Lachen mit Tränen in den Augen (German Edition)
berichtete er ihr vom Tod seines Bruders auf seinem OP-Tisch, und sie unterbrach ihn nicht ein einziges Mal, als er nach all den Jahren seine Gefühle herausließ.
»Was ist passiert?«, fragte sie atemlos.
»Ich weiß es nicht.« Tim schnaufte. »Die Herztransplantation verlief ohne Komplikationen. Ich habe Jared das neue Herz eingesetzt, auf das er so lange gewartet hatte. Mein Bruder hat geatmet, das Herz hat in meinen Händen geschlagen, und dann lief plötzlich alles schief.« Er schloss einen Moment die Augen und atmete tief durch, als er sich an den Tag erinnerte, an dem sein kleiner Bruder starb. Durch seine Schuld?
Und wenn ich es wüsste?, fragte er sich. Wäre es wirklich ein Unterschied?
Er sah es noch genau vor sich, wie ein Video, das ohne Ton vor seinen Augen ablief. Zwei Anästhesisten, zwei assistierende Chirurgen, ein Kardiotechniker, zwei OP-Schwestern. Die Anspannung war groß gewesen, aber jeder Handgriff saß. Sie hatten gegen Mittag begonnen, und es würde eine lange Nacht werden. Tim hatte Jareds Brustkorb geöffnet, den Rippenspreizer eingesetzt und die Schläuche angenäht. Die Herz-Lungen-Maschine arbeitete zuverlässig. Sie übernahm vorübergehend die Aufgabe von Jareds schwachem Herz, das Tim nach dem Abklemmen der Hauptschlagader entfernt hatte. Er hatte das neue, kräftige Herz, das sein Leben retten und das ihm noch viele Jahre schenken sollte, eingesetzt und entlüftet – das war für einen erfahrenen Chirurgen nicht schwierig. Die Transplantation war im Grunde sogar eine der technisch einfachsten Operationen für einen Herzdoc. Und dann kam der aufregendste Moment: Würde das neue Herz in Jareds Körper zu schlagen beginnen?
Es begann tatsächlich zu zucken, einmal, zweimal, dreimal.
»Aber dann hörte es einfach wieder auf: Nulllinie.«
Ein schriller Ton, der ihm immer noch den Schweiß heraustrieb und ihm körperliche Schmerzen verursachte.
War es seine psychische Belastung? Oder seine Arroganz und seine Selbstüberschätzung? Egal, der Sturz war tief, der Aufprall hart: Sein Bruder war tot.
Der Doc hatte ihm noch ein halbes Jahr gegeben. Sechs Monate Leben neben dem Telefon, um auf den erlösenden Anruf zu warten: ›Es ist so weit!‹, sechs Monate Hoffen und Bangen, sechs Monate Warten auf ein neues Herz, ein neues Leben mit seiner Frau und seinen Kindern. Und nun war Jared tot. Sein Herz schlug nicht mehr, sein Atem war versiegt, kein Weinen, kein Lachen, keine endlosen Telefonate mit ihm, keine blöden Witze über die Transfusion von Coke mittels Strohhalm oder die Transplantation von Chicken McNuggets in einen hungrigen Magen auf der Intensivstation bei McDonalds, keine gemeinsamen Erinnerungen an ihre Kindheit, keine Ausflüge ins Outback, nichts von all dem, was sie zusammengeschweißt hatte. Denn sein Bruder war tot.
»Mein Gott!«, hauchte Shainee bestürzt.
Sie hätte sich von ihm zurückziehen können, als er diese Grenze überschritt. Sie hätte sich seinen Gefühlen überlassen können, aber nein, sie stand das mit ihm durch. Ganz schön taff!
»Ich habe versucht, ihn zurückzuholen. Ich habe ihn nicht aufgegeben, nicht einen Augenblick lang.« Tim musste schlucken, die Worte blieben ihm in der Kehle stecken und erwürgten ihn fast. Gott, es tat immer noch so weh! Er wusste nicht, ob er jemals darüber hinwegkommen würde!
Ihr Schweigen war einfühlsam. Ihre Hand auf seiner war warm und tröstend.
»Aber ich habe mich selbst aufgegeben.« Tim erzählte ihr, wie er seinen Job als Herzdoc hingeschmissen und sich in die Wildnis des Outback geflüchtet hatte, um zur Besinnung zu kommen. Burnout – die völlige seelische und körperliche Erschöpfung.
Der Tod eines Patienten auf dem OP-Tisch ist das Schlimmste, was passieren kann, sagt man. Stimmt nicht. Der Tod deines Bruders, während du sein Herz in deinen Händen hältst, ist noch viel schwerer zu ertragen. Für dich selbst, für deine Eltern, denen du ihren Sohn nicht zurückgeben kannst, für seine Frau und seine Kinder, denen du den Ehemann und Vater weggenommen hast. Nie werde ich vergessen, wie mein Dad still weinte, als ich ihm während des Begräbnisses den Arm um die Schultern legte, nachdem Mum in Tränen aufgelöst zusammengebrochen war. Oder wie Jareds zwei Kiddies mich ansahen, als ich ihnen sagte, dass ihr Daddy nie wieder nach Hause kommen würde.
Ich habe mich dafür gehasst, dass ich ihnen das angetan habe. Ich war so erschüttert, dass ich mir geschworen
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