L.A. Woman
mir denken. Ich werde den Job erledigen, so gut ich nur kann.
Sarah lächelte und vermerkte in ihrem Organizer.
Kurzzeit-Ziel: eingestellt werden, ganztags und unbefristet.
Sie hatte schon immer für eine Marketing-Firma arbeiten wollen, und diese hier schien sehr erfolgreich zu sein. Von hier aus konnte sie sich eine Karriere aufbauen. Und als langfristiges Ziel schrieb sie:
Arbeite dir einen konkreten Karriereplan aus.
Unter Beziehungen stand:
Neue männliche Bekannte suchen.
Mir gefällt dieses System, dachte sie, als sie den Organizer zuklappte. Es gab ihr das Gefühl, eine Richtung zu haben. Sie verstaute den Organizer in ihren kleinen, ergonomisch korrekten Rucksack neben dem Lunchpaket und zog den Reißverschluss zu. So ein Rucksack war auf jeden Fall lässiger als ein Aktenkoffer, andererseits bezweifelte sie, dass er wirkliche Professionalität suggerierte. Sie war formeller gekleidet als die meisten der Mitarbeiter, die fast alle khakifarbene Hosen und ein Poloshirt trugen. Sie war sich nicht vollständig im Klaren darüber, was die meisten Leute hier überhaupt machten, aber anders als in der Agentur hatten sie es offenbar nicht sehr eilig damit.
Das Büro selbst sah aus wie jedes andere Büro auch: Die Leute hockten wie Eiswürfel im Gefrierschrank nebeneinander. Sie hatten Fotos und Cartoons aufgehängt, um ihre drei Wände so heimelig wie möglich zu gestalten. Die Anzahl des Krimskrams war ein deutliches Zeichen dafür, wie lange der Mitarbeiter bereits angestellt war. Sarah betrachtete die Zelle, die gegenüber ihrer lag. Sie war überrascht, dass die Frau in einem auffallendem Top mit Tigermuster und einer goldenen Hose in dieser überfüllte Zelle überhaupt noch Platz fand. Jeder Zentimeter war mit irgendetwas zugestellt oder zugehängt. Die Frau arbeitete offenbar schon seit vielen Jahren hier.
„Sarah?“
Sarah riss den Kopf hoch und fühlte sich wie ertappt. „Ja?“
„Großartig. Ich freue mich, dass Sie pünktlich sind. Ich bin Ms. Peccorino.“ Die Frau streckte ihr eine Hand hin, und Sarah stand auf und ergriff sie. „Meine Güte, sehen Sie schick aus!“
Sarah strich verlegen den dunkelblauen Rock und die weiße Bluse glatt. Sie hatte den dazu passenden Blazer über die Rückenlehne ihres Stuhles gehängt. Sie trug nichts Besonderes, trotzdem fühlte sie sich wie in einem Abendkleid in dieser lässigen Atmosphäre.
„Danke.“
„Die meisten Leute wissen heutzutage gar nicht mehr, wie man sich anständig fürs Büro kleidet.“ Ms. Peccorino warf einen viel sagenden Blick über ihre Schulter auf Ms. Tigergestreift, die wiederum Ms. Peccorino, als sie wieder wegschaute, eine Grimasse schnitt. Sarah hielt ihren Blick auf Ms. Peccorino gerichtet, aus lauter Angst, sie würde in Lachen ausbrechen und erklären müssen, warum. Ms. Peccorino selbst trug ein rosafarbenes Kostüm à la Chanel mit schwarzen Streifen. Ihr blondes Haar und ihre dunklen Augenbrauen ließen darauf schließen, dass ihre Haarfarbe nichts mit Natur zu tun hatte, aber viel mit Miss Clairol.
„Entschuldigen Sie – bei der Zeitarbeits-Vermittlung haben sie mir nicht viel gesagt, nur dass ich Kenntnisse mit Excel und PowerPoint haben muss“, sagte Sarah und war froh, dass ihre Stimme nicht zitterte.
„Oh, aber sicher. Und wir haben genügend Projekte hier, bei denen wir noch Hilfe brauchen“, sagte Ms. Peccorino und sah Sarah an wie eine Ertrinkende.
Sarah folgte ihr durch das Labyrinth aus Büros in ein Zimmer mit Aktenschränken. Ms. Peccorino deutete auf einen riesigen Stapel Kartons. „All diese Unterlagen müssen geordnet werden“, sagte sie mit ehrfürchtiger Stimme. „Ich fürchte, das sind ziemlich viele. Das könnte eine Weile dauern.“
Sarah starrte die Kartons an. Das waren wirklich eine ganze Menge, da mussten Tausende Unterlagen verstaut sein.
„Und sie müssen auch durchgesehen werden. Alles, was älter als ein Jahr ist, wird archiviert.“ Mit diesen Worten näherte sich Ms. Peccorino einem Schrank und streckte die Hand nach dem Griff aus. Die Schublade öffnete sich explosionsartig. So viele Aktendeckel waren hineingequetscht worden, dass Sarah sich fragte, wie man die Schublade jemals hatte schließen können.
„Sehen alle Schubladen so aus?“ fragte sie entsetzt.
„Ich fürchte ja.“
„Wann wurden die Unterlagen denn zum letzten Mal archiviert?“
Janice sah sie betreten an. „Nun, wir hatten bisher nicht wirklich die Zeit dafür, und auch kein Geld für einen
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