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Labyrinth 02 - Das Labyrinth jagt dich

Labyrinth 02 - Das Labyrinth jagt dich

Titel: Labyrinth 02 - Das Labyrinth jagt dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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Dies ist eine Warnung zu ihrer eigenen Sicherheit, sie wird nicht wiederholt. Verlassen Sie diesen Platz! Sofort!«
    Jeb traute seinen Ohren nicht. Wer sprach da? Warum drohten sie einem alten Mann, der nichts anderes tat, als ruhig dazustehen und Kirchenlieder zu singen.
    Dreißig Sekunden vergingen in atemloser Stille, dann fiel der erste Schuss.
    Mary zuckte heftig zusammen. Sie fasste nach Jennas Hand und drückte sie angstvoll. Ihr Gesicht war noch bleicher als sonst.
    »Habt ihr das gehört?«
    Eine überflüssige Frage. Jeder von ihnen war erschrocken. »Das war ein Schuss, oder?«
    »Ja«, sagte León. »Eindeutig. Die ganze Zeit wohl schon.«
    »Sie haben auf Jeb geschossen«, stieß Jenna atemlos hervor. Sie wollte losrennen, aber León hielt sie fest. Vorsichtig lugte er um die Häuserecke.
    »Ich will zu Jeb.«
    »Nein, Jenna.« León schüttelte langsam den Kopf. »Wir bleiben hier. Ich kann Jeb noch sehen, es geht ihm gut.«
    »Oh Gott«, seufzte Jenna, während sie wie León um die Ecke lugte, um sich zu vergewissern. »Ich hoffe, ihm passiert nichts.«
    Mary umarmte Jenna, hielt sie fest, wortlos. Jennas Körper bebte. Es war ein kaum merkliches Zittern, aber es durchlief ihren ganzen Körper. Mary drückte sie noch fester.
    »Seid jetzt still«, zischte León, der die Szene beobachtete. »Wir wissen nicht, in was wir da hineingeraten sind.«
    »Er soll zurückkommen. Bitte sag ihm, dass er zurückkommen soll«, raunte Jenna. »Ich ertrage das nicht.«
    León drängte die Mädchen zurück in den Hinterhof und bezog dann wieder seinen Beobachtungsposten. Jederzeit bereit, Jeb zu Hilfe zu kommen.
    Jenna ließ ihren Kopf gegen Marys Schulter sinken und schluchzte leise. Alle Kraft, die sie sich vorhin hatte einreden wollen, war verschwunden.
    Jeb beobachtete, wie der alte Mann getroffen zu Boden sank und sich nicht mehr rührte. Das Schild fiel aus seiner kraftlosen Hand und lag wie eine Mahnung neben ihm. Er zögerte keine Sekunde. Geduckt, mit eingezogenem Kopf, rannte er auf die Straße hinaus, immer wieder hinter herumstehenden Autos Schutz suchend, hinüber zu dem Alten. Als er ankam, blickte ihn der Mann verwundert an.
    »Wer bist du?«, fragte der Alte.
    »Mein Name ist Jeb.«
    Jeb entdeckte die Einschussstelle an der Schulter des Mannes. Der Anzug hatte ein Loch, doch bisher sickerte kein Blut heraus. Der Atem des Alten ging regelmäßig und sein Blick war klar.
    »Du solltest von hier verschwinden, Junge. Sie schießen auf alle, die sich ihnen widersetzen.«
    »Wer? Wer schießt?«
    »Die Polizei und das Militär. Sie haben den ganzen Stadtteil abgeriegelt. Niemand kommt herein, niemand kann hinaus. Warum weißt du das nicht?«
    »Ich bin gerade hier angekommen.«
    »Aber … die Sperre geht nun schon eine ganze Woche. Was erzählst du da? Kein Mensch kommt durch diesen Riegel. Unzählige Menschen wurden erschossen! Und du behauptest … « Der Alte fing an zu husten.
    »Es ist eine lange Geschichte.«
    »Das glaube ich dir aufs Wort. Sag mal, hast du etwas Wasser für mich? Mein Mund ist staubtrocken.«
    Jeb schüttelte stumm den Kopf und schob seine Hand unter den Kopf des Mannes. Er war vollkommen ratlos, was zu tun war. In seinem Kopf ratterten die Gedanken: Der Mann war verletzt, war es aber gleichzeitig offenbar nicht. Wie konnte das sein? »Geht es so besser? Haben Sie Schmerzen?«
    »Ja, aber es geht. Sag, bist du ein Engel? Es heißt, im Augenblick des Todes kommt jemand, der einen abholt und auf die andere Seite geleitet. Bist du das?«
    »Nein, ich bin bloß ein Junge, der sich verlaufen hat.«
    Die blecherne Stimme erklang erneut. Jeb kam sie diesmal noch lauter vor.
    »Sie da, bei dem alten Mann. Erheben Sie sich und treten Sie zurück. Dies ist Sperrgebiet, Sie haben hier nichts zu suchen. Drehen Sie sofort um! Verlassen Sie die Straße.«
    »Aber er ist verletzt!«, rief Jeb in das Nichts hinter der Absperrung zurück.
    »Jemand wird sich um ihn kümmern. Verlassen Sie die Straße!« Der Alte hustete wieder. »Du musst hier weg, Kleiner. Die spaßen nicht.«
    »Was wird aus Ihnen?«
    »Ich glaube, ich bleibe noch ein wenig hier in der Sonne liegen. Es ist ein schöner Tag und der Himmel sieht wunderbar aus.«
    Jeb schüttelte den Kopf. Der alte Mann war anscheinend vollkommen weggetreten, wenn auch seine Stimme klar und fest klang. »Ich bringe Sie hier weg. Wie heißen Sie?«
    »Fernando. Fernando Caracas junior. Mein Vater, Gott hab ihn selig, hieß ebenfalls Fernando, aber er

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