Lachen mit Tränen in den Augen (German Edition)
kann
2
Bis zur Place Vaiete waren es nur ein paar Schritte unter den Bäumen hindurch zum Hafenkai, wo im Licht der tief stehenden Nachmittagssonne gerade Les Roulottes – ›Meals on Wheels‹ – ihre Garküchen öffneten.
»Sehen Sie!« Shainee packte ihn am Arm und zog ihn durch die dicht gedrängte Menge zur Waterfront. Mit leuchtenden Augen deutete sie auf die Boote, die von Ruderteams mit nackten Oberkörpern durch das Hafenbecken gepaddelt wurden. »Ein Bootswettkampf!«
Von einem der weißen Kreuzfahrtschiffe dröhnte lautes Techno über das Wasser, He’s a pirate aus Pirates of the Caribbean 2 . Der mitreißende Rhythmus, der über das glatte Wasser hallte wie das Milleniumskonzert von Jean-Michel Jarre bei den Pyramiden, sollte die schwitzenden Ruderer anfeuern. Nur die gigantische Lightshow fehlte, was die Sonne über dem Schattenriss von Moorea und der feurige Abendhimmel aber leicht wieder wettmachten. Der frenetische Jubel der Tahitianer, die sich um sie herum am Kai drängten und ihn und Shainee beinahe ins Wasser stießen, war derselbe wie damals in der Wüste, daran erinnerte er sich noch genau. Tim blickte sich um. Wahnsinn! Die Stimmung war wirklich ausgelassen! Und der Kapitän des Kreuzfahrtschiffs hatte offenbar auch seinen Spaß: Drink up me hearties aus Pirates 3 brachte die Luft um sie herum zum Kochen. Shainee fing sogar an zu tanzen. Ihr Herumgealbere erinnerte ein wenig an einen Degenkampf mit Johnny Depp – als Tim sie damit aufzog, lachte sie. »Ha!«
Bald hatten die Ruderer die Yachten und Kreuzfahrtschiffe im Hafen weit hinter sich gelassen und steuerten hinaus in die Lagune. In dem kleinen Palmenpark hinter ihnen stimmten polynesische Trommler jetzt einen feurigen Rhythmus an, der sich nach und nach gegen das Gejohle und die über dem Wasser verhallende Musik durchsetzte.
Ein Blick auf die Uhr: kurz vor sechs. Tim deutete auf die Pickups und Minivans hinter ihnen. »Wie wär’s?«
Shainee nickte. »Yup.«
Gemeinsam streiften sie durch das Gedränge und Geschiebe zwischen den Roulottes und beobachteten die Köche in ihren improvisierten Garküchen mit Funken sprühenden Holzfeuern, Grillrosten über glühender Kohle und zischenden und fauchenden Woktöpfen. An einem der Stände wurde ein aufgespießtes Spanferkel zerlegt, der Duft war einfach yummy, und Tim lief das Wasser im Mund zusammen! Er drehte sich zu Shainee um. »Fisch oder Fleisch?«
Sie lächelte verschmitzt. »Ist die Frage ernst gemeint?«
»Eigentlich nicht!«, grinste er. »Sie besorgen das Essen, ich kümmere mich um die Getränke. Wir treffen uns dort drüben.« Er wies auf einige Klapptische mit Stofftischdecken direkt neben einem weißen Viermaster mit strahlender Deckbeleuchtung. An den Mastspitzen über den gerefften Segeln funkelten die Topplaternen. Der Segler lag direkt am Kai vor Anker. Ein toller Platz für ein Abendessen!
»Gibt es irgendetwas, das Sie nicht mögen?«, fragte sie.
»Geröstete Kakerlaken und frittierte Bambuswürmer.«
Sie kicherte, und ihre Augen blitzten. »Waren Sie im Dschungelcamp in Queensland? Oder auf Urlaub in Thailand?«
Im Dschungelcamp, dachte er. Aber in Kambodscha.
»Nachtmarkt in Chieng Rai«, sagte er stattdessen, und sie nickte wissend:
»When the going gets tough, the tough get going.«
Tim musste lachen. »And when the going gets rough, the tough get rough. Was ist, trinken Sie Bier?«
»Yup.«
»Foster’s?«
»Foster’s – Australian for beer?«, zitierte sie den bekannten Werbespruch der Brauerei mit einem echt niedlichen australischen Akzent. Offenbar kannte sie die witzige TV-Werbung ›How to speak Australian‹, die Kyle ohne Punkt und Komma aufsagen und nachspielen konnte. Sein Kleiner kannte alle Spots.
»Yeah«, grinste er.
»Den Mutigen gehört die Welt«, meinte sie trocken. Ihre Augen leuchteten im Schein des Funken sprühenden Grillfeuers.
Okay, er organisierte also einen Armvoll eisgekühlter Flaschen Bier und suchte sie. Shainee hatte tatsächlich einen Tisch neben dem großen Segler bekommen. Und das Essen stand auch schon auf dem Tisch. Asiatisches Gemüse aus dem Wok. Knuspriges Spanferkel. Roher Fisch in Limettenmarinade. Zum Nachtisch gab es gekochte Bananen in Kokossauce. Die Schalen auf dem Tisch erinnerten an ein rot-orange-violettes Stillleben von Paul Gauguin – nicht einmal die Tiare-Blüten fehlen. Gern hätte Tim ein traditionelles Südsee-Essen versucht: Dichte Rauchschwaden über einem
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