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Labyrinth der Spiegel

Labyrinth der Spiegel

Titel: Labyrinth der Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukianenko Sergej
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Wenn die Jungs vom Labyrinth und von Al Kabar sich erst mal ums dreiunddreißigste
Level kloppen, sollten wir besser weit weg sein. Und der Warlock ist ja eben nicht bloß ein Killer – er ist auch ein Tunnel, der sich durch die Tiefe bohrt.
    »Um nach Hause zu kommen!«, schreie ich und stoße den Loser in die blaue Flamme. Sofort springe ich ihm hinterher.
    Um uns herum ist Feuer.
    Wir fallen.
    Eine Spirale aus blauem Feuer bildet die Wände des Tunnels, ein violetter Nebel seinen Körper.
    Unter uns liegen neblige Spiegel, die wir im Fallen zerschlagen. Unsere Gesichter wirken in diesen Spiegeln wie Schatten, die virtuellen Räume wie blasse Aquarelle.
    Der zerstörte Bahnhof des ersten Levels. Das Krankenhaus im einundzwanzigsten. Die Kirche im fünfzigsten! Ich kann sogar die Fratze mit den gebleckten Zähnen des Prinzen der Außerirdischen erkennen, erhasche einen Blick auf die Flamme, die aus seinem Granatwerfer schießt, dann sind wir aber schon weitergestürzt.
    Eine Straße in Deeptown, die Gesichter der Fußgänger, ein Taxi, eine Reklame Byte into an …
    Eine Buchhandlung mit dem Regenbogen an Covern, eine Frau mit Brille, die eine Zeitschrift durchblättert, das Rascheln der Seiten, das wie Donner dröhnt, der Mann an der Kasse …
    Blaue Blitze zucken über meine Hände.
    Der Loser wird von einer Wolke aus einer türkisfarbenen Flamme umhüllt.
    Der Supermarkt. Direkt vor uns funkelt eine Dose mit Orangenmarmelade. Sie ist leer.

    Eine Tierhandlung. Ein weißes Kaninchen in einem Käfig …
    Ob man in der Tiefe halluzinieren kann?
    Allmählich müsste der Warlock sich wieder beruhigen. Er hat einen eingebauten Zähler für alle Räume, durch die wir gekommen sind, aber Maniac wusste nicht, ob der auch wirklich funktioniert. Er hatte ja keine Möglichkeit, das Virus vorher zu testen.
    Eine Ebene, unvorstellbar flach und ausgebrannt, vier Autos, die darüber kriechen …
    Es folgen Wolken, vielleicht auch ein Meer aus weißen Federn, Kristallbäume, die sich bis zum Horizont erstrecken, ein silberhaariger Alter in einem weißen, antiken Überwurfmantel, der uns einen verzweifelten Blick nachschickt, Harfenklänge …
    Dann ein rot-schwarzer Wirbel, ein tiefes Heulen, Schwefelgestank und das Funkeln von Stahl in der Dunkelheit …
    Blaue Entladungen peitschen durch uns hindurch, jedes Härchen auf der Haut knistert und piekst, als wachse es in den Körper hinein.
    Eine grüne Lichtung, über die ein kleiner Welpe tobt, der vor Begeisterung und Energie platzt. Sein Bellen hallt uns nach …
    Stopp, Warlock, stopp!
    Meeresbrandung, Sterne zwischen Wolken, der Geschmack von Sonne auf den Lippen, eine winzige Jacht, die von einer Welle überspült wird, in der Takelage am Bug hängt ein Junge mit nacktem Oberkörper und einer Harpune in der Hand …

    Danach herrscht Halbdunkel, ein runder Saal, Wände, die aus Bildschirmen bestehen, ein Sessel, der eher wie ein Thron aussieht …
    Und dieser Spiegel zerspringt nicht, er saugt uns in sich ein – um uns auf kalten Marmorboden auszuspeien. Wir haben keine Zeit, um unsere Knochen zu betasten.
    Ich springe auf und hole mit der Peitsche zum Schlag aus.
    Aber anscheinend droht von nirgendwoher Gefahr. In dem Sessel oder Thron sitzt ein korpulenter Mann in mittleren Jahren, dessen Kleidung teils orientalisch, zum anderen Teil paramilitärisch anmutet. Seine Brust ist mit Orden gespickt. Er scheint uns überhaupt nicht wahrzunehmen, seine ganze Aufmerksamkeit gilt einem Wesen auf dem größten Monitor. Diese Kreatur erinnert an eine riesige rote Ameise.
    »Wir müssen unsere Kräfte vereinen«, erklärt der Mann. »Wenn unsere Völker gemeinsam …«
    Ich helfe dem Loser auf die Beine. Wir sind auf dem Server von irgendeinem Spiel gelandet. Nicht schlecht.
    »Als ob die Menschen ihre verlogene Natur nicht längst gezeigt hätten!«, brüllt die Ameise. »Wir werden noch die Erinnerung an euch in den Staub treten!«
    Daraufhin wird der Bildschirm dunkel. Der Mann presst die Hände vors Gesicht und wiegt seinen Oberkörper hin und her.
    »Was ist das?«, fragt der Loser.
    »Ein Spiel«, antworte ich und halte nach dem Ausgang Ausschau. Es gibt zwar eine Tür, aber die sieht nicht so aus, als ließe sie sich öffnen. Der ganze Raum erinnert an
eine Kommandozentrale in einer Raketenabschussbasis, wie man sie aus dem Kino kennt. Das akkurate Interieur wird nur durch das Loch gestört, das unser Tunnel in die Decke gerissen hat und durch das immer noch

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