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L'Adultera

L'Adultera

Titel: L'Adultera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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    sichert hatte, »er spräche schon vorweg im Grab-
    steinstil. Nur nicht so kurz«. Aber heute sprach er kurz und pries auch keinen, am wenigsten ü-
    berschwenglich, und war nur müd und angegriffen,
    denn es war der zweite Feiertagabend. Und so kam
    es, daß sie nichts Rechtes für ihr Herz finden konnte, bis es zuletzt hieß: »Und nun, andächtige Gemeinde, wollen wir den vorletzten Vers unsres Osterliedes
    singen.« Und in demselben Augenblicke summte
    wieder die Orgel und zitterte, wie wenn sie sich erst ein Herz fassen oder einen Anlauf nehmen müsse,
    und als es endlich voll und mächtig an dem hohen
    Gewölbe hinklang und die Spittelfrauen mit ihren
    zittrigen Stimmen einfielen, rückten zwei von den
    kleinen Mädchen halb schüchtern an Melanie heran
    und gaben ihr ihr Gesangbuch und zeigten auf die
    Stelle. Und sie sang mit:
    »Du lebst, du bist in Nacht mein Licht,
    Mein Trost in Not und Plagen,
    Du weißt, was alles mir gebricht,
    Du wirst mir's nicht versagen.«
    Und bei der letzten Zeile reichte sie den Kindern das Buch zurück und dankte freundlich und wandte sich
    ab, um ihre Bewegung zu verbergen. Dann aber
    murmelte sie Worte, die ein Gebet vorstellen sollten und es vor dem Ohre dessen, der die Regungen unseres Herzens hört, auch wohl waren, und verließ die Kirche so still und seitab, wie sie gekommen war.

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    In ihre Wohnung zurückgekehrt, fand sie Rubehn an
    seinem Arbeitstische vor. Er las einen Brief, den er, als sie eintrat, beiseite schob. Und er ging ihr entgegen und nahm ihre Hand und führte sie nach ihrem
    Sofaplatz.
    »Du warst fort?« sagte er, während er sich wieder
    setzte.
    »Ja, Freund. In der Stadt... In der Kirche.«
    »In der Kirche! Was hast du da gesucht?«
    »Trost.«
    Er schwieg und seufzte schwer. Und sie sah nun, daß der Augenblick da war, wo sich's entscheiden müsse.
    Und sie sprang auf und lief auf ihn zu und warf sich vor ihm nieder und legte beide Arme auf seine Knie:
    »Sage mir, was es ist? Habe Mitleid mit mir, mit
    meinem armen Herzen. Sieh, die Menschen haben
    mich aufgegeben, und meine Kinder haben sich von
    mir abgewandt. Ach, so schwer es war, ich hätt' es
    tragen können. Aber daß du dich abwendest von mir, das trag' ich nicht.«
    »Ich wende mich nicht ab von dir.«
    »Nicht mit deinem Auge, wiewohl es mich nicht mehr
    sieht, aber mit deinem Herzen. Sprich, mein Einzi-
    ger, was ist es? Es ist nicht Eifersucht, was mich
    quält. Ich könnte keine Stunde leben mehr, wär' es

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    das. Aber ein anderes ist es, was mich ängstigt, ein anderes, nicht viel Besseres: ich habe deine Liebe
    nicht mehr. Das ist mir klar, und unklar ist mir nur das eine, wodurch ich sie verscherzt. Ist es der
    Bann, unter dem ich lebe und den du mit zu tragen
    hast? Oder ist es, daß ich so wenig Licht und Son-
    nenschein in dein Leben gebracht und unsere Ein-
    samkeit auch noch in Betrübsamkeit verwandelt ha-
    be? Oder ist es, daß du mir mißtraust? Ist es der
    Gedanke an das alte ›Heute dir und morgen mir‹. O
    sprich. Ich will dich nicht leiden sehen. Ich werde weniger unglücklich sein, wenn ich dich glücklich
    weiß. Auch getrennt von dir. Ich will gehen, jede
    Stunde. Verlang es, und ich tu' es. Aber reiße mich aus dieser Ungewißheit. Sage mir, was es ist, was
    dich drückt, was dir das Leben vergällt und verbit-
    tert. Sage mir's. Sprich.«
    Er fuhr sich über Stirn und Auge, dann nahm er den
    beiseite geschobenen Brief und sagte: »Lies.«
    Melanie faltete das Blatt auseinander. Es waren Zeilen vom alten Rubehn, dessen Handschrift sie sehr
    wohl kannte. Und nun las sie: »Frankfurt, Ostersonntag. Ausgleich gescheitert. Arrangiere, was sich ar-rangieren läßt. In spätestens acht Tagen muß ich
    unsere Zahlungseinstellung aussprechen. M. R....«
    In Rubehns Mienen ließ sich, als sie las, erkennen, daß er einer neuen Erschütterung gewärtig war. Aber wie sehr hatte er sie verkannt, sie, die viel, viel mehr war als ein bloß verwöhnter Liebling der Gesellschaft, und eh ihm noch Zeit blieb, über seinen Irrtum nach-192
    zudenken, hatte sie sich schon in einem wahren
    Freudenjubel erhoben und ihn umarmt und geküßt
    und wieder umarmt.
    »Oh, nur das!... Oh, nun wird alles wieder gut... Und was eurem Hause Unglück bedeutet, mir bedeutet es
    Glück, und nun weiß ich es, es kommt alles wieder in Schick und Richtung, weit über all mein Hoffen und
    Erwarten hinaus... Als ich damals ging und das letzte Gespräch mit ihm hatte, sieh, da sprach ich

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