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Kyria & Reb - Die Rückkehr

Kyria & Reb - Die Rückkehr

Titel: Kyria & Reb - Die Rückkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Schacht
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und begann umherzulaufen. Die meisten Lichter waren erloschen, die Gäste der Restaurants und Bistros in die Zimmer ihrer Hotels oder Lodges zurückgekehrt.
    Vor vier Monaten hatte ich erstmals in meinem Leben eine Reise unternommen, in einer Gruppe von Civitates. Die Lebensart der Bürger NuYus war mir bis zu diesem Zeitpunkt fremd gewesen. Als Tochter einer hohen Politikerin, zudem Trägerin einer tödlichen Krankheit, war ich behütet und beschützt aufgewachsen. Eines aber hatte ich schnell begriffen – auf ihren Urlaubsreisen waren die Menschen unerbittlich darauf aus, jedes legale Vergnügen bis an die Grenzen auszuschöpfen. Solange sie dabei kein Aufsehen erregten, wurde das geduldet.
    Ich wanderte an den dunklen Häusern vorbei. Die Tische und Stühle waren zusammengerückt, die Sonnenschirme zusammengefaltet, die Müllbehälter geleert. Wo sollte ich hier denn nun ein KomLink auftreiben?, fragte ich mich mutlos. Ich zog meine Jacke fester um mich, es war kalt geworden. Doch schon hellte sich der Himmel im Osten auf, die Sterne begannen zu verblassen. Ich fühlte mich einsam, setzte mich auf die Stufen eines alten Monuments und starrte auf die schwankenden Boote, die am Kai festgemacht waren. Eine graue Katze schlich vorüber, einen zappelnden Fisch in Maul. Für sie war die Nacht erfolgreich verlaufen.
    Bei ihrem Anblick packte mich eine verzweifelte Sehnsucht nach Mabelle, Hazels Katze, die sich oft nachts an mich geschmiegt hatte. Seit meinem Aufbruch vor nun fast vierundzwanzig Stunden hatte ich jeden Gedanken an die vergangene Zeit rigoros unterbunden, aber der Anblick des geschmeidigen Tierchens weckte alles wieder auf. Tränen begannen meinen Blick zu verschleiern.
    Gerade wischte ich sie mit dem Handrücken fort, als mir das Glück vor die Füße sank. Buchstäblich.
    Ein trunkener Mann sank zu einem Haufen regungsloser Biomasse vor mir nieder und begann lauthals zu schnarchen. Seine Tasche lag direkt neben meinem Knie. Augenblicklich wurde ich hellwach. Vorsichtig zog ich sie zu mir und öffnete den Verschluss. Krimskrams, etwas Münzgeld und natürlich sein KomLink.
    Sehr langsam bewegte ich meine Füße unter ihm weg, aber vermutlich hätte ich ihn auch mit aller Kraft wegtreten können, der Gute war vollkommen hinüber. Die Münzen steckte ich ein, das KomLink hielt ich in der Hand, als ich mich eilig wieder zur Schleuse begab. Dort gab ich erneut Cams Nummer ein.
    »Ja?«
    »Ich hab ein KomLink. Der Besitzer ist betrunken und wird eine Weile schlafen.«
    »Wo bist du?«
    »Wieder an der Schleuse, der Park liegt hinter mir.«
    »Ich rufe zurück.«
    Verdattert sah ich auf das Gerät. Viele Worte verlor Cam wirklich nicht. Aber vermutlich hatte er mich schon geortet. Es dauerte eine Weile, dann ließ mich ein schräger Hupton aus dem Gerät zusammenzucken. Das Lämpchen des KomLinks blinkte. Ich meldete mich ebenso karg wie Cam.
    »Ja?«
    »Ben ist in einer halben Stunde bei dir. Bleib, wo du bist.«
    »Gut.«
    Nun, das gab mir etwas Auftrieb. Neugierig hielt ich Ausschau nach jenem Ben, während die ersten Möwen den Sonnenaufgang mit ihrem Geschrei begrüßten.
    Lange brauchte ich nicht zu warten. Er kam mit beschwingten Schritten auf mich zu und sah aus wie ein typischer Civitates, ein bisschen mollig, gepflegte, lockige Haare, ein farbenfrohes Hemd, halblange Hose und bis zu den Knien geschnürte Sandalen, offenbar der neueste Trend in der Stadt.
    »Ria Meier?«
    »Ben?«
    »Mhm. Du siehst nicht besonders elegant aus.«
    »Stört es dich?«
    Es störte ihn.
    »Ich würde auch gerne duschen, und noch lieber hätte ich ein richtiges Frühstück, aber die Umstände – ähm – waren nicht danach.«
    Er fummelte in seiner Umhängetasche herum und reichte mir ein blau glitzerndes Armband.
    »Dein Id. Ist nicht alles drauf, aber es reicht, um ein Zimmer zu nehmen.«
    Ich legte das Id an und nickte. »Wann fahren wir?«
    »Heute Nachmittag, ein City-Shuttle von Le Havre.« Jetzt lächelte er. »Bis dahin können wir uns ein bisschen ausruhen. War eine anstrengende Nacht, oder?«
    Die Annehmlichkeiten der Zivilisation ließen mich beinahe entzückt aufseufzen. Das Hotel war zwar nicht luxuriös, aber das Wasser heiß, der Kaffee auch, und es gab ein reichhaltiges Frühstück. Ben war ein ruhiger Geselle, taute aber später, als wir im Zug saßen, etwas auf und erzählte von den Auswirkungen des Störfalls vor einigen Tagen, als die Kommunikationssatelliten für eine halbe Minute ausgefallen waren.

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