Lacunars Fluch, Teil 1: Der Auftrag (German Edition)
den Fugen. Er behandelt mich wie seinen Sklaven, er überschreitet Grenzen, er bedroht mich ernsthaft. Ich weiß nicht, wie ich mich gegen ihn wehren soll.«
»Beschwere dich bei Suthranna!«
Caelian schüttelte den Kopf. »Das wäre feige und der Sache nicht einmal dienlich. Ich weiß nicht, wozu Gaidaron fähig wäre, würde er davon erfahren, und selbst Suthranna könnte ihn nicht dauerhaft in die Schranken weisen. Nein, ich muss allein mit ihm fertig werden. Mir muss nur etwas einfallen.«
»Hm.« Auron wiegte den Kopf. »Gaidaron ist ein schwieriger Mensch. Das liegt daran, dass er zu sich selbst nicht das richtige Verhältnis hat. Wie du weißt, gehen viele königliche Beamte durch die Schule der Tempel, bevor sie ihr Amt antreten. Gaidaron wollte von Anfang an kein Mondpriester werden. Der Sonnentempel schien ihm höherwertiger, mächtiger und edler zu sein. Doch Saliman, sein Vater, war ein vernünftiger Mann. Er wusste, dass die Verlockungen des Sonnentempels nichts als schöner Schein sind, um das Volk zu beeindrucken.«
»Das habe ich längst begriffen. Ich wundere mich nur, dass dieser Betrug geduldet wird.«
Auron schüttelte nachsichtig lächelnd den Kopf. »Betrug? Oh nein. Die Menschen benötigen beides: die den Geist betäubenden Rituale und Zeremonien und unsere praktischen Erfahrungen. Wir heilen, bannen und lösen, doch vor allem sind wir schriftkundig und erledigen die gesamte Korrespondenz im Reich. Dadurch sind wir stets über alles informiert, haben Zugang zu den höchsten Kreisen und eine weitaus höhere Machtposition als der Sonnentempel. Das weiß auch Gaidaron inzwischen. Die Möglichkeiten, die ihm hier geboten wurden, waren weitaus günstiger für sein weiteres Fortkommen.«
»Dann ist er mit seiner Stellung als Mondpriester jetzt zufrieden? Was will er noch?«
»Nun, weil König Doron keinen Sohn hat, ist er der Thronerbe. Aber zum ersten Mal in unserer Geschichte würde jemand die Herrschaft übernehmen, der nicht in direkter Linie von der Fenraond-Dynastie abstammt. Das macht ihn unsicher, und er verbringt einen großen Teil seiner Zeit damit, Anhänger um sich zu scharen und seine Machtposition im Lande auszubauen, damit ihm nach König Dorons Tod keine Schwierigkeiten erwachsen.«
»Aber wer sollte ihm die Macht denn streitig machen? Es gibt keinen anderen Nachfolger aus königlichem Geblüt.«
»So sagt man. Aber es gibt Gerüchte, dass ein Sohn des Königs existiert. Auch Gaidaron hat davon erfahren.«
»Der geheimnisvolle Prinz!«, stieß Caelian hervor.
»Ja, es wird gemunkelt, dass er existiert und eines Tages hervortreten und den Thron für sich beanspruchen wird.«
»Bei Zarads Macht! Nach ihm suchen wir. Jaryn und ich. Suthranna hat mir aufgetragen, Jaryn bei dieser Suche zu unterstützen. Es ist seinetwegen, dass ich die Schriften studiere. Wir müssen eine Spur zu ihm finden.« Caelian schlug sich auf den Mund. »Verflixt, das war geheim.«
Auron lachte. »Bei mir sind alle Geheimnisse gut aufgehoben. Sieh nur zu, dass Gaidaron nichts davon erfährt. Aber wer ist Jaryn?«
»Oh, ein Sonnenpriester.« Caelian grinste verlegen. »Ich weiß schon, das klingt merkwürdig.«
»Überhaupt nicht. Ich teile diese absurden Vorurteile gegen die Sonnenpriester nicht. Ich hörte, auch unter ihnen gebe es einige vernünftige Köpfe. So ist Sagischvar mit Suthranna eng befreundet, aber sie halten es geheim, um im Verborgenen wirken zu können.«
»Es begann alles mit Anamarna«, fuhr Caelian eifrig fort, froh, seinem Herzen Luft machen zu können. »Jaryn hat es mir erzählt. Er soll diesen Prinzen finden, bevor Razoreth ihn in die Finger bekommt, weil dieser Prinz sonst im Sinne jenes dunklen Fürsten herrschen würde.«
»Ach ja?«, erwiderte Auron gedehnt.
Caelian wunderte sich über seine Reaktion, setzte aber seinen Redefluss fort: »Du siehst, edler Auron, wie unglaublich wichtig es ist, ihn zu finden, nur leider haben wir nicht die geringste Spur von ihm. Ich hoffe nun, in den Schriften etwas über ihn zu finden.«
Auron sah ihn nachdenklich an. Nach einem kleinen Zögern fragte er: »Und wenn ihr ihn gefunden habt, was dann?«
»Dann muss dieser Prinz irgendwie zum Guten bekehrt werden«, murmelte Caelian, weil er plötzlich selbst merkte, wie unglaubwürdig das klang.
»Zum Guten bekehren? So, so. Dann geht ihr also davon aus, dass dieser Prinz, so er existiert, zu diesem Zeitpunkt bereits böse ist?«
»Jaryn weiß es nicht genau. Es kommt wohl darauf an,
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