Lacunars Fluch 02 - Die Prinzen
Caelian, hier geht es um die Macht in Jawendor. Endlich werde ich dort herrschen, wo ich gehasst und verabscheut wurde, wo der tapfere Bagatur auf dem Pfahl endete und mir dasselbe Schicksal zugedacht war …«
»… vor dem dich Jaryn gerettet hat!«
»Dafür war ich ihm dankbar. Aber ein Mann ergreift die Gelegenheit, wenn sie sich bietet. Ich kann Jaryn nicht ewig dankbar sein. Die Dinge haben sich geändert, und die Würfel sind auf meine Seite gefallen. So ist das eben.«
»Und dafür würdest du einen Freund töten? Den eigenen Bruder?«
Rastafan sah Caelian aus schmalen Augen an. »Hast du schon einmal getötet?«
»Ich?«, fragte Caelian entsetzt. »Nein, natürlich nicht.«
»Ich schon. Und ich sage dir, es ist nichts Besonderes. Ich bin nicht auf seidenen Kissen zur Welt gekommen. Mein Leben war hart, und zu meinen Freunden zählte ich nur jene, die dieses Leben teilten – keine verzogenen Sonnenpriester.«
Caelian erhob sich totenbleich und streckte zitternd die Hand aus. »Der Fluch!«, stammelte er. »Der Fluch wird sich an dir erfüllen. Du bist der Prinz, den Razoreth wollte. Nicht Jaryn bedurfte der Prüfungen, sein Herz war nie verhärtet, nur irregeleitet. Aber keiner der drei Weisen wusste etwas von einem zweiten Prinzen; das war ihr Verhängnis. Das Böse, das sie glaubten, mit Jaryn zu verhindern – in dir wird es weiterleben.«
»Flüche!«, versetzte Rastafan verächtlich und packte Caelian, der sich anschickte, die Hütte zu verlassen, am Arm. »Auf dieser Welt muss ein Mann sich nehmen, was ihm zusteht, und das habe ich immer getan. Wohin willst du?«
»Weiß ich nicht. Nur weg von dir.«
»Du bleibst hier! Wenn du Mama Zira über den Weg läufst, ergeht es dir noch schlechter.«
Caelian spuckte ihn an, und Rastafan versetzte ihm eine Maulschelle. Dann stieß er ihn auf das Bett. »Danke irgendeinem Gott, dass Lacunar dein Vater ist, Caelian! Aber vielleicht hast du den Schlag ja auch genossen, wer weiß?« Er lachte höhnisch, ging hinaus und verriegelte die Hütte von außen.
19
Kardun, der persönliche Kammerdiener des Königs, trug den Kopf so hoch, dass zu befürchten stand, er könne jeden Augenblick stolpern, und sein längliches Gesicht war so blasiert, dass jeder Sonnenpriester noch etwas von ihm hätte lernen können. Er hatte die Gemächer des Prinzen ohne Anmeldung betreten. Der Türwächter hatte nicht gewagt, ihn am Eintreten zu hindern. Jaryn lag auf der Terrasse und las in einem Pergament. Er kannte Kardun vom Sehen, hatte aber noch nie ein Wort mit ihm gewechselt. Als er plötzlich vor ihm stand, sah er überrascht auf.
Kardun ersparte sich eine Verbeugung. »Euer Vater, der König, möchte Euch sprechen. Ich begleite Euch.«
Jaryn stieg der Zorn über das Benehmen Karduns bis in die Kehle hinauf. Es war klar, dass dieser ihm damit sagen wollte, er sei hier noch lange nicht Herr im Haus. Mit träger Bewegung legte er das Pergament zur Seite. »Ist es so dringend?«, fragte er gelangweilt, ohne Kardun eines Blickes zu würdigen.
Kardun hielt wohl drei Sekunden entrüstet den Atem an. »Der König verlangt nach Euch!«, stieß er mit seiner unangenehmen Fistelstimme hervor.
»Ich habe es vernommen. Geht schon voran, ich kenne den Weg.«
»Unmöglich. Ich muss Euch voranschreiten. Kennt Ihr die Etikette nicht?«
Wie kann sich mein Vater mit solchen Kreaturen umgeben? , dachte Jaryn flüchtig. Hat er das nötig? Ist sein Inneres so schwach, dass er sich hinter ihnen verstecken muss? Jaryn vergaß dabei, dass er vor Kurzem noch genauso mit seinen Dienern umgegangen war. Mit den Sklaven hatte er nicht einmal geredet.
»Mir scheint, Ihr selbst kennt die Etikette nicht, Kardun«, entgegnete er schneidend. »Bei mir tritt man nicht unangemeldet ein, nur weil der arme Türwächter sich vor euch fürchtet. Ich werde ihm bezüglich Eurer Person neue Anweisungen geben müssen. Und nun können wir gehen.«
Empört, aber ohne Widerwort drehte Kardun sich um. Jaryn folgte ihm. Kurz darauf wollte Kardun nach rechts abbiegen. Jaryn wusste, was er beabsichtigte: Kardun wollte mit ihm den langen Weg einschlagen. Er blieb stehen. »Kardun!«, rief er ihm befehlend zu. »Ihr schlagt die falsche Richtung ein. Das ist nicht der richtige Weg.«
Kardun blieb stehen. Verärgert sah er sich um. »Es ist der Weg zum König«, beharrte er.
»Zum König? Ja, für Domestiken. Nicht für mich. Für seinen Sohn gibt es einen wesentlich Kürzeren.«
Kardun stand stocksteif, dann gab
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