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L wie Liquidator

L wie Liquidator

Titel: L wie Liquidator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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nicht, Kinder? Ich schlage vor, daß wir es Ketty nennen.«
    »Das ist ein netter Name. Es sieht so sympathisch aus.«
    Nachdem das Elektronengehirn die Route berechnet hatte, hatte die ›Garibaldi‹ wieder Kurs auf den nächsten Asteroiden genommen, auf dem die Touristen in Begleitung eines jungen, zerstreuten, gleichgültigen Führers fünf Minuten lang die Flora und die nicht vorhandene Fauna der in den Resten eines geplatzten Planeten vergessenen Welt bewundern konnten.
    Auch das Ungeheuer hatte seine Lage berechnet und bewegte nun vorsichtig Kopf um Kopf. Aber bei jeder Bewegung sprühte seine Haut Funken, als sendeten tausende Nadeln Energieströme aus. Die Triebwerke, die Anlagen, die Computer der ›Garibaldi‹ reagierten darauf. Und als Ketty begann, wild zwischen den Wänden ihrer Zelle herumzurollen, verließ das Raumschiff wieder die Bahn, die Quadranten spielten wieder verrückt, und Chefmaschinist Pierotto konnte sein wunderbares Fahrzeug, das im Zickzack durch den Weltraum raste, nicht mehr auf Kurs halten.
    Er wandte sich an den Kommandanten, der die Offiziere und schließlich auch die Unteroffiziere hinzuzog. Sie hielten Kriegsrat und faßten einstimmig einen Beschluß: Die Biochemiker und die Zoologen mußten darauf verzichten, diese Spezies zu untersuchen. Das Monster mußte sterben. Es war unmöglich, es so zu isolieren, daß seine Energien keinen Schaden anrichteten.
    Aber ein sommersprossiger Junge mit blauen Augen und leidenschaftlichem Blick verließ sein Versteck und lief in den Aufenthaltsraum, wo er verzweifelt verkündete: »Sie wollen Ketty umbringen.« Die Kinder protestierten und wollten den Mord nicht zulassen. Auch die Erwachsenen griffen ein. Mit Hilfe von Whisky und Wodka hatten sie das Entsetzen überwunden; auch die empfindsamsten Damen waren wieder fähig, Radiobridge zu spielen, und hatten sich wie Weihnachtsbäume mit glitzerndem Schmuck behängt; die wenigen jungen Männer machten den vielen jungen Damen wieder den Hof.
    Als alle Passagiere über die Mordabsichten des Kapitäns informiert waren, kam es zu erbitterten Protesten. Außer zwei Typen, die zu abgeschlafft waren, weil jeder von ihnen sich im Verlauf von sieben Stunden mit zwölf Mädchen beschäftigt hatte, beteiligten sich alle Passagiere spontan an einem Protestmarsch.
    Giannone wollte wissen, was jetzt schon wieder los sei.
    »Nichts ist los, lieber Kommandant, außer daß Sie ein Ungeheuer sind.«
    Die magere Dame war besonders aggressiv: sie beschuldigte Giannone, kein Herz zu haben. »Mein Junge hängt so an Ketty.«
    »Wer ist Ketty?«
    »Das Weltraumgeschöpf. Mein Sirius betrachtet und studiert es mit unglaublichem Interesse, und Sie wollen es töten.«
    »Ich will es nicht töten; es ist unumgänglich notwendig, daß es eliminiert wird. Sonst beeinflußt es weiterhin unseren Kurs und dann besteht die Gefahr, daß wir die Kontrolle über das Raumschiff verlieren.«
    »Sehen Sie doch die Dinge nicht so negativ. Ein armes, unschuldiges, friedliches Tier. Haben Sie denn nicht gesehen, was für ein gütiger Ausdruck in seinen Augen liegt? Ihm fehlt nur die Sprache. Und außerdem ist es so sauber, so lieb …«
    »Lieb? Daß ich nicht lache! Seine Strahlungen sind überaus gefährlich, sie können die Kathoden zum Schmelzen bringen, die menschlichen Gene beeinflussen.«
    Sogar Ingenieur Cavallini setzte sich für Ketty ein. Der Kommandant beschuldigte ihn erfolglos, ein widersprüchlicher, charakterloser, mit Vorurteilen behafteter Mensch zu sein. Der Ingenieur war beleidigt und schwor, bei der Leitung der Reiseagentur Protest einzulegen. »Ich bin in meinem ganzen Leben noch nie so beschimpft worden.«
    Die Argumente der Herren, die Bitten der Damen, die Tränen der Kinder nützten nichts. Die Weltraumziege mußte sterben. Die Raumfahrer mußten wieder zu den Waffen greifen.
    Rokossowski schlug einen Kompromiß vor: statt das Monster zu töten, konnten sie es aus der ›Garibaldi‹ ausstoßen und es seinem Schicksal überlassen. Aber die Damen rangen die brillantengeschmückten Hände: »Nein, nein, die Arme, sie würde ja sofort erfrieren.«
    Die Diskussion wurde hitziger. Eins stand fest: das Tier konnte nicht an Bord bleiben. Eine kurze Unterbrechung trat ein, als der Chefsteward den Kommandanten nachdrücklich darauf aufmerksam machte, daß die Passagiere der Touristenklasse sich nicht im erste Klasse-Saal aufhalten durften. Giannone, der sich gerade noch beherrschte, ersuchte ihn, ein bißchen

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