L wie Liquidator

eingreifen müssen, um die Passagiere aus der Touristenklasse in die Touristenklasse …«
    Die Klassenvorurteile des Chefstewards hatten die Expedition kostbare Minuten gekostet. Die Unterbrechung konnte tödliche Folgen haben. Sie mußten sich beeilen. Giannone und seine Männer stürzten die Treppe hinunter und drangen zehn Minuten später in Laderaum G ein, in die tiefe, rätselhafte Stille der Lebensmittellager, zwischen Behälter mit Obstsäften, tiefgekühltem Fleisch und Langhirano-Schinken. Die Raumfahrer bildeten Dreiergruppen und gingen vorsichtig an den Regalen mit Dosengemüse und Kondensmilch entlang.
    Als sie die Essiggurken erreichten, zuckten sie zusammen: sie erblickten eine ungewöhnliche Gestalt, um die eine Art Irrlicht flackerte. Einige Raumfahrer zitterten wie Espenlaub, Giannone umrundete den Bestand an Birnen und Pflaumen und näherte sich vorsichtig den Reis- und Makkaronivorräten. Es bestand kein Zweifel: in der Dunkelheit atmete etwas, und in den Dosen mit Tomatenketchup spiegelte sich ein phosphoreszierender Schein wider. Er gab Feuerbefehl, und die Männer schossen. Unmenschliches Gebrüll ertönte, während die Schachteln mit Teigwaren ins Rutschen kamen.
    »Wir haben es. Achtung, räumt das Zeugs weg!«
    Das Monster war betäubt. Es lag beinahe zweidimensional auf dem Boden und sein röchelnder Atem erschütterte es von Kopf zu Kopf. Die Raumfahrer richteten ihre Waffen auf das Ungeheuer und betrachteten voller Entsetzen die zwölf kreisförmig um den Körper angeordneten Köpfe, die acht Arme, die an Affenglieder erinnerten, den kranzförmigen Leib mit einer Öffnung in der Mitte und einem fremdartigen, abstoßenden Kuhschwanz. Es war nicht größer als eine Ziege. Niemand begriff, wie es sich fortbewegen konnte.
    Jemand wollte es ohne weitere Umstände töten, aber der Kommandant widersetzte sich. »Wir nehmen es mit hinauf und isolieren es. Es ist ein großartiges Studienobjekt. Die Frage ist nur, wie wir es transportieren sollen, denn es teilt ja elektrische Schläge aus.«
    Rokossowski schlug vor, eine mit Isolationsmaterial umwickelte Hebewinde zu verwenden. Die Idee fand allgemein Anklang.

    Vier kräftige Raumfahrer transportierten die Beute unter den entsetzten Blicken der Passagiere hinauf. Aber die Kinder hüpften aufgeregt um sie herum und wollten um jeden Preis das Monster berühren.
    »Zurück, ihr Dummköpfe! Es elektrisiert euch.«
    »Ich will es besser sehen, Mama, ich will das Monster sehen!«
    Die schluchzenden Mütter drohten ihren Kindern sie grün und blau zu schlagen, wenn sie keine Ruhe gaben; und das Weltraumgeschöpf wurde unsanft in eine isolierte Kabine mit durchsichtigen Wänden geworfen. Die Kinder und einige mutige Erwachsene drängten sich bewundernd vor der Kabine.
    »Es ist schrecklich. Beinahe hätte es uns vernichtet. Ich glaube, daß es stinkt. Aber nein, es ist ja ganz sauber. Es ist ein Alptraum, ich werde gleich ohnmächtig werden. Hast du die schöne, glatte Haut bemerkt? Aber es ist doch widerlich! Es ist reizend, seht ihr denn nicht die lebhaften Augen? Es müssen mindestens fünfzig sein. Was für eine merkwürdige Gestalt. Wer weiß, wie dieses Tier an Bord gekommen ist. Ich weiß es. Ach, halt den Mund, du hast keine Ahnung! Doch, wie wir die Zwischenlandung auf dem Asteroid hatten. Auf Hermes IV? Ja, dort hat ein Mann die Schleuse 14 offengelassen, weißt du noch? Natürlich, das stimmt, der Kommandant hat gebrüllt wie ein Stier. Und das Monster hat genügend Zeit gehabt, sich ins Raumschiff zu schleichen. Vielleicht hat es auch ein Weibchen und Junge. Wer sagt dir denn, daß es ein Männchen ist? Es sieht so aus. Stell dir das einmal vor! Na ja, wenigstens passiert auf dieser langweiligen Kreuzfahrt einmal etwas. Wenn es aufwacht, werde ich es Stereofilmen. Ruhe, es hat ein Auge geöffnet! Nein, sechs, zwölf, vierundzwanzig … Es sieht uns an, mein Gott, was für schwarze Augen es hat, man könnte Angst bekommen. Ich finde, es hat mehr Angst vor uns, als wir vor ihm.«
    Das offensichtlich erschrockene extraterrestrische Geschöpf schien sich in sich selbst zu verkriechen, rollte sich friedlich und ruhig zusammen und beobachtete die Bewegungen der menschlichen Wesen jenseits der durchsichtigen Wände; seine Blicke folgten erstaunt den winkenden Händen der Kinder; der Sohn der mageren Dame buchstabierte ganze Wörter im Morsealphabet und hoffte, sich damit verständigen zu können. Aber die Ziege verstand nichts.
    »Warum taufen wir es