Lackschaden
Afrika! Und das habe ich mir ja nicht ausgesucht. Man kann ja nichts dafür, wo man reingeboren wird. Die da in Afrika können mein Abitur gerne haben! Oder selbst machen!«, motzt Claudia. »Von mir aus gehe ich halt arbeiten, ihr werdet schon sehen, was ihr davon habt!«
»Dann such dir einen Job, und dann sehen wir weiter!«, beendet Christoph das Thema.
»Isch helf dir!«, tuschelt Rudi und über Claudias Gesicht huscht ein Lächeln.
»Wenigstens einer!«, sagt sie und drückt ihrem Opa einen Kuss auf die Wange. »Kann ich aufstehen?«, fragt sie dann, und wir nicken.
Mark nutzt die Gunst der Stunde und entschwindet ebenfalls.
»Das treiben wir der schon aus!«, sagt Christoph. »Die kriegt sich schon wieder ein. Das sind Phasen.«
Sein Vater schaut ihn nicht gerade freundlich an: »Manchmal, Christoph, versteh isch dich net.«
Das geht mir genauso, aber ich unterdrücke die Bemerkung.
»Ich dich auch nicht, Papa. Zum Beispiel dann nicht, wenn ich auf unsere Haustür gucke. Was zum Teufel hat dich denn da geritten? Das ist ja wohl die scheußlichste Tür überhaupt. Die muss schleunigst wieder weg«, wehrt Christoph den vermeintlichen Angriff seines Vaters ab.
Schneller Themenwechsel, raffiniert. Jetzt ist auch noch Rudi beleidigt und behauptet mit pikierter Stimme, der Hund müsse mal raus.
»Ich geh emal mit em Karlchen, bis sich einer hier am Tisch beruhischt hat!«
Zu gern würde ich auch einfach aufstehen und verschwinden. In mein Zimmer. Wenn ich denn eines hätte. Seit Rudi bei uns wohnt, ist unser Reihenhaus platzmäßig ausgereizt. Er schläft im Keller, da wo wir früher unsere Rückzugsmöglichkeit zum Arbeiten hatten.
»Wir müssen noch über unseren Urlaub reden!«, schneide ich ein weiteres heikles Thema an. Christoph war dafür, in diesem Jahr einfach mal zu Hause zu bleiben. Für ihn sicherlich eine Abwechslung, so selten wie er zu Hause ist. Außerdem findet er unser Reihenhaus nicht mehr standesgemäß und will sparen. Auf ein adäquates Haus. Deshalb haben wir nichts gebucht, und die Ferien stehen vor der Tür. Ich hingegen liebe Urlaub. Es müssen ja nicht die Malediven sein, aber ein paar Tage andere Umgebung finde ich einfach immer wunderbar. Mal nicht kochen, waschen, spülen und wischen. Sich einfach an einen gedeckten Tisch setzen und nach dem Essen aufstehen. Schon deshalb habe ich keine Lust auf ein Ferienhaus. Wenn ich dieselben Dienstleistungen wie zu Hause verrichten muss, ist es für mich nicht besonders reizvoll, auch wenn dabei draußen die Sonne scheint.
»Tja, Andrea«, beginnt Christoph, »ich wollte ja eigentlich hier bleiben, aber jetzt habe ich eine wunderbare Überraschung.«
Er macht eine kunstvolle Pause.
»Du hast was gebucht? Wir fahren weg? Wohin?«, sprudelt es aus mir heraus.
»Mallorca, eine Woche«, antwortet Christoph.
Mallorca. Na ja, warum nicht. Wäre vielleicht nicht meine erste Wahl gewesen, aber weg ist weg und Mallorca soll ja besser sein als sein Ruf.
»Nur wir zwei. Die Kinder bleiben bei Rudi, der ist eingeweiht, also Mark ist ja eh im Fußball-Camp und Claudia kann ja dann arbeiten.«
Er will mit mir allein verreisen. Endlich mal eine schöne Nachricht.
»Nur wir zwei, wie wunderbar. Geht es in so ein schickes Finca-Hotel?«, freue ich mich.
»Fast«, nickt Christoph, »fast. Wir fahren in den Robinson Club, da gibt es eine Golfwoche. Schröders aus meinem Club kommen mit und Dollingers überlegen noch und dann noch Heides.«
Ich bin fassungslos. Der bucht eine Woche Golf-Urlaub mit Leuten, die ich, bis auf die Dollingers, nicht mal kenne und teilt mir das so mit, als würden wir auf einen wunderbaren Romantiktrip gehen.
»Golfwoche?«, sage ich nur und werde richtig zornig. »Was soll ich denn da? Vielleicht erinnerst du dich: Ich spiele kein Golf. Ich will kein Golf spielen. Ich will auch nicht mit wildfremden Menschen meinen Urlaub verbringen. Außerdem weiß ich gar nicht, ob ich frei bekomme«, beende ich meine Ausführungen.
»Kein Thema, ich habe mit deinem Chef, dem Lümmert, telefoniert. Du hast eine Woche unbezahlten Urlaub. Passt ihm sogar gut in den Kram. Die Auftragslage ist ja wohl zurzeit etwas angespannt. Und wegen der Leute – wir wohnen ja nur im gleichen Club. Jeder macht seins. Und die Gaby spielt ja auch kein Golf. Da könnt ihr doch schön zusammen am Pool liegen. Ihr versteht euch ja neuerdings blendend. Du könntest dich wenigstens freuen. Da präsentiere ich dir eine Überraschung, mache mir Gedanken
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