Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Labyrinth der Spiegel

Labyrinth der Spiegel

Titel: Labyrinth der Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukianenko Sergej
Vom Netzwerk:
fliederfarbener Nebel quillt und Glassplitter rieseln, die sich sofort in Staub verwandeln. Der Warlock ist noch aktiv, hängt aber an einigen Servern in der Nähe fest.
    »Und was ist das für ein Spiel?«
    »Krieg der Sterne.«
    Ich nähere mich dem Mann. Die Stufen hoch zum Thron bestehen aus Kristall. So rutschig, wie die sind, ist es wahrlich kein Vergnügen, sie zu erklimmen.
    »Hey du Retter der Menschheit!« Ich klopfe dem Spieler auf die Schulter.
    Er richtet sich im Sessel auf. In seinen Augen schimmern verstohlen die Tränen eines Mannes. »Deneb, bitte kommen«, befiehlt er. Der Bildschirm lodert auf, jetzt ist ein Offizier auf ihm zu sehen, der es von der Zahl seiner Orden sogar mit dem Spieler aufnehmen könnte. »Oberst! Schicken Sie ein Geschwader zu Solo!«
    »Aber, Imperator! Dann wäre unser Planet schutzlos …«
    »Jetzt kommt es allein darauf an, die Heimat der Menschen zu schützen!«, rattert der Imperator herunter.
    Der Oberst nickt. »Zu Befehl, Imperator«, bringt er mit gequältem Gesichtsausdruck heraus.
    Ich schiebe meine Hand vor das Gesicht des Imperators. Vielleicht sieht der uns ja gar nicht? Aber der Mann stößt meine Hand weg. »Immer diese Störungen«, mault er. »Was für eine miserable Verbindung!«

    Scheiße! Das hat mir gerade noch gefehlt! Eine Deep-Psychose in voller Blüte. Der Mann will uns nicht sehen, denn wir passen nicht in das einfache Rasters eines Strategiespiels.
    »Wie kommen wir hier raus?«, brülle ich. »Sag schon, wo ist der Ausgang!«
    Er streckt die Hand aus und drückt irgendeinen Knopf. Sein Bewusstsein registriert uns nicht mal, aber sein Unterbewusstsein ist bereit, alles zu tun, um Störungen zu beseitigen. Seine Bewegungen sind pflaumenweich und unsicher. Er hockt garantiert seit mindestens vierundzwanzig Stunden in der Tiefe . Hinter mir öffnet sich mit einem Heulton die Tür.
    »Was ist mit ihm?« Der Loser kommt näher.
    »Er hat eine Deep-Psychose.«
    Ich drehe mich nach der Tür um. Wir müssen uns beeilen. Der Warlock hat Spuren hinterlassen, die früher oder später entdeckt werden. Und das arme Schwein von Imperator hat ganz bestimmt seinen Timer eingeschaltet …
    »Gehen wir jetzt?«, will der Loser wissen.
    Okay, ich habe den Diverkodex verletzt, indem ich meine Waffe gegen Anatole und Dick eingesetzt habe. Trotzdem bin und bleibe ich ein Diver. Der Hüter der Tiefe .
    Wenn ich nicht interveniere, wer dann?
    »Vika!«, befehle ich.
    »Ljonja?« Die Stimme von Windows Home klingt dumpf und monoton. Der PC ist voll ausgelastet, die Software hat keine Kapazitäten mehr, um für Schönheit zu sorgen.

    »Das Ausrüstungsset, in der Standardvariante!«
    Es folgt eine Pause. Eine sehr lange Pause. Doch dann werden meine Taschen langsam schwer.
    Ich streife die Reste des Schutzoveralls ab. Ob es den beim Fall durch die Spiegel zerfetzt hat? Als ich in der Kleidung des Revolvermanns dastehe, rolle ich die Peitsche ein. Die verwandelt sich wieder in einen Gürtel.
    »Was hast du vor?«
    Der Loser ist die Neugier in Person.
    »Ich will den hier rausholen!«
    Jetzt muss ich den Kanal finden, der den Spieler mit seinem Rechner zu Hause verbindet. Dann bräuchte ich bloß noch sein Sicherheitssystem zu knacken, aber das dürfte vermutlich nicht schwer sein, denn offenbar habe ich einen typischen Newbie vor mir. Danach beende ich entweder sein Deep-Programm oder stelle seinen Timer auf null.
    Aus meiner linken Tasche hole ich eine Sonnenbrille und setze sie mir auf. Die Dunkelheit ist fast undurchdringlich, nur am Fuße des Throns funkelt ein orangefarbener Faden, der sich vom Stuhl wegschlängelt. Der Kanal! Ich sehe mich im Raum um. Da verläuft auch meine eigene »Nabelschnur«, die zum Tunnel führt, den der Warlock genagt hat. Scheiße! Das bedeutet, dass wir nicht über den Server des Spielers laufen, sondern von wer weiß woher in diesen Raum gekommen sind. Mein Kanal kann sich über Kontinente ziehen, von Satellit zu Satellit hüpfen oder per Faseroptik über den Meeresgrund geleitet werden. Wir haben zu viele virtuelle Räume durchkreuzt, um vom Labyrinth hierherzugelangen. Einige
von ihnen müssen sich sogar in unmittelbarer Nähe befinden, schließlich bemerke ich im Tunnel einen Lichtschimmer. Außerdem spuckt er immer wieder glimmende Fadenenden aus.
    Vom Loser geht tatsächlich kein Signal aus. Oder vielleicht doch – aber dann ist es zu gut getarnt für meinen simplen Scanner. Jedenfalls mache ich nur eine dunkle reglose Silhouette

Weitere Kostenlose Bücher