Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
L wie Liquidator

L wie Liquidator

Titel: L wie Liquidator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
Vom Netzwerk:
Falls das nicht ausreicht, melden Sie Ihre Wünsche ruhig an. Albert zeigt Ihnen den Weg.«
     
    Ihr »Zimmer« war ein geräumiges Appartement. Eine Wand bestand aus dem gleichen Polyplastik wie die Kuppel und gab den Blick auf das Kraterinnere frei. Man konnte von hier aus weder die Erde noch Ashendenes Arbeitszimmer sehen – nur die Mondlandschaft mit dem Ringwall des Kraters, der sich schroff und schartig gegen das diamantenbesetzte Samtgewölbe des Himmels abhob, ohne jedes Leben, ein Muster aus Schwarz und Silber.

    Der Raum spiegelte sich schwach in der transparenten Plastikwand. Während Cimela hinausstarrte, bemerkte sie, daß der Butler hereinkam, begleitet von einer jungen Frau im Overall, die einen Antigrav-Karren mit Computerausdrucken vor sich herschob. Im nächsten Moment hatte Cimela den Krater vergessen. Ihr Puls ging schneller, als sie auf den Karren zuschoß und erwartungsvoll nach den Ausdrucken griff. »Haben Sie auch Hologramme von den Aliens mitgebracht?«
    Die junge Frau schüttelte den Kopf. »Von Holos weiß ich nichts.«
    Cimela zog die Stirn kraus. Sie brauchte Bilder, um die geeigneten Instrumente und Tempi auszuwählen, aber auch, um eine Holo-Spur aufzubauen. Nun, sie würde Ashendene bitten, daß er ihr das Material überließ.
    Der Butler und die Technikerin stapelten die Ausdrucke auf dem Boden, während Cimela ihr elektronisches Keyboard auspackte. Als sich die Tür hinter den beiden geräuschlos geschlossen hatte, verteilte sie das Papier in einem großen Kreis auf dem Teppich und schuf sich so einen eigenen Ringwall. Dann setzte sie sich mit überkreuzten Beinen in die Mitte, das Keyboard auf den Knien, und begann den nächstgelegenen Stapel zu bearbeiten.
    Sie erinnerte sich verschwommen, daß ein Diener Essen gebracht und sie sich eine Weile aufs Bett gelegt hatte, um auszuruhen; aber ihr Bewußtsein richtete sich vor allem auf die Nukleotiden-Sequenzen. Sie vergaß ihre Umgebung und hörte nichts außer der Musik, die sie in ihrem Innern und auf dem Keyboard hervorriefen.
    Der Computer hatte weder die chemische Struktur noch die Formeln und Doppelstrang-Diagramme ausgedruckt, aber sie entnahm den Protokollen, daß sich die DNS der Aliens zum Adenin, Guanin, Cytosin und Thymin der Menschen verhielt wie A’, G’, C’ und T’, daß sie darüber hinaus aber zwei zusätzliche Nukleotide mit der Bezeichnung PU-3 und PY-3 besaß. Sechs Nukleotiden! Die genetischen Abläufe mußten äußerst komplex sein … aber wichtiger als das: Ihr standen diesmal sechs Noten zur Verfügung.
    Leider schob sich immer wieder eine siebente dazwischen, die nicht zu den übrigen paßte. Cimela versuchte sie zu verdrängen.
    »Miß Bediako?«
    Cimela zuckte so heftig zusammen, daß sie ein Stück vom Teppich abhob. Als sie sich umdrehte, sah sie in ein Paar Mondstaub-Augen, das sie vom Eingang her scharf beobachtete.
    Ashendene steuerte seinen Schwebestuhl ins Zimmer. »Ich machte mir Sorgen um Sie. Alfred berichtete, daß Sie weder Ihr Frühstück noch Ihr Mittagessen angerührt haben und auch auf den Türgong nicht reagierten.«
    Essen? Türgong? O … die siebente Note! Sie schnitt eine Grimasse. »Ich hätte Sie vorher warnen sollen. Wenn ich arbeite, vergesse ich meist meine Umwelt.«
    Er sah sie mit hochgezogenen Brauen an. »Allerdings. Ich ließ Sie jedoch nicht hierherkommen, damit Sie an Auszehrung sterben. Um sicherzugehen, daß Sie mir nicht verhungern, würde ich Sie gern zum Abendessen einladen.«
    Abendessen? Das kostete sie vermutlich zwei bis drei Stunden Arbeitszeit. Aber vielleicht erfuhr sie bei dieser Gelegenheit, wo sich der stahlharte Geschäftsmann seinen Hang zur phantastischen Kunst erworben hatte. »Vielen Dank, ich werde kommen. Wann und wo?«
    »Ich speise in der Regel in meinen Privaträumen. Um sieben öffnet Alfred den Wein. Meine Hausmarke übrigens, aus Trauben unserer Hydroponik-Farm. Ich hoffe sehr, daß er Ihnen schmeckt.«
    Ashendene drehte seinen Stuhl herum und verließ ihr Appartement. Erst als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, fiel Cimela ein, daß sie vergessen hatte, nach den Holos der Aliens zu fragen. Mit einem Achselzucken kehrte sie an ihre Arbeit zurück.
     
    Ashendene begrüßte sie mit einem anerkennenden Nicken. »Sie sehen wunderbar aus!«
    Cimela lächelte. Obwohl sie das Essen nur als Unterbrechung ihrer Arbeit betrachtete, hatte sie sich sorgfältig umgezogen. Sie trug einen dünnen, goldfarbenen Jumpsuit mit den weiten Ärmeln und

Weitere Kostenlose Bücher