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L wie Liquidator

L wie Liquidator

Titel: L wie Liquidator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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Sie hörten das Gewisper ihrer zwanglosen Unterhaltungen und ihres leeren Geplappers, während sie in Computersimulation schwimmen und segeln und ihr Phantomtennis spielen, während ihre wiederhergestellten Körper in unterirdischen Gruften ruhen. Außer heute, wo sie sich unter uns mischen, um sich daran zu erinnern, wie die wirkliche Welt aussieht! Wir selbst bedeuten ihnen nichts mehr, aber unsere Realität suchen sie! Durch uns erkennen sie, daß sie in Wirklichkeit nur Gespenster sind.«
    Nach diesem Ausbruch schwieg sie eine Weile. Dann sagte sie leise: »Wollen wir nicht weggehen von hier?«
    Ich faßte sanft ihren Arm, und zusammen verließen wir den ruhigen Ort an der Brustwehr. Unter dem Laubdach einer Zeder stießen wir auf eine kleine Taverne, und dort saßen wir an einem Seitentisch und unterhielten uns und tranken geharzten Wein. Wir redeten von vielen Dingen, und später tanzten wir zur Musik einer Swing Band und lachten viel. Wir entdeckten ein winziges Restaurant in einem unbenutzten Bootshaus und aßen gegrillte Rotschnäpper direkt vom Spieß, verbrannten uns die Finger an dem heißen Fleisch. Wir sahen Jongleuren und Akrobaten zu und faßten uns bei den Händen und drehten uns im Kreis zu den Klängen eines griechischen Volkstanzes, halb so alt wie unsere Zivilisation. Wir standen am Strand neben einem sterbenden Freudenfeuer und sahen zu, wie eine Brise vom Meer her die feine graue Asche von den glühenden Kohlen darunter forttrieb. Wir tranken Ouzo und sahen zu, wie die dunklen Hügel des Festlandes im Grau des aufdämmernden Tages klarer wurden.
    »Sieh doch!« sagte sie und wies nach oben. Ganze Kolonnen von Gestalten stiegen zum höchsten Punkt der Insel hinauf. Leuchtende Kostüme, nackte Haut. Ihr Zug schlängelte sich die Wendeltreppen hoch und die kalksteinernen Säulengänge und die Brustwehr der venezianischen Festung entlang: die Toten kehrten in die Unterwelt zurück.
    Gerade als die ersten Sonnenstrahlen die Insel trafen, erreichten wir die steinerne Mole. Der Letzte der Toten betrat die Nekropole, und die Messingtore schlossen sich hinter ihm. Ich kannte jene letzte Gestalt.
    Und sie hatte mich einst gekannt. Aber nun war sie ins Land der Toten zurückgekehrt, jene knochentrockene Landschaft, wo sie andere Leben lebte und andere Lieben liebte. Unter meinen Füßen schien die Insel zu beben, als die pulsierende Kraft einsetzte, welche die Seele vom Körper reißen und zurück in den Simulator wirbeln würde, während geräuschlose Maschinen das abgelegte, nutzlose Fleisch zurück in seine unterirdische Kammer trügen und dort behutsam wiederaufbauten.
    Ich schloß die Augen, mich schauderte, dann verscheuchte ich die Vision. Die Fährboote legten an, um uns zum Festland zu bringen. Es war für uns wie für die Griechen der Antike: nur die Lebenden durften zurückkehren über den Acheron und nur unter der Bedingung, daß sie aus dem Reich der Toten nichts mitnähmen.
    Ich schaute auf die Frau an meiner Seite, dann zurück auf die Inselmasse. Die Sonne strahlte jetzt hell, und die Feenlichter in den Olivenbäumen schimmerten fahl.
    »Lassen wir sie ziehen«, sagte ich schließlich.
     
    Originaltitel: »The Islands of the Dead«
    Copyright © 1982 by Ian McDonald
    Aus dem Englischen übersetzt von Irmtraud Kremp

 
Lee Killough
Sinfonie für einen Sternenwanderer
     
    Ein wandernder Lichtstreifen begleitete sie durch das Dunkel. Sobald Cimela und der Butler – in schwarz-silberner Jumpsuit-Livree – einen neuen Abschnitt betraten, leuchteten der Boden und die Deckenplatten des Korridors auf, verbreiteten milchige Helligkeit und erloschen hinter ihnen. Der Gang bohrte sich geradewegs in die Mondfelsen. Cimela bemerkte den glasigen Schimmer von geschmolzenem Gestein zwischen den zeitgenössischen und klassischen Werken, die an den Wänden hingen: abstrakte Gemälde von Tanguy, ein Bosch, Seth Koerners düstere Planetenlandschaften, dazu Sternenschiffe und Fremdweltler-Porträts, die mit Herring und Whelan signiert waren.
    Cimela zog die Stirn kraus. Kerel Mattias Ashendene bevorzugte die phantastische Kunstrichtung. Weshalb hatte er dann soviel Geld für die Mondfähre und Mondrakete ausgegeben und die Tickets zusammen mit dieser merkwürdigen Einladung auf seinen Ruhesitz – Ich würde mich gern mit Ihnen über die Gestaltung einer völlig neuen, einzigartigen Sinfonie unterhalten – an eine Komponistin geschickt, deren Werk die Natur in den Mittelpunkt stellte?
    Sie bedauerte,

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