Labyrinth 02 - Das Labyrinth jagt dich
kaputtmachen, aber sie glaubte einfach nicht daran.
All die Hoffnung, die sie noch vor ein paar Stunden verspürt hatte, war wie verflogen. Mehr denn je schien es ihr, als würden sie immer wieder von vorne anfangen.
Jede neue Welt war gleichzeitig ein neues Rätsel. Ohne Hinweise, was das alles zu bedeuten hatte. Nur der Kampf gegen die Zeit und um das Überleben blieb haargenau wie vorher.
Ihre Gedanken wurden unterbrochen, als die Luft im Hof zu flirren begann.
Mary erschien wie aus dem Nichts. Sie stand reglos im Hof und starrte verwirrt auf eine der Hauswände.
Kurz darauf flimmerte die Luft erneut und plötzlich tauchte León auf.
Jenna sog überrascht Luft ein, als sie erkannte, dass es nicht Mischa war, der das Tor durchschritten hatte. Sie glaubte ihren Augen kaum, aber wirklich: Dort stand der tätowierte Junge, von dem alle geglaubt hatten, er sei tot.
León zog den Kopf zwischen die Schultern und nahm eine Abwehrstellung ein.
Er ist bereit. Was auch immer auf ihn zukommt, er ist bereit zu kämpfen.
Jenna spürte einen Stich im Herzen, als ihr bewusst wurde, dass es wahrscheinlich nur einen Überlebenden aller Welten geben konnte.
León!
Er schien unbezwingbar und strahlte eine Härte aus, die sie erschauern ließ. Sie glaubte kaum, dass sich León mit irgendwelchen Rätseln und dem Sinn hinter alldem beschäftigte. Er nahm einfach jede Welt hin, komme, was wolle. Jenna beneidete ihn darum zu wissen, dass er um jeden Preis kämpfen würde. Sie beschloss einmal mehr, sich für Jeb, der sie hier und jetzt brauchte, zusammenzureißen. Um ihm Kraft zu geben.
Aber etwas war anders an León. Erst als er sich langsam um die eigene Achse drehte, erkannte Jenna, was es war. León war verletzt.
Leóns Lippe war geplatzt. Eine Hälfte des Gesichts angeschwollen, die andere Hälfte wies deutliche Verletzungen auf. Schrammen und Platzwunden, wohin man schaute.
Er hat die gleichen Verletzungen wie Mischa.
»Also doch«, murmelte Jenna. León und Mischa mussten miteinander gekämpft haben. Bis aufs Blut. Warum? Auch wenn ihr der Verdacht schon im Labyrinth gekommen war, hatte sie doch immer gedacht, Mischa hege eine besondere Sympathie für León, ja, bewundere ihn sogar. Außerdem konnte sie sich kaum vorstellen, wie es Mischa gelungen sein sollte, León so zuzurichten.
Jeder von uns wird irgendwann einmal der Gegner des anderen sein. Da darf ich mir keine Illusionen machen. Ich werde für Jeb kämpfen, aber falls es zum Äußersten kommt – wie soll ich mir je vergeben, jemand anderem seine Chance aufs Überleben genommen zu haben?León hatte offensichtlich keine Skrupel, einem von ihnen mit Gewalt das letzte Tor zu nehmen. Hätte ich überhaupt eine Chance gegen ihn?
Jenna bemerkte den Blickwechsel zwischen Mary und León. Etwas war auf der anderen Seite der Tore geschehen.
Sie ging auf León und Mary zu und ergriff die Hände der beiden. Sie drückte Mary kurz an sich und legte ihr den Arm um die Schultern. Da sah sie, dass das Mädchen rote Augen hatte. Hatte sie geweint?
Dann wandte sie sich León zu. Sie war mehr als neugierig, was er zu erzählen hatte. Aber gleichzeitig … fürchtete sie, es zu hören. »Du bist also doch nicht tot.« Jenna merkte, dass sie eher erstaunt als erleichtert klang, aber sie versuchte, ihrer Stimme etwas Unbeschwertes zu geben.
»Ja«, war Leóns schlichte Antwort.
»Ich … ich dachte, ich könnte Mischa trauen. Dass er uns anlügen …«
Jeb kam zu ihnen und klopfte León auf die Schulter. »Schön, dich zu sehen, Mann. Wir dachten, du wärst tot. Mischa hat …«
»Ja, ich kann mir denken, was euch Mischa erzählt hat. Es war nicht falsch, ihm zu vertrauen«, meinte León. »Tatsächlich war ich so gut wie tot. Sagen wir, ich hatte einfach tierisches Glück und habe die einzig ehrliche Chance ergriffen, die ich hatte.«
Jenna fröstelte unwillkürlich. Ja, und genau davor habe ich Angst.
»Was ist passiert?« Jeb war sichtlich froh, den anderen zu sehen. Jenna schaute Jeb von der Seite an. Aber auch er wirkte erschüttert darüber, was sich in der vergangenen Welt zwischen den Jungs abgespielt haben musste.
»Es kam zum Streit zwischen uns. Worum es ging, ist jetzt nicht wichtig, aber ich habe einen schweren Fehler begangen. Nach dem Kampf war es zu spät, noch etwas zu richten. Er hat mich zurückgelassen. Ohne ihn war ich gefangen.«
»Irgendwie hast du es ja anscheinend doch geschafft. Du bist hier. Was ist mit Mischa?«
»Er ist
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