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Labyrinth der Spiegel

Labyrinth der Spiegel

Titel: Labyrinth der Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukianenko Sergej
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weder mit seinem Namen noch mit seiner Adresse raus.
    Der Loser ist ein exzellenter Schütze – und mit etwas mehr Glück würde er das Labyrinth in vierundzwanzig Stunden durchlaufen und alle Preise einheimsen.
    Der Loser schießt nie auf Spieler.
    »Wie bitte?«
    »Du hast ganz richtig gehört. Er schießt nie auf Spieler. Monster nietet er um«, brummt Anatole, »da kannst du direkt neidisch werden. Aber auf Menschen hat er nicht einmal geschossen. Als ich das zweite Mal versucht habe, ihn rauszubringen, ist uns genau das zum Verhängnis geworden. Ich habe natürlich angenommen, er würde nicht tatenlos zusehen, wie …«
    »Er schwimmt «, falle ich Anatole ins Wort. »Er nimmt alles für bare Münze … Nein! Das stimmt auch nicht. Er weiß genau, dass er sich im virtuellen Raum befindet! Jedenfalls hat er mir das gesagt.«
    »Eben«, sagt Anatole. »Die Orientierung hat er nicht verloren. Er übertreibt es einfach mit seiner Menschenliebe!«
    »Vielleicht glaubt er an Gott«, schlage ich vor. »Oder ist Pazifist.«
    Anatole zuckt nur die Schultern.
    »Er ist also jedes Mal von anderen Spielern getötet worden?«

    »Er ist vom Schicksal getötet worden«, wirft Dick ein. »Mal waren es die Spieler, mal die Monster, dann eine einstürzende Decke oder ein Querschläger. Er ist in flüssigem Asphalt ertrunken und aus großer Höhe abgestürzt. Er hat fünfzehn Tode auf dem Buckel, jedes Mal einen anderen.«
    »Das gibt’s doch nicht!«, bringe ich heraus. »Legt der es darauf an, oder was?!«
    »Wenn er wirklich ein Selbstmörder ist, dann ein ziemlich durchtriebener«, erwidert Dick. »Es sieht nämlich immer wie purer Zufall aus. Nur sind es eben zu viele Zufälle.«
    »Dick glaubt, dass es sein Karma ist«, erklärt Anatole. »Dass er dieses Schicksal irgendwie verdient. Und dass wir ihn hier nie rausholen, egal, was wir anstellen.«
    »Das ist doch Unsinn«, sage ich. Dick lächelt nur. »Gibt es denn wirklich gar keine Möglichkeit, seine Verbindung auch gegen seinen Willen zu kappen? Ohne seine Adresse zu kennen?«
    Die Diver des Labyrinths wechseln beredte Blicke.
    »Tut jetzt bloß nicht so geheimnisvoll«, bitte ich. »Dafür ist die Sache zu ernst.«
    »Es gibt da eine Möglichkeit«, gesteht Dick. »Anatole hat es ausprobiert.«
    Ich sehe Anatole in Erwartung einer Erklärung an.
    »Der dreizehnfache Tod«, rückt er widerwillig mit der Sprache raus. »Wenn ein Spieler im Abstand von weniger als fünf Minuten dreizehnmal hintereinander stirbt, wirft das Programm ihn ohne Angabe von Gründen raus. Das ist ein Filter für absolut unfähige Spieler.«

    Ich verstehe das Ganze immer noch nicht.
    »Genau das habe ich heute Morgen versucht«, fährt Anatole fort. »Ich habe den Loser nicht durch das Level geschleift, sondern bin mit ihm am Anfang geblieben und habe ihn immer wieder getötet. Dreizehnmal hintereinander, dann sogar noch zweimal extra, weil ich dachte, ich hätte mich verzählt. Fehlanzeige!« In mir explodiert etwas.
    »Halt!«, schreit Dick und springt auf. »Noch einen Schritt, Leonid, und ich bring dich um! Das ist ein Spiel! Kapiert?«
    Ich lasse von Anatole ab. Dick hat Recht, man darf an das, was im Labyrinth geschieht, nicht die Maßstäbe der realen Welt anlegen, ja, noch nicht mal die Deeptowns. Das hier ist die Tiefe in der Tiefe .
    »Wie hat er darauf reagiert?«, will ich wissen.
    »Ich habe ihm vorher alles erklärt!« Anatole ist ebenfalls auf hundertachtzig. »Glaub ja nicht, dass mir das Spaß macht! Ich habe ihm alles erklärt und ihm dann mit der Winchester einen Kopfschuss verpasst! Ich habe natürlich damit gerechnet, dass er Widerstand leistet! Beim ersten Mal wollte er noch wegrennen, aber danach hat er sich einfach hingesetzt und alles über sich ergehen lassen.«
    Jetzt ist mir auch klar, warum der Loser nicht viel von Anatole hält.
    »Das ist ein Spiel, Leonid«, wiederholt Dick. »Wenn du im siebzehnten Level weiterkommen willst, musst du einen Jungen erschießen, der an die Tür eines Tunnels gefesselt ist. Hast du das gemacht?«

    Blöde Frage! Schließlich kannst du ihn ja nicht losbinden!
    »Das war nur ein Programm, Dick. Ein Bild und eine Audiodatei.«
    »Und wie viele Menschen hast du am ersten Tag erschossen, als du dir deinen legendären Ruf erworben hast?«, fährt mich Anatole an. »Komm mir jetzt ja nicht mit dem Gerede, dass das ehrliche Duelle waren! Du bist ein Doomer der alten Schule! Du bist ein Diver! Kein Held des Labyrinths hat bei einem Duell

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