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Labyrinth der Spiegel

Labyrinth der Spiegel

Titel: Labyrinth der Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukianenko Sergej
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auch nur die Hälfte deiner Möglichkeiten! Du kannst aus der Tiefe herausspringen und spürst dann keinen Schmerz mehr! Du schießt, als wärest du auf dem Schießstand! Du marschierst über diese Haarbrücke wie ein Hochseilartist!« Er verstummt und blickt mich finster an. »Al Kabar ist doch deine Arbeit, oder?«
    Ich nicke.
    »Kompliment!« Anatole kühlt genauso schnell ab, wie er in die Luft geht. »Also, pass auf, Leonid, wir kommen dir nicht in die Quere. Versuche dein Glück! Aber wir räumen auch nicht das Feld! Immerhin ist das auch unser Job.«
    »Und jetzt sind wir an der Reihe«, stellt Dick klar. »Komm in sechs Stunden wieder! Wenn wir den Jungen in dieser Zeit nicht herausgeholt haben, bist du wieder dran.«
    Ich widerspreche nicht. Das hier ist ihr Revier, in dem ich nur zu Besuch bin.
    Ich stehe auf und gehe zum Computer an der Wand.
    »Hey, Leonid!«, ruft Anatole mir nach. »Weißt du, warum du die Leibgarde nicht töten konntest?«

    Ich schüttel den Kopf.
    »Programme können nämlich auch schummeln. Du kannst schießen, wohin du willst, es trifft immer die allerletzte Kugel.«
    Vielen Dank für den Tipp. Über die Tastatur gebe ich meine Einstellungen ein.
    »In sechs Stunden«, erinnert mich Dick. »Nicht eher!«

1001
    Diesmal sind nicht so viele Leute im Säulensaal. Trotzdem kommt ein knappes Dutzend zusammen, die Bier trinken und ohne Frage auf mich warten.
    Ich gehe an ihnen vorbei.
    »Revolvermann!«
    Als ich mich umdrehe, kommen zwei unbekannte Typen und eine langhaarige Frau auf mich zu.
    »Ja?«, sage ich.
    »Wer bist du?«, fragt mich einer von ihnen, ein Mann mit Brille und krummem Rücken. Viele Spieler wählen so ein harmloses Äußeres, um auf diese Weise ihre Gegner zu täuschen.
    Eine Schießerei droht offenbar nicht. Soll mir recht sein. Gestern Abend sind alle kurz vorm Ausrasten gewesen, aber über Nacht haben sich die Gemüter beruhigt.
    »Das spielt keine Rolle.«
    »Was willst du hier, Revolvermann?«, nimmt mich die Frau ins Verhör. »Spielst du einfach nur?«
    »Nein.«

    »Was willst du dann? Wir haben beobachtet, dass du dich ziemlich lange im dreiunddreißigsten Level rumgetrieben hast. Was ist, steckst du fest?«
    »Nein.«
    Die Delegation tritt von einem Fuß auf den andern, bis der Brillenträger irgendwann die Arme hebt. »Schließen wir Frieden, Revolvermann?«
    »Gern«, antworte ich ungläubig.
    »Die Leute haben Angst, jetzt ins dreiunddreißigste Level zu gehen«, erklärt er. »Inzwischen hocken fast fünfzig Mann im zweiunddreißigsten. Wenn du nicht auf die Spieler schießt, lassen sie dich auch zufrieden. Einverstanden? Wenn nicht, wirst du zum Abschuss freigegeben. Und nicht nur in Twilight City.«
    »Okay«, erwidere ich. »Aber unter einer Bedingung. Am Anfang des Levels sitzt ein Typ mit einer Pistole. Den müsst ihr auch zufrieden lassen.«
    Der Brillenträger und die Frau sehen einander an. »Abgemacht, Revolvermann.«
    Wir besiegeln unsern Deal per Handschlag.
    »Kommst du mit ins BFG ?«, erkundigt sich die Frau.
    Das Abkommen sollte mit einem Bier gefeiert werden. Da ich mir sechs Stunden um die Ohren schlagen muss, nicke ich. Ein paar andere Spieler schließen sich uns an, so dass wir als geschlossene Gruppe den Säulensaal verlassen. Alex scheint nicht unter meinen Gefährten zu sein. Oder er tarnt sich mit einem neuen Körper.
    »Hört mal, Leute, wenn sich jemand nicht an unsere Abmachung hält und mich angreift …«

    »Dann ist es das persönliche Problem von ihm und dir«, beendet der Brillenträger den Satz.
    »Bestens.«
    »Bist du ein Doomer, Revolvermann?«, will die Frau wissen.
    »Ja.«
    »Und du spielst schon lange?«
    »Sehr lange.«
    »Doom?«, fragt jetzt auch der Brillenträger.
    »Nein, natürlich nicht. Angefangen habe ich mit dem Reich des Wolfes.«
    Die Leute murmeln anerkennend. Das primitivste aller 3D-Spiele kennen die meisten nur noch vom Hörensagen.
    »Neulich habe ich einen Typen kennengelernt«, berichtet die Frau, »der ist mit einem 386er nach Deeptown gekommen.«
    »Was?«, fragt der Brillenträger ungläubig.
    »Du hast richtig gehört! Ohne Helm und Anzug, sozusagen im Trockenschwimmen. Er hat gesagt, dass er Sergeant ist und irgendwo in der Tundra in einem Weltraumbahnhof sitzt. Die Ausstattung bei denen ist echt museumsreif. Immerhin hat er Internetzugang, über ’ne LAN-Verbindung. Er hat auf seinem 386DX40 das Deep-Programm installiert, ist durch irgendein Gate nach Deeptown gelangt und dann durch

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