Lackschaden
Kommentar.
Wo mein Mann Golf spielt, ist ja eigentlich egal. Und wo er nicht da ist, somit auch. Auf Mallorca habe ich wenigstens gutes Wetter und in den Clubs gibt es normalerweise richtig gutes Essen. Man muss lernen, Vorteile zu sehen, selbst wenn sie fast unsichtbar sind. Mallorca – ich komme!
Ein wenig leid tut es mir um Rudi. Vielleicht hätte ihm ein Urlaub auch mal gut getan. Auch Claudia wird alles andere als begeistert sein. Urlaub mit Mama und Papa ist zwar nicht ihr höchstes Glück, aber besser als gar kein Urlaub dann doch. Mark hat ja immerhin sein Fußballcamp.
Noch sind zwei Wochen Zeit bis zum Abflug, da wird sich schon alles regeln. Und nur noch eine Woche Schule, dann bin ich schon mal ein Kind los. Wie despektierlich von mir. Aber eine kleine Auszeit kann das Verhältnis, auf beiden Seiten, doch sehr verbessern. Sind die Kinder da, rauben sie einem jeden Nerv, aber kaum sind sie weg, fängt man direkt an, sie zu vermissen. Sehr seltsam. Das hat die Natur gut eingerichtet.
Ich räume den Frühstückstisch ab und versuche die Küche wieder auf Vor-Pilz-Zeit zu trimmen. Christoph hat sich verkrümelt. Kaum stehen Tischabräumarbeiten an, muss er dringend mal wohin. Wie praktisch, dass sein Verdauungsorgan sich immer dann meldet, wenn es anderweitig öde Arbeiten zu erledigen gibt. Was für eine perfekte Synchronisation.
Als ich fast fertig bin, erscheint Christoph wieder auf der Bildfläche.
»Sorry, das hat irgendwie länger gedauert!«, informiert er mich.
Bitte keine Details, denke ich nur. Das hier, in der Küche, hat auch irgendwie länger gedauert. Aber jetzt liegt das Wochenende vor uns.
»Was machen wir heute?«, frage ich hoffnungsfroh. »Vielleicht mal wieder alle was zusammen?«
Christoph schaut nicht unbedingt begeistert, eher so, als stünde eine Wurzelbehandlung ohne Betäubung an.
»Na ja«, antwortet er verhalten, »eigentlich wollte ich zum Üben raus auf den Platz fahren, ich spiele doch morgen Turnier.«
Ich muss sagen, Golf fängt an, mir richtig auf den Wecker zu gehen. Wie soll ich mit einer Sportart konkurrieren? Und von dem morgigen Turnier habe ich auch noch nie gehört.
»Was für ein Turnier?«, frage ich deshalb noch mal nach.
»Andrea, das habe ich dir doch gesagt, das Sommerturnier vom Club, das Turnier der Saison ist morgen. Ich habe dich sogar gefragt, ob du abends zum Abschlussessen und der Siegerehrung kommen willst.«
Das muss ich überhört haben. Vielleicht ist meine Aufmerksamkeit in Bezug auf Christoph auch nicht mehr das, was sie mal war. Wenn bestimmte Schlagwörter fallen, schaltet mein Hirn sofort ab. Golf ist eines dieser Wörter. Ich atme, bevor ich antworte, dreimal gut durch.
»Morgen ist also Turnier. Tja, falls du mir das tatsächlich gesagt hast, habe ich es wohl vergessen. Aber ein bisschen Zeit für die Familie solltest du dir schon abzwacken. Dann machen wir heute was zusammen. Als Familie. Rudi tut es auch gut, wenn er mal rauskommt. Man soll ja eh nicht zuviel üben, das verkrampft.«
Meine Antwort verkrampft ihn allerdings auch. Er rollt mit den Augen und nickt.
»Einverstanden. Was machen wir? Senckenberg-Museum oder Zoo?«
Was für schöne Vorschläge! Allerdings für Drei- bis Zehnjährige. Ist ihm nicht aufgefallen, dass seine Kinder aus dem Zooalter raus sind? Das waren unsere Standardausflüge vor Jahren. Fast schon Jahrzehnten.
»Zoo? Mit Claudia und Mark in den Zoo? Glaubst du ernsthaft, die wollen in den Zoo?«
»Das Leben ist nicht nur ein Wollen!«, kontert er direkt.
Ja, das kann ich sofort unterschreiben. Mein Leben auf jeden Fall nicht.
»Dann geht ihr doch mal schön in den Zoo und macht euch einen herrlichen Vater-Kinder-Tag!«, schlage ich ihm vor. »Ich mache dann nämlich mal einen schönen Alleine-Tag! Nur für mich, denn morgen habe ich die Kinder und Rudi ja auch für mich!«
»Wenn du meinst!«, antwortet er pikiert.
»Abgemacht!«, sage ich nur, um weitere Debatten zu vermeiden und beende das Gespräch mit einem: »Dann viel Spaß euch allen!«
Ich habe einen freien Tag. Nur für mich. Ich werde in die Sauna gehen, mir eine Massage gönnen und einfach so rumliegen und nichts tun. Der Gedanke gefällt mir. Ich packe meine Saunatasche, rufe Sabine an und überrede sie, mitzugehen.
Sie murrt ein bisschen, »Im Sommer in die Sauna, das ist doch bekloppt«, aber ich bequatsche sie.
Mit Sabine bin ich wirklich gerne zusammen. Wir haben miteinander schon viel erlebt, und ich muss nicht viel
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