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Labyrinth der Spiegel

Labyrinth der Spiegel

Titel: Labyrinth der Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukianenko Sergej
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die Karten verloren, die Monster in alle Himmelsrichtungen auf und davon! Dima! Deine Fingerabdrücke stammen von einem Serienmörder!«
    Ich gebe ihnen ein paar Sekunden, um das sacken zu lassen. »Noch eine Minute«, drohe ich, »und ich mache Nägel mit Köpfen!«
    Ich weiß nicht, ob dergleichen möglich ist. Ich kann meine Kräfte nicht einschätzen, weiß nicht, aus welcher Quelle sie sich eigentlich speisen.
    Aber sie glauben mir.
    »Was willst du, Diver?«, brüllt Urmann. Raid stößt ihn zur Seite und verlangt: »Deine Bedingungen!«
    Ob ich mit den Steuern nicht ganz danebenlag?
    »Ihr stellt die Jagd ein.«
    Das Wunder ist zum Greifen nah. Aber sie haben genug zu verlieren.

    Urmann und Guillermo wechseln Blicke, der Direktor von Al Kabar nickt.
    »Wir ziehen die Anklage zurück, Jordan«, verkündet Willy ihre Entscheidung. »Es bringt nichts … Interpol einzuschalten.«
    Er nickt mir kaum merklich zu. Wollten die mir damit etwa bloß Angst einjagen?
    Das glaub ich nie im Leben.
    Aus den Augenwinkeln heraus beobachte ich, wie Menschen durch die Straße näher kommen. Einfache Bewohner Deeptowns, die jetzt, da die Kette aufgelöst ist, ihre Neugier stillen können.
    Gönnen wir ihnen das Schauspiel.
    »Haben Sie das gehört?« Jordan packt Dibenko bei der Schulter und schüttelt ihn sanft. »Die Operation ist abgeblasen! Das war’s! Schließen Sie sämtliche Programme!«
    Also hat Dmitri das Haus eingefroren? Ob die Kräfte der Polizei nicht ausgereicht haben?
    Der Mann Ohne Gesicht schüttelt den Kommissar ab. Er hat nur Augen für mich. Er ist der Einzige, dem meine Drohung schnurzegal ist. Und zwar nicht, weil er sie glaubt oder bereit ist, es mit dem amerikanischen Rechtssystem aufzunehmen, das ohne Computertechnologie am Arsch ist.
    Nein, er ist einfach nicht bereit, auf sein Wunder zu verzichten. Wir sind eben doch Landsleute. Beide auf eine höhere Idee versessen, wenn auch auf unterschiedliche Weise. »Du verrätst die ganze Welt«, kommt es aus der Nebelmaske.
    »Ich rehabilitiere die ganze Welt.«

    »Du willst bloß nicht teilen, Diver. Du hast dich kaufen lassen … und uns verraten. Okay, vergiss nicht, dir den Orden zu holen! Damit es sich auch wirklich für dich lohnt!«
    Ich erinnere mich an das Lager, die Kartons mit Software und den Tisch, auf dem der Orden der Allmächtigkeit liegen geblieben ist.
    Ich strecke mich aus, überwinde den Raum, der für mich nicht mehr existiert. Prompt liegt der Button in meiner Hand.
    Ich betrachte ihn kurz. Ein weißer Hintergrund und eine regenbogenfarbene Kugel. Das Spinngewebe des Netzes, umgeben von Unschuld und Reinheit.
    »Der gehört dir«, sage ich und schnippe dem Mann Ohne Gesicht den Orden zu. Der Button berührt den schwarzen Stoff des Mantels und bleibt daran kleben. Gefällt mir. »Ich verdiene ihn nicht. Du schon. Du hast die Tiefe geschaffen. Und komm mir nicht wieder damit, dass du das gar nicht gekonnt hast. Das hast du. Ganz allein. Und dafür bin ich dir dankbar. Aber glaub ja nicht, dass wir dir deswegen irgendwas schulden. Diese Welt wird leben, sie wird hinfallen und lernen aufzustehen. Diese Welt zwingt niemanden dazu auszusprechen, was er verschweigen möchte. Sie stopft niemandem den Mund, der reden möchte. Und vielleicht wird sie sogar besser …«
    Ich drehe mich um und gehe auf mein Haus zu.
    Dibenko hat die Programme immer noch nicht geschlossen, die das Haus mit einer Diamantkruste überzogen haben. Ich habe jedoch nicht die Absicht, ihn darum zu bitten. Ich öffne die Tür und betrete mein Haus, das funkelt wie Aladins Höhle.

    Sofort erlischt hinter mir die Illumination. Ich zerfetze fremde Software, erobere mir Schritt für Schritt mein Haus zurück.
    Ich gehe zu Fuß nach oben. Sind ja nur zweihundertundfünfzig Stufen.
    Hinter jeder Tür raschelt und lärmt es. In meine designten Wohnungen kommt Leben, kaum dass ich an ihnen vorbeigehe. Hinter mir vernehme ich nun Fetzen von Musik, das unverständliche Gemurmel von Gesprächen, das Klappern von Geschirr, das rhythmische Klopfen eines Hammers, das Schlurfen nackter Füße und das Kreischen einer Bohrmaschine.
    Ich kann mich nicht mal mehr erinnern, wann und was ich alles programmiert habe, als ich mich mit inexistenten Nachbarn umgeben habe. Ich bin schon ein merkwürdiger Typ. Wie alle Menschen.
    Obwohl ich weiß, dass ich mein Haus auf einen Schlag auftauen könnte, wenn ich mich entsprechend konzentrieren würde, verzichte ich darauf. Alles soll ruhig langsam

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