Lacunars Fluch, Teil 4: Rastafans Buße (German Edition)
bekommen.«
»Hat er denn Beweise?«
Rastafan zuckte die Achseln. »Soweit ich weiß, nicht. Er hat es sich aus mehreren Hinweisen selbst zusammengereimt.«
Suthranna winkte ab. »Dann vergesst es. Mit solchen Gerüchten macht sich Gaidaron nur lächerlich. Solange er Jaryn nicht persönlich auf den Stufen des Sonnentempels abliefert, mag er verbreiten, was er will.«
»Ihr seht also keine Gefahr? Aber weshalb wollt Ihr dann abdanken?«
Suthranna räusperte sich. »Seht Ihr, ich hatte mich schon seit Längerem mit der Absicht getragen, den Rest meines Lebens in Abgeschiedenheit zu verbringen. Und da kam mir die Angelegenheit gerade recht.«
»Welche Angelegenheit?«
»Ich gestehe, Gaidaron hat mich angesprochen. Zuerst hatte er nur vage Bemerkungen gemacht, doch dann ganz unverhüllt den Wunsch geäußert, Oberpriester zu werden. Ich hätte darüber lachen können, aber er deutete an, Ihr wäret mit ihm einer Meinung und ich würde noch von Euch hören. Das verwunderte mich. Als er meine Zweifel bemerkte, platzte er damit heraus, es gebe gar keinen anderen Ausweg. Ich fand diese Aussage seltsam, ließ mir aber nichts anmerken und wartete. Aber Ihr seid nicht zu mir gekommen. Daher habe ich Euch aufgesucht. Ich vermutete schon, dass es sich wieder einmal um eine Machenschaft Gaidarons handelte. Und nun habt Ihr es mir bestätigt.«
Rastafan stieß ein Knurren aus. »Ihr hättet mich bloß zu fragen brauchen.«
»Vielleicht wäret Ihr ausgewichen, weil niemand wissen sollte, dass Gaidaron Euch erpresst.«
»Hm, da mögt Ihr Recht haben. Ihr wollt ihn also zu Eurem Nachfolger machen?«
»Er ist ein kluger und fähiger Mann und mit seiner Arbeit unterfordert, das schafft üble Gedanken.«
»Weil er einen üblen Charakter hat.«
»Oh ja, er ist hochmütig, aufbrausend und nachtragend, aber unzweifelhaft besitzt er herausragende Fähigkeiten. An die richtige Stelle gesetzt, könnte aus ihm ein nützlicher und damit zufriedener Mensch werden. Der Zeitpunkt scheint mir günstig, denn Gaidaron wird das Amt unter einem gerechten König antreten. Ihr, Rastafan, seid der Mann, der ihn zu nehmen und zu lenken weiß.«
»Ihr überschätzt mich, Suthranna. Ihr habt Gewalt über ihn, auf Euch hört er.«
Suthranna lächelte. »So sollte es sein, aber leider ist das nicht der Fall. Zwischen euch beiden jedoch – wie soll ich es ausdrücken – gibt es etwas, das zwischen mir und Gaidaron nicht existiert.«
»Ich weiß nicht«, erwiderte Rastafan zögernd, »ob wir beide an dasselbe denken.«
»Ich glaube schon.«
»Dann lasst Euch sagen, dass dieser Umstand kaum eine Rolle spielt.«
»Für Euch vielleicht nicht, aber für Gaidaron durchaus. Ihr seid ihm wichtig.«
»Ihr wolltet meine Meinung hören, Suthranna. Ich traue Gaidaron nicht, aber ich fürchte ihn auch nicht. Wenn Ihr glaubt, ich könne mit ihm fertig werden, dann will ich dieses Vertrauen nicht enttäuschen. Darf ich Euch fragen, was Ihr für Eure Zukunft plant?«
»Ich werde zu Anamarna an die Kurdurquelle gehen, um dort mit einem alten Freund meine restlichen Tage zu beschließen.«
»Oh, die Kurdurquelle. Beim Gehörnten, ich beneide Euch. Am liebsten würde ich Euch begleiten und Gaidaron meinen Thron vor die Füße werfen. Mag er damit glücklich werden!«
Suthranna lächelte. »Er vielleicht, aber weder Ihr noch Jawendor.«
»Sagt mir, Suthranna, werde ich Jaryn jemals wiedersehen?«
»Davon bin ich überzeugt.«
»Ach, Ihr wollt mich nur beruhigen. Wisst Ihr wirklich nicht, wo er sich aufhält? Bitte sagt es mir! Ich werde ihm nichts antun. Ich möchte ihn nur noch einmal sehen.«
»Rastafan, ich weiß nicht, wo Jaryn sich aufhält, das schwöre ich. Ich vermute, dass er mit Caelian in Achlad ist. Er hat dort viele Verwandte und Freunde.«
»Ich könnte Kundschafter …«
»Nein! Das würde ich nicht tun. Ihr möchtet Jaryn wiedersehen, aber bedenkt, dass er das wahrscheinlich nicht will. Und das ist auch vernünftig. Ein Wiedersehen würde nur alte Wunden aufbrechen lassen, die ihr aber nicht zu heilen vermögt. Ob Ihr Jaryn liebt, ob er Euch hasst: Ein Wiedersehen würde nur Öl ins Feuer gießen und Eure Gefühle hell auflodern lassen. Niemand könnte sie löschen, da ein Zusammenleben unmöglich ist.«
»Er hasst mich nicht«, murmelte Rastafan. »Er hat mich mit seinem Hemd verbunden.«
»Das ist Menschenpflicht, nichts weiter. Er hätte auch einem verletzten Hund geholfen, nehme ich an.«
»Vielleicht habt Ihr Recht. Wann
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