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L wie Liquidator

L wie Liquidator

Titel: L wie Liquidator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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ich möchte das Monster wenigstens mit einem Finger berühren.«
    »Kommandant, begreifen Sie denn nicht, daß es sich um einen Ernstfall handelt? Auch die Kinder sagen es, die Stimme der Unschuld und der Wahrheit. Befreien Sie uns von dem Ungeheuer, sonst gehen wir allesamt zugrunde. Auch Sie, Kommandant.«
    »Es ist mir gleich, ob wir im Weltraum oder wo anders sterben. Ich werde der Reiseagentur meinen Bericht vorlegen, so wahr ich Ingenieur Cavalli bin!«
    Die Gruppe der Passagiere war gewachsen. Vierzehn Erwachsene und sieben Kinder heulten und flehten. Sie verlangten, daß man sie von dem in dem Labyrinth der ›Garibaldi‹ verborgenen Schrecklichen befreien sollte, dessen starke animalische Ausdünstung noch in den Kabinen zu spüren war und das so zornig brüllte, so daß die Make-up-Döschen in den Handtaschen der Damen klirrten. Drei Kinder hingegen weinten, weil sie wenigstens einmal im Leben ein echtes Weltraumungeheuer sehen wollten.
    Kapitän Giannone gelang es nur mit Mühe, Ruhe zu bewahren. Allmählich verdichteten sich auch bei ihm entsetzliche Vorstellungen. Er versuchte in den Fahrstuhl zu entkommen, aber die Passagiere verstellten ihm immer wieder den Weg. Der Ingenieur drohte ihm sogar mit der Faust. Die hagere Dame war auf dem Fußboden zusammengebrochen. Ihr Mann stützte ihren Kopf, während ihr Sohn mit wissenschaftlichem Interesse die in kosmischem Entsetzen verdrehten Augen seiner Mutter musterte.
    Der Krach hatte die Leutnants Farrell und Mancini alarmiert, die sich nun Gehör verschafften. Sie erklärten kurz, woher ihrer Meinung nach die merkwürdigen Phänomene stammten, die man seit einigen Stunden an Bord des Raumschiffs wahrnehmen konnte. Auch sie hatten sie bemerkt: ungewöhnliche Schwingungen erschütterten die Schotte, dumpfes Getöse war zu hören, elektromagnetische Vibrationen wechselten mit spannungsgeladener Ruhe ab.
    »Meine Herrschaften, all das hängt mit der Parallaxe zusammen, die, wie allgemein bekannt ist, der zwischen zwei Gesichtslinien eingeschlossene Winkel ist … das heißt die Entfernung zwischen den beiden Punkten, die …«
    »Hören Sie mit dem Unsinn auf! Erlöst das Schiff von diesem grauenerregenden Geschöpf, diesem roten Monster.«
    »Woher wollen Sie wissen, daß es rot ist?«
    »Jemand hat es gesehen.«
    »Aber bis jetzt hat es doch niemand zu Gesicht bekommen. Meine Herrschaften, bitte, bewahren Sie Ruhe und Vernunft!«
    Weder Ruhe noch Vernunft waren zu erreichen. Es regnete Fausthiebe auf Schädeldecken, Schmerzensschreie ertönten, und die Damen vergaßen endgültig ihre gute Erziehung. Ein Roboter auf Rädern mußte eingreifen und die Touristen in den Aufenthaltsraum der ersten Klasse abdrängen. Aber Ingenieur Cavallini wollte unbedingt das letzte Wort haben:
    »Wir sind also zur rohen Gewalt gelangt! Statt daß man die Ungeheuer bekämpft, schüchtert man die Passagiere ein … Sie sind alle Zeugen, meine Herrschaften!«
    »Herr Ingenieur, glauben Sie uns, es gibt keine Ungeheuer. Jedenfalls nicht auf der Route Terra-Planetoide.«
    Als Tee und Backwerk serviert wurden, beruhigten sich die Gemüter. Kapitän Giannone hielt eine Besprechung auf höchster Ebene ab. Er wirkte nervös, die stickige Luft, der fehlende Sauerstoff, der Mangel an Bewegung, an natürlichem Licht machten sich bemerkbar.
    »Was sollen wir tun?«
    »Ich schlage vor, daß wir zum Schein den Laderaum durchsuchen«, sagte Leutnant Farrell. »Natürlich gemeinsam mit einer Abordnung der Passagiere. Das heißt, daß wir einen kurzen Rundgang unternehmen und dann in den Aufenthaltsraum zurückkehren. Damit nehmen wir den Passagieren die Angst …«
    »Aber die merkwürdigen Phänomene gibt es ja wirklich«, wandte Leutnant, Mancini ein.
    »Unsinn. Die ›Garibaldi‹ wird eingeflogen, da sind Setzgeräusche in der Struktur unvermeidlich!«
    Die Besatzung des Raumschiffs entschied sich für eine Durchsuchung ohne Passagiere. Die Raumfahrer stiegen Wendeltreppen hinauf und hinunter, wagten sich in die Maschinensäle, schlüpften in die Druckschleusen am Nord- und Südende des Schiffs. Sie tasteten sich im Dunkel durch die Korridore. Falls es doch ein Monster gab, sollte es sie nicht zu früh bemerken.
    »Ob es Kiemen oder Tentakeln hat?«
    »Halt den Mund, Idiot!«
    Giannone bedeutete ihnen stehenzubleiben. Kein Geräusch. Aber jemand glaubte, aus der Generatorengruppe tiefes, vielfaches Atmen zu vernehmen, wie ein Geschöpf mit einem Dutzend Lungen. Sie durchquerten auf

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