Lackschaden
Kati.
Drei Knüller in einem Satz. Nummer eins: Mit wem kann ich euch nicht sagen! Das kann ja nur bedeuten, dass wir denjenigen kennen. Ansonsten würde es ja keine Rolle spielen. Ist es etwa der Mann, von einer, die hier mit am Tisch sitzt? Meiner jedenfalls nicht, da bin ich mir sicher. Christoph steht auf einen anderen Typ Frau. Mehr so Upperclass-Tussi. Er mag Statussymbole, teure Klamotten, Schmuck und, wenn möglich, Platzreife! Auch die anderen am Tisch haben geschluckt, als Kati »mit wem kann ich euch nicht sagen« gesagt hat. Nummer zwei: Brazilian Waxing. Für mich mindestens genauso interessant. Eine Frau, die wahrscheinlich noch nie in ihrem Leben einen Lipgloss benutzt hat, die Nagellack albern findet, eine solche Frau geht zum Waxing? Ich muss fast lachen. Und dann hat sie frisch gewachst auch noch – Nummer drei – versauten Sex. Die Frau, deren Kinder für »böse Wörter« Strafe in ein kleines Sparschwein zahlen müssen. »Fluchzoll« nennt Kati das. Böse Wörter sind bei Kati schon Ausdrücke wie »Scheiße« oder »Arschloch«. Ich will hier jetzt nicht behaupten, dass diese Worte zum gepflegten Sprachschatz gehören, aber ehrlich gesagt, benutze ich beide Ausdrücke auch ab und an. Das Scheiße-Sagen bestrafen, und selbst versauten Sex haben. Interessante Kombi.
Anita fängt sich als Erste wieder. »Jetzt sag halt Kati!«, bettelt sie um Details, »Los, wir sagen es auch nicht weiter, wir wollen Namen!«
Kati schüttelt nur den Kopf: »Keine Chance, das geht halt einfach nicht. Glaubt es mir. Das wollt ihr gar nicht wirklich wissen!«
Jetzt werde ich doch ein wenig unsicher. Stimmt meine Logik? Ist es Männern nicht letztlich relativ egal, mit wem sie was haben? Bin ich mir über Christophs Vorlieben wirklich so im Klaren? Ich hätte ja auch nie gedacht, dass der mal Golf spielen würde. Und spricht nicht mein brachliegendes Sexleben dafür, dass er sich anderweitig austobt? Sind Männer, was ihr Sexleben angeht, nicht ziemlich flexibel? Paula scheint ähnliche Gedanken zu haben.
»Ist es einer von unseren Männern?«, fragt sie direkt. Sie klingt ein bisschen aggressiv.
»Keine weiteren Informationen«, antwortet Kati bestimmt, »aber regt euch nicht auf. Kein Grund zur Sorge.«
Was soll denn das nun wieder heißen? Ein eindeutiges Nein war das jedenfalls nicht. Ich bin am Grübeln. Aus vielerlei Gründen. Betrügen Männer ihre Frauen, weil sie zu Hause keinen Sex haben, oder weil sie nicht genug bekommen können und sowohl zu Hause als auch sonst wo jede Menge Sex haben wollen? Wie wäre es für mich, wenn Christoph der Mann wäre, mit dem Kati »versauten Sex« hat? Ich wäre wütend, keine Frage, gedemütigt, es wäre mir peinlich. Aber würde es mich unglücklich machen, mich verzweifeln lassen? Komischerweise eher nicht. Das jedenfalls ist mein erstes Gefühl. Und was sagt das jetzt über unsere Beziehung aus?
Anita unterbricht meine Gedanken.
»Die Nächste bitte!«, ermuntert sie die Runde. Anita, Anna, Leonie, Franzi und Jacky fehlen noch.
Ich bin unsicher, ob ich noch mehr hören will. Irgendwie zieht mich das hier mental runter.
Anita, die immerhin für alles verantwortlich ist, ergreift das Wort: »Bei uns ist zwei Mal die Woche normal. Die ganz große Leidenschaft ist weg, aber wir tun es einfach. Weil es dazugehört und manchmal ja auch eine nette Sache ist.«
Sex – eine nette Sache? Ist das nicht ein bisschen profan? Oder liegt hier einer meiner entscheidenden Denkfehler? Erwarte ich zu viel? Habe ich wenig Sex, weil ich ihm zu viel Bedeutung beimesse? Ist das die Krux? Sollte man es einfach tun, so wie man sich die Zähne putzt (vielleicht nur nicht ganz so oft!)?
»Wir haben feste Termine, damit wir dran denken«, unterbricht Leonie meine Gedanken.
»Termine für Sex?«, kommt prompt die erste erstaunte Nachfrage. »Ja«, bestätigt Leonie, »ich weiß, das hört sich schräg an, aber wenn wir keine Termine machen, dann kommen wir irgendwie nicht dazu. Es ist immer was anderes und mal ehrlich – wenn man weiß, man könnte jederzeit, dann tut man es oft nicht. Gerade weil man immer könnte. Rein theoretisch jedenfalls.«
Das, finde ich, ist eine interessante These.
»Ihr verabredet euch für Sex?«, will ich es genau wissen.
»Ja, so machen wir es. Anfang des Monats checken wir unsere Termine und so, wie wir ausmachen, wer zum Beispiel Kirsten zum Kieferorthopäden fährt, oder wer zum Elternabend geht, so klären wir auch, wann wir Sex haben. Drei
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