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L wie Liquidator

L wie Liquidator

Titel: L wie Liquidator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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Wesen zu bleiben, das deswegen nicht einschlafen konnte. Wie sich herausstellte, war er gar nicht darüber entsetzt, daß ich ihn aus dem Bett geklingelt hatte – eher das Gegenteil.
    »Ich bin so froh, daß Sie es fertiggebracht haben«, schwärmte er, während ich gähnte. »Ehrlich gesagt, ich war mir nicht ganz sicher, daß Sie es schaffen würden.«
    »Es war nicht schwer. Ich bringe das Videoband morgen vorbei.«
    »Gut. Die Bestimmungen in Ms. Kittermanns Testament sind in diesem Punkt sehr präzise.«
    Die Bestimmungen waren in allen Punkten sehr präzise. Sie hatte sie auf Video aufgenommen und mit ihrem Selbstmord anschaulich beendet, aber das erwähnte ich nicht.
    »Ich hätte kapitulieren müssen«, fuhr er fort. »Es sei denn, ein großes Geldgeschäft wäre damit verbunden, und …«
    »Sie sprechen von Geld«, sagte ich.
    »Nun. Ja, natürlich. Wie, äh …«
    »Genauso wie wir es abgesprochen haben. Sie schreiben eine Zahlungsanweisung an ›Dein Ist Die Rache, Inc.‹ aus. Die Adresse haben Sie ja.«
    Er wollte noch etwas sagen, aber ich hängte auf. Mein Vater hat das Geschäft gegründet und mir immer und immer wieder eingetrichtert, ich solle auf Zahlungsüberweisungen bestehen und mich nicht auf diesen Computer-Transfer-Quatsch einlassen.
    Das war damals in den Tagen, als die ›D.I.D.R. Inc.‹ einem für nur zwanzig Dollar einen Kuchen ins Gesicht schmiß. Jetzt sind wir zwar kultivierter, doch es bereitet mir immer noch eine gewisse Befriedigung, Klienten durch meine Forderung nach einer altmodischen Zahlungsüberweisung in Schwierigkeiten zu bringen. Wie ja auch Rache von Natur aus irgendwie altmodisch ist.
    Ich ließ das Videoband im Recorder, dann hatte ich morgen keine Arbeit mehr damit. Nach einer kleinen Reinigung würde ich es an Karens Testamentvollstrecker schicken, der es dann ihren Brüdern und Schwestern vorspielen könnte, die sich bestimmt keine allzu großen Sorgen gemacht hatten. Alles, was sie tun mußten, bevor sie Karens Geld erbten, war, eine kleine Freakshow über sich ergehen zu lassen. Karens Demütigung durch Currin bedeutete nichts für sie, und ihre Rache nicht viel mehr. Das ist das Verrückte an der Rache. Bei jedem zweiten, der mich anheuert, geht es um die falsche Person und die falschen Gründe. Ich sollte es wissen. Ich bin eine Autorität auf dem Gebiet. Aber schließlich ist die Rache nicht mein.
     
    Originaltitel: »Vengeance Is Yours«
    Copyright © 1983 by Omni Publications
    (erstmals erschienen in »Omni«, Mai 1983)
    mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Agentur Luserke, Friolzheim
    Aus dem Amerikanischen übersetzt von Inge Holm
    Illustriert von Stephan Beck

 
Eric Vinicoff
E-Dep
     
    Jenseits des Horizontes versank die Sonne im Glanz des Pazifik, und es war, als setze ihr blutroter Schein die Golden Gate Bridge in Flammen. San Francisco bereitete sich mit lebhaftem und freudigem Stolz auf die Nacht vor und hüllte sich diesmal nicht in die sonst übliche Nebelstola. Die Stadt trug den Mantel der Vergangenheit. Unten fuhr ein beladener Frachter durch die säuberlich eingefaßte Passage in Richtung Oakland. Und die Öltanker im Norden sahen von der Ferne betrachtet aus wie bunt bemalte Ostereier an der Küste von Richmond.
    Doktor Daemon Timothy genoß den Anblick, und er verglich die Perfektion der Natur mit den eher fragilen und vergänglichen Werken des Menschen.
    In der letzten Zeit komme ich sehr oft hierher. Zu oft. Der Umstand, daß ich Zerstreuung brauche, deutet auf eine Beeinträchtigung der empathischen Bindung hin. Ich sollte mit Doktor Starlin sprechen. Vielleicht ist eine Therapie nötig.
    Der Abend war recht warm. Timothy rollte sich auf den Rücken und beobachtete den Himmel, ließ den Blick langsam an dem tiefen und rätselhaft wirkenden Blau entlangschweifen. Er wollte sich noch nicht anziehen. Das lange Gras kitzelte im Rücken, und er fand Gefallen an diesem Empfinden.
    Diese Versuche, mich zurückzuziehen – was steckt dahinter? Ich sollte jetzt dort unten sein. Unter Menschen. Ich benötige die Erfahrung, die ich nur mit ihrer Hilfe machen kann. Erkenne dich selbst? Ich bin nicht Sokrates. Vermutlich eigne ich mich auch gar nicht für den Beruf des Philosophen. Ich muß andere Menschen kennenlernen. Wie sonst soll es mir gelingen, meiner Aufgabe gerecht zu werden?
    Nackt lag er auf der Kuppe des grünen Hügels. Trimble hatte den Helikopter so hinter den Eukalyptuspflanzen jenseits des Hügels geparkt, daß er nicht

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