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Lackschaden

Lackschaden

Titel: Lackschaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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Überblick verschaffe, mir fehle Schraube«, klärt er mich auf.
    »Aber da waren doch Schrauben drin. Wo sind die denn?«, frage ich, möglicherweise etwas naiv, nach.
    »Des passt alles net gut, des war von der Konstruktion her irschendwie falsch. Was die heut en Zeusch mache!«, entrüstet sich mein Schwiegervater.
    Unsere Tür kann man leider nicht mehr schließen. Da, wo mal ein Sicherheitsschloss war, ist jetzt einfach nichts, ein Loch sozusagen.
    »So kann das aber nicht bleiben, Rudi!«, stelle ich klar.
    »Isch hab alles durchdacht«, antwortet er, und es hört sich fast schon ein wenig ärgerlich an. »Falls ich heut net fertisch werd, hol isch mir ne Matratze hier runner in en Flur und schlaf hier. Damit kaaner rein kann.«
    Welch großartige Idee. Ich würde mich mit Sicherheit sofort irrsinnig gut bewacht fühlen. Mein Schwiegervater als lebendes Türschloss! Wäre das alles nicht so lästig, müsste ich lachen. Früher konnte ich das gut: Über widrige Situationen lachen. Das fällt mir inzwischen sehr viel schwerer. Ich bin eben nicht so lässig, wie ich es gerne wäre.
    »Rudi, räum zusammen, ich rufe den Schlüsseldienst, und du kannst ganz normal im Bett übernachten.«
    »Des kommt überhaupt net in Frage!«, beschließt mein Schwiegervater und in seiner Stimme liegt eine Dominanz, von der in den letzten Wochen nichts zu spüren war. Eigentlich ganz erfreulich ihn mal wieder so zu hören.
    »Isch werd’s richten. Außerdem hab ich was über Schlüsseldienste gesehe, beim Meyer von der Akte. Und die habe gesagt, des sin alles Verbrächer. Die komme mer net in mein Haus. Nicht über diese Schwelle.«
    Ich könnte jetzt gemein sein und ihn kurz daran erinnern, wessen Haus das hier ist. Jedenfalls nicht seins. Und ehrlich gesagt, käme sowieso keiner über diese Schwelle, denn alles liegt voller Werkzeug.
    »Du müsstest mich nur ebe mal in de Baumarkt fahrn, damit ich des hol, was mer fehlt«, bekomme ich Anweisungen.
    Das hingegen fehlt mir gerade noch. Ein Ausflug zum Baumarkt. An meinem freien Tag. Phantastisch. Das war alles anders geplant. Ich merke, wie sich meine Mundwinkel nach unten ziehen.
    »Du musst damit aufhören, die Falten graben sich schon richtig ein!«, hat mir meine Mutter neulich gesagt. Charmant, aber wahr. Ich hasse diese Furchen, die sich von den Mundwinkeln abwärts ziehen. Man sieht so miesepetrig aus. Beherzt versuche ich ein Lächeln.
    »Rudi, die Kinder kommen mittags zum Essen nach Hause und vielleicht wäre es doch sicherer, wenn wir schnell den Schlüsseldienst rufen.«
    »Dann gäb mir dein Auto und isch erledige des eben!«, bietet er an.
    Rudi und mein Auto? Das hört sich nach einer unheilvollen Kombination an. Wenn das so ähnlich wie mit dem Türschloss endet? Rudi fährt seit einiger Zeit kein Auto mehr. Inge und er hatten jahrelang ein Wohnmobil, aber im letzten Jahr hat Christoph seinen Vater davon überzeugt, dass es auch ohne Auto ein Leben gibt.
    »Du fährst doch gar kein Auto mehr, Rudi!«, versuche ich ihm in Erinnerung zu rufen.
    »Abä ich kann es doch noch. Des verlernt mer doch net. Des is wie Fahrradfahrn, vor allem mit deinem klaane Autochen. Mer sin mit unserer Bertha dörsch ganz Europa!«
    Bertha war der Name von Rudis Wohnmobil. Es ist Zeit, diese Leih-Mir-Dein-Auto-Debatte zu beenden.
    »Nein, Rudi, das will ich nicht!«, sage ich entschlossen und fühle mich mal wieder schlecht. Das würde mir auch schön stinken, wenn mir jemand vorschreiben würde, wie lange ich Auto fahren darf.
    »Gut!«, kommt es beleidigt von Rudi, »dann nehm ich den Bus. So krank wie ich bin. Bitte sehr!«
    Er dreht sich um, steigt über das verstreute Werkzeug und stapft in sein Zimmer. Sieht sehr nach einer Form von Alterspubertät aus. Ich räume alles ein bisschen auf die Seite und lehne die kaputte Tür wenigstens an. Am liebsten würde ich zurück zu Anita gehen, mich an den Tisch setzen, mir ein paar dieser fettigen Mini-Croissants mit Shrimps in den Mund schieben und das hier einfach verdrängen. Aber das klappt ja doch nicht. Also versuche ich noch kurz, Rudi von seinem Vorhaben abzubringen, lasse ihn dann aber einfach gehen. Vielleicht tut es ihm gut. Er ist schon lange nicht mehr freiwillig aus dem Haus gegangen. Ein bisschen Abwechslung kann ja nicht schaden. Außerdem gehört mein Haus dann mal wieder kurz mir allein. Auch schön.
    Ich denke darüber nach, schnell den Schlüsseldienst zu holen, entscheide mich aber dagegen. Das wäre Rudi gegenüber

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