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L wie Love

L wie Love

Titel: L wie Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Haworth-Attard
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Und ist wirklich alles in Ordnung?«
    »Natürlich, was soll schon sein. Wirklich, Mom.« Ich hatte mich gerade vor der ganzen Schule lächerlich gemacht, hatte keine Brüste mehr, hatte meine Chancen bei AAA für immer verspielt, aber es war alles okay. Ich legte wütend auf, obwohlich wusste, dass das unlogisch war. Aber auf Mom wütend zu sein, war immer noch besser, als auf mich wütend zu sein.
    Ich hatte kein Geld für den Bus, musste also die zehn Blocks bis zu Nanna und Nannu zu Fuß gehen. Der Himmel hatte sich zugezogen und es wehte ein feuchtkalter Wind. Grauer Oktoberhimmel, kahle Bäume, feuchtkalter Wind – das passte genau zu meiner Stimmung. Ich verkroch mich in meinen Anorak. Fünf Blocks weiter fielen die ersten schweren Regentropfen. Ich fing nicht an zu rennen, ich ging nicht einmal schneller, denn ich wollte nass werden.
    Kaum hatte ich den Fahrstuhl im zwanzigsten Stock verlassen, hüllte mich eine berauschende Wolke aus Tomaten- und Basilikumdüften ein. Ich atmete tief durch und fühlte mich gleich besser. Nanna stand mit einem hölzernen Kochlöffel in der Hand an der Wohnungstür. Sie nahm meine Jacke und hängte sie auf, während ich ins Wohnzimmer ging.
    Ich blickte durch das große Panoramafenster auf die unter mir liegende Stadt. Die Autos sahen wie kleine Käfer aus, die durch die Straßen krabbelten, die Menschen wie winzige Ameisen. Ich kann mich daran nicht sattsehen. Wenn ich einmal eigenes Geld verdiene, werde ich auch in einer Wohnung im zwanzigsten Stock leben. Dann kann ich auf die Welt und die Menschen herabsehen. Also, ich meine herabsehen im wörtlichen Sinn und nicht
auf sie herabsehen
wie
mich ihnen überlegen fühlen
.
    »Teresa, setz dich zu mir.« Nannu klopfte neben sich auf das Sofa. »Komm, schau dir den Wetterbericht im Fernsehenan. In Sydney soll es heute regnen, aber in Indien wird es richtig heiß.«
    Nannu war ein großer Fan des Wetterberichts.
    »Sie will dein Wetter nicht sehen«, sagte Nanna.
    Sie schob mich in die Küche und drückte mich auf einen Stuhl. Dann öffnete sie den Kühlschrank und holte einen Karton Milch heraus. »Fiona hat angerufen und gesagt, dass du uns besuchen willst. Was ist passiert?«
    Also wirklich, Mom!
»Nichts ist passiert«, sagte ich. Aber es kam zu laut heraus. Viel zu laut.
    Nanna goss mir ein Glas Milch ein und stellte eine Dose mit selbst gebackenen Keksen auf den Tisch, bevor sie zum Herd ging und in einem Topf mit Tomatensoße rührte.
    In dem Moment kam Nannu zu uns in die Küche. Er nahm sich einen Keks, kaute genüsslich darauf herum und musterte mich eindringlich.
    »Jungen«, sagte er bestimmt, mit einer Spur von Triumph in der Stimme. »Es geht um Jungen, Maria.«
    Nanna zuckte die Achseln. »Natürlich. Es geht immer um einen Jungen.«
    Ich verdrehte die Augen.
    Nannus Hand schwebte über der Keksdose, aber Nanna klopfte ihm mit dem Kochlöffel auf die Finger. »Nein, Dickerchen. Denk daran, was der Doktor gesagt hat.«
    »Jungen, stimmt’s?« Nannu lachte mich an und ich lächelte zurück.
    »Ja, ein Junge«, gestand ich.
    »Du magst ihn, aber er mag dich nicht.«
    »Woher weißt du das?«, fragte ich.
    »Ich habe fünf Töchter. Alle haben irgendwann einmal so geguckt wie du.«
    »Also, es ist nicht so, dass er mich nicht mag. Er weiß gar nicht, dass es mich gibt«, sagte ich.
    »Aha.« Nannu lehnte sich zurück und seufzte. »Die größten Lieben blühen im Verborgenen. Keine Sorge. Du bist ein bildhübsches Mädchen. Er weiß nicht, was ihm entgeht.«
    »Sie ist sowieso zu jung«, sagte Nanna. Sie legte einen Arm um mich und drückte mich. »Du bist zu jung, um an Jungen zu denken.«
    »Ha! Du warst in ihrem Alter, als du mir schöne Augen gemacht hast«, sagte Nannu.
    »Ich habe dir nie schöne Augen gemacht«, empörte sich Nanna. Sie drehte sich um und rührte energisch in ihrem Topf.
    »Sie hat mir schöne Augen gemacht«, flüsterte Nannu mir zu.
    Und ich fühlte mich schon viel besser.
    »Wo ist die Zeitung, Maria?«, fragte Nannu. »Ich will sehen, wer gestorben ist.«
    Nanna nahm die Zeitung von der Anrichte und knallte sie ihm auf den Tisch.
    Kaum hatte sie sich wieder umgedreht, angelte sich Nannu einen weiteren Keks aus der Dose.
    »Maria, wo ist die Zeitung?«, fragte er noch einmal.
    Ich glotzte ihn an. »Aber sie liegt doch direkt vor dir.«
    »Ach ja.« Nannu leckte seinen rechten Zeigefinger an und blätterte damit die Seiten um, bis er zu den Todesanzeigen kam.
    »Er vergisst alles«, sagte

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