Lacunars Fluch, Teil 1: Der Auftrag (German Edition)
wahrscheinlich viel nötiger als du ihn. Zeige ihm, dass er dich auch verlieren kann, und dann warte ab, wie er sich verhält.«
»Aber wie soll ich mich ihm im Tempel entziehen?«
»Da ist doch dieser Jaryn. Ist er dein Freund?«
»Ja. Ein guter Freund.«
»Dann begebe dich zu ihm in den Sonnentempel. Bitte dort für einen gewissen Zeitraum um Asyl. Der Sonnentempel ist einer der wenigen Orte, wo Gaidaron nichts zu melden hat. Du und Jaryn, ihr arbeitet doch ohnehin zusammen.«
»Ich als Mondpriester soll in den Sonnentempel gehen? Aber Auron, das ist völlig unmöglich. Man wird mich nicht aufnehmen und selbst wenn, man wird mich verachten und hassen.«
»Nur die Dummköpfe. Zwei werden dich achten, Jaryn und Sagischvar. Du musst es versuchen.«
Caelian nickte nachdenklich. »Ja, versuchen kann ich es. Ich will nur noch einige Tage die Schriften studieren, ich möchte nicht mit leeren Händen bei Jaryn ankommen.«
»Natürlich, das hatte ich dir ja angeboten. Und noch eins, Caelian. Seid ihr schon auf den Gedanken gekommen, die Mutter jenes Prinzen zu suchen? Er muss doch eine Mutter gehabt haben, und diese müsste logischerweise im Palast gelebt haben.«
»Jaryn hat nach dieser Frau gesucht, und es gab eine Sklavin, die vor etwa zwanzig Jahren aus dem Palast geflohen ist. In Carneth glaubte er, eine Spur von ihr zu finden, aber auch die verlief im Sand. Wir wissen nicht, wo sich diese Frau aufhält.«
»Es ist nur ein kleiner Hinweis, und ich weiß nicht, ob er euch zum Ziele führt, aber ich kann mich an eine Frau erinnern, die vor Jahren hier im Mondtempel Zuflucht suchte. Sie werde verfolgt, sagte sie, und ich weiß, dass sie guter Hoffnung war.«
»Und wohin ging sie dann?«, fragte Caelian aufgeregt.
»Damals war Zardakion Oberpriester, er verstarb drei Jahre später, und Suthranna wurde sein Nachfolger. Soviel ich weiß, betraute Zardakion den Sohn eines Kaufmanns damit, die Frau unter seine Fittiche zu nehmen. Er war mit seiner Karawane auf dem Weg nach Achlad, und sie hatte behauptet, eine Achladierin zu sein. Er sollte sie also in ihre Heimat bringen. Doch der Zug wurde von Banditen überfallen und die Frau entführt. So hörte ich. Sie war wohl sehr schön.«
»Von Banditen? In welcher Gegend? Wie hieß die Frau? Wie hieß der Kaufmann?«, bestürmte Caelian den Archivar, während er gleichzeitig in Gedanken die Konsequenzen überflog, die eine Abstammung des Prinzen von einer Achladierin zur Folge haben könne.
»Hm, der Weg nach Achlad führt über die Rabenhügel, der Überfall wird sich dort zugetragen haben. Den Namen der Frau? Soweit ich mich erinnere, hatte sie ihren wahren Namen nie genannt. Aber sie hatte einen schönen Beinamen, den ich nicht vergessen habe: Er lautete Nachtblume.«
»Nachtblume«, murmelte Caelian. »Damit müsste doch etwas anzufangen sein. Und der Kaufmann?«
»Warte. Sein Vater hieß Ondian, war damals einer der reichsten Männer in Margan. Und sein Sohn – er wohnt immer noch in demselben Haus. Ein rechtes Schlitzohr soll er sein. Ja, jetzt fällt mir sein Name ein: Orchan. Er heißt Orchan. Aber ich glaube, zurzeit bereist er die Dörfer im Land, um irgendeinen schäbigen Befehl König Dorons und seines Henkers Borrak zu befolgen.«
Caelian sprang auf, umarmte den verdutzten Auron und gab ihm auf jede Wange einen schmatzenden Kuss. »Danke, danke! Diesen Orchan kennen wir gut. Wir waren ja mit ihm unterwegs, und dieser Befehl Dorons wurde vereitelt. Orchan hat die Knaben bereits in ihre Dörfer zurückgebracht.«
Auron strahlte über das ganze Gesicht. »Das ist eine gute Nachricht. Ja, du musst Orchan fragen, was aus der Frau geworden ist, er muss es am besten wissen. Ich wünsche euch, dass es die richtige Frau ist.«
»Das muss ich unbedingt Jaryn erzählen.« Caelian zögerte. »Aber Gaidaron wird mir auflauern.«
»Ich kenne einen Hinterausgang. Sag mir Bescheid, wenn du gehen willst, dann bringe ich dich hinaus. Ich hoffe, du erzählst mir dann auch, wie es ausgegangen ist. Ein alter einsamer Mann plaudert gern mit so netten und vernünftigen Männern, wie du einer bist, Caelian.«
Dieser wurde rot. »Ich bin dir zu großem Dank verpflichtet.«
»Ach was. Und im Übrigen: Ich würde dich gern als meinen Nachfolger sehen. Könntest du dir das vorstellen?«
»Was, ich? Ich verstehe doch davon gar nichts.«
»Du kannst lesen, oder? Da sind die Listen, aber sie allein bewirken nichts. Mein Nachfolger braucht Leidenschaft für das Amt. Du bist
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