Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Labyrinth der Spiegel

Labyrinth der Spiegel

Titel: Labyrinth der Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukianenko Sergej
Vom Netzwerk:
toves
    Did gyre and gimble in the wabe.«
    Wie gebannt lauere ich darauf, was jetzt passiert. Der Loser fährt fort:
    »All mimsy were the borogoves,
    And the mome raths outgrabe.«
    Weit, weit weg von mir schlägt Windows Home Alarm. »Das ist unübersetzbar!«, flüstert Vika. »Das findet sich nicht im Grundwortschatz. Das ist unübersetzbar!«

    Dick sieht mich an. »Du glaubst also, dass der Loser Russe ist?«, will er wissen.
    Auch Urmann hat sich ja besonders für die Nationalität interessiert …
    »Wer bist du?«, wende ich mich an den Loser. Der lächelt und steht auf. »Wer bist du?!«, schreie ich.
    »In sich gekeimt, so stand er hier:
    Da kam verschnoff der Zipferlak.«
    So viel zu der Antwort vom Loser.
    Anatole bricht in Lachen aus.
    »Mit Flammenlefze angewackt
    Und gurgt’ in seiner Gier!«,
    setzt er fort.
    Was für ein Irrenhaus! In dem allerdings ich der durchgeknallteste Insasse bin!
    »Verschwinde von hier, Diver!«, befiehlt mir Dick. »Hör auf, noch länger den Lebensretter zu spielen! Die ganze Geschichte ist nämlich wesentlich ernster, als du es dir vorstellst.«
    Wie zur Bestätigung seiner Worte hallt plötzlich lautes Sirengeheul durchs Level, das mir beinahe das Trommelfell platzen lässt. Dann wird wieder alles still, nur die aufgebrachten Monster stöhnen, fiepen und jaulen. Irgendwann legt sich über ihr Gejammer eine Frauenstimme, die vom Himmel verkündet: »Attention! Achtung! An alle, die sich im dreiunddreißigsten Level vom Labyrinth des Todes aufhalten! Räumen Sie unverzüglich die Spielfläche! Das ist eine offizielle Aufforderung! Sie haben dreißig Sekunden Zeit, um die Spielfläche zu verlassen! Sie können Ihre Waffen nutzen, um Selbstmord zu verüben
und in den Säulensaal des Labyrinths zurückzukehren. Dort wird Ihnen alles erklärt und Sie erhalten Schadensersatz! Achtung! An alle …«
    »Brauchst du Hilfe?«, fragt Anatole und richtet die BFG auf mich. »Oder schaffst du das allein?«
    »Mit dem Ding erledigst du den Loser gleich mit«, sage ich, worauf Anatole die BFG fallen lässt und den Granatwerfer von der Schulter reißt.
    Inzwischen ziehe ich jedoch den Ledergürtel des Revolvermanns aus dem Schutzoverall. Es ist ein stinknormaler Gürtel – solange er sich an meinem Körper befindet.
    In meiner Hand wird das Lederband jedoch unter Getöse länger und schmaler und sprüht blaue Funken. Maniac hat den Warlock 9000 als Peitsche designt.
    Ich hole aus, und das Peitschenende fällt gierig über Anatoles kugelsichere Weste her.
    Ein blauer Feuerbach schießt über die Peitsche auf Anatoles Körper zu und dringt in ihn ein. Der Warlock ist eine Angriffswaffe, für ihn spielt es keine Rolle, ob er auf einen Panzer oder auf nacktes Fleisch trifft. Der violette Flammenwirbel schluckt den Diver und bohrt sich in die Erde, gibt aber keine Ruhe, sondern heult weiter und gewinnt zunehmend an Größe.
    »Du!«, brüllt Dick. »Du hast ein Virus angeschleppt!«
    Auf unseren Gesichtern liegt ein blauer Widerschein. Der Loser beobachtet fasziniert den wachsenden Wirbel. Ich nicke. Wozu das Offensichtliche aussprechen?
    »Noch fünfzehn Sekunden«, gibt die Stimme am Himmel bekannt.

    »Du hast Anatole angegriffen! Du hast den Diverkodex verletzt!« Dick greift nicht nach seiner Waffe – was mich freut, schließlich will ich ihn ja nicht ermorden.
    »Die ganze Geschichte ist verdammt ernst«, halte auch ich jetzt fest.
    Neue Geräusche erreichen uns: von zersprungenem Glas, von Mauern, die bersten, von Metall, das klirrt.
    Aus blutroten Wolken fällt ein silberner Ring zu Boden. Gleich darauf versinkt das Level in Dunkelheit. Als sei ein gigantisches Glas darüber gestülpt worden. Vermutlich würde ich das Ganze tatsächlich als Einkapselung des Labyrinths interpretieren – würden sich nicht Panik und Verzweiflung auf Dicks Gesicht spiegeln.
    Das kann nur eins heißen: Al Kabar ist auf den Plan getreten.
    Und offenbar gibt Dick mir die Schuld daran. Als er das Gewehr anlegt, reagiere ich rein instinktiv. Die Peitsche knallt über seinen Hals und köpft ihn mit der Begeisterung eines arbeitslosen Henkers.
    »Mit eins! und zwei! und bis aufs Bein!
    Die biffe Klinge ritscheropf!«,
    deklamiert der Loser.
    Ich packe ihn bei den Schultern und schiebe ihn auf die Feuersäule zu, die zuvor Anatole verschluckt hat. Hinter uns lodert gerade ein zweiter Wirbel über dem Körper von Crazy Tosser auf.
    »Warum hast du das getan?«, fragt der Loser.
    Wir müssen uns beeilen.

Weitere Kostenlose Bücher