriesterin schwankte plötzlich.
    Die Priesterin fragte scharf: »Der Name deines Vaters interessiert nicht. Wer ist deine Mutter?«
    »Ich habe keine Mutter. Die Frau, die mich geboren hat, ist eine Mörderin. Sie hat mich im Alter von zehn Jahren verstoßen und mich gezwungen, in der Subcultura zu leben.«
    Und dann tat er das, was er am besten konnte.
    Er spuckte der Hohepriesterin ins Gesicht.
    Es war totenstill.
    Oben auf der Empore erhob sich ein Mann. Ein älterer, jedoch kräftiger Mann in Dunkelblau. Er hatte die Hand auf den Nacken einer Frau gelegt und sprach: »Mein Name ist Elard.«
    Ich hielt die Luft an.
    »Saphrina ist eine Mörderin, doch mehr noch ist es Tamar, die Frau, die Seuchen verbreitet und Brunnen vergiftet. Tamar, die Leiterin von PandemicaProtect, die Frau an meiner Seite – sie hat nun lange genug Unheil verbreitet.«
    Die atemlose Stille hielt an.
    Ich nutzte den Moment. Und schrie, so laut ich konnte. Ich trat der Nuva rechts von mir auf den Fuß, der hinter mir rammte ich den Ellbogen in den Magen, meine Hand kam frei, ich boxte der Nächsten auf die Nase, riss mir den Schleier vom Kopf. Und ich schrie und schrie und schrie.
    Jemand stieß die beiden Frauen vor mir zur Seite. Cam stand vor mir, nahm mich an der Hand, zerrte mich nach vorne.
    »Raus hier!«
    Ich rannte hinter ihm her – durch ein Spalier von Wagenlenkern.
    Der Große Gong dröhnte los.
    Hinter uns brach das Chaos aus.
    Cam lief mit mir durch den Park, wich den Zuschauern aus und schleifte mich durch das

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