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L wie Liquidator

L wie Liquidator

Titel: L wie Liquidator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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ich sei für diese Schicht nur als Ersatzarzt eingeteilt.«
    »Das waren Sie auch. Aber Doctor Nivling mußte sich einer tiefenpsychischen Rekonvaleszenz unterziehen, und deshalb war es nötig, Sie zu rufen.«
    »Eine solche Behandlung könnte ich ebenfalls vertragen. Ich fühlte mich geradezu erschreckend gleichgültig und passiv.«
    Miß Farber lächelte. Sie war recht attraktiv und trug eine Maske leerer Freundlichkeit zur Schau, die ihr half, die Arbeit zu ertragen. »Sagen Sie das dem Boß. Aber seien Sie nicht enttäuscht, wenn es nichts nützt. In dieser Hinsicht ist er auf beiden Ohren taub.«
    Timothy nickte. »Wie schaffen Sie es nur, trotz allem die Fassung zu wahren?«
    »Das Leben selbst und vier Töchter«, erwiderte Miß Farber und lachte leise. »Ein gutes Rezept für die richtige Einstellung.«
    Man braucht Humor, um hier durchzuhalten – schwarzen Humor. Aber es steckt bestimmt noch mehr dahinter; ein dickes Fell vielleicht, mindestens so hart wie Granit. Gewiß ist es nicht immer angenehm, die allgemeine Anlaufstelle für E-Amt zu sein.
    Miß Farber war die Sekretärin der Abteilung E. Sie formulierte Mednachrichten, kümmerte sich um Besucher, nahm Anrufe entgegen und erledigte die Papierarbeit.
    Und darüber hinaus plauderte sie mit den Doktoren.
    »Sie sollten mehr essen«, sagte sie sanft.
    »Seit Linda fort ist, gibt es niemanden mehr, der für mich Mahlzeiten zubereitet.«
    »Stellen Sie doch einen Koch ein. Oder noch besser: eine Köchin. Geld genug haben Sie sicher. Sie könnten auch die Möglichkeit wahrnehmen, selbst kochen zu lernen.«
    »Keine Lust.«
    »Dachte ich mir – und das Selbstmitleid schlägt Ihnen auf den Magen, was?«
    Timothy bedachte sie mit einem scharfen Blick. Der überraschende Angriff ihrerseits, obwohl so zurückhaltend und vorsichtig wie möglich vorgetragen, verletzte ihn. »Das ist ungerecht«, erwiderte er leise.
    Miß Farber schüttelte den Kopf. »Nein. Dann und wann brauchen Sie keine Aufmunterung, sondern eine kleine Zurechtweisung. Es ist nicht böse gemeint.«
    Timothy schauderte plötzlich und rang sich ein Lächeln ab. »Liebe«, sagte er. »Ja, es muß Liebe sein. Warum sollten Sie sich sonst mit all diesem Kram abgeben?«
    »Natürlich ist es Liebe«, antwortete Miß Farber ernst. »Ich liebe Sie alle. Für das, was Sie hier leisten. Und dafür, daß Sie die Konsequenzen zu tragen bereit sind.« Sie hatte noch etwas hinzufügen wollen, aber in diesem Augenblick blitzte ein gelbes Licht auf ihrem Pult auf. »Alles klar. Sie können jetzt zu ihm.«
    Die Innentür schwang auf. Timothy trat ins Zimmer, und hinter ihm schloß sich die Tür wieder.
    »Guten Abend, Daemon.« Doktor Cardozo lehnte sich in dem üppig gepolsterten Ledersessel zurück, der hinter einem breiten Schreibtisch stand. Das Büro war mit dunklem Holz vertäfelt, und die ganze Atmosphäre brachte medizinischen Ernst zum Ausdruck. Ein Symbol für völlige Hingabe, die keinen Platz für etwas anderes ließ. Daemon ließ sich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch sinken.
    »Wer steht diesmal auf der Bühne?« fragte er knapp.
    Doktor Cardozo seufzte und starrte an die Decke, so als sei dort die Antwort niedergeschrieben. »Julius Andrew Mohr. Sechsundzwanzig. Professioneller Rallyepilot für Schweber. Ehemann von Jane Lee Mohr. Vater zweier Kinder: Susan, zwei Jahre; und Zenna, ein Jahr. Derzeit in Biopsychischer Erhaltungsstasis.«
    Doktor Cardozo war vor seiner Beförderung natürlich ebenfalls E-Amt-Arzt gewesen. Ein Außenseiter hatte auch nicht den Respekt Daemons und seiner Kollegen gewinnen können. Wie viele Male? Wie oft hatte er die Bühne betreten, um sich die Beförderung zu verdienen?
    Wird das Problem gelöst, indem man zum Leiter der Abteilung aufsteigt? Oder sogar noch verschärft?
    »Gibt es irgendeinen Grund für eine tiefenpsychische Rekonvaleszenz?« fragte Doktor Cardozo scharf.
    Dies gehört natürlich zum Spiel, aber Daemon hatte es satt, sich an die Regeln zu halten. Er schüttelte einfach nur den Kopf.
    Doktor Cardozo hob die Augenbrauen. »Nun, ich muß in diesem Punkt ganz sicher gehen.«
    Daemon nickte müde, stand auf und betrat die Nische, in der das Telemetriesystem installiert war. Es wies frappierende Ähnlichkeit mit der Art von Stuhl auf, wie man sie in Zahnarztpraxen findet. Er nahm Platz. »Ich bin bereit«, sagte er. Es wurde völlig finster in der Nische, als eine Stahlwand herunterglitt und Timothy von der Außenwelt isolierte.
    Nun los, Cardozo! Wirf

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