L'Adultera
und jetzt ist alles Vertiko!«
Er war nicht überzeugt, seine praktisch-patrizische Natur glaubte nicht an die Dauer solcher Erregungen, aber er sagte doch: »Es sei. Versuchen wir's. Also
ein neues Leben, Melanie!«
»Ein neues Leben! Und das erste ist, wir geben diese Wohnung auf und suchen uns eine bescheidenere
Stelle. Mansarde klingt freilich anspruchslos genug, aber dieser Trumeau und diese Bronzen sind um so
anspruchsvoller. Ich habe nichts gelernt, und das ist gut, denn wie die meisten, die nichts gelernt haben, weiß ich allerlei. Und mit Toussaint L'Ouverture fangen wir an, nein, nein, mit Toussaint-Langenscheidt, und in acht Tagen oder doch spätestens in vier Wochen geb' ich meine erste Stunde. Wozu bin ich eine Genferin! Und nun sage: Willst du? Glaubst du?«
»Ja.«
»Topp.«
Und sie schlug in seine Hand und zog ihn unter La-
chen und Scherzen in das Nebenzimmer, wo das
Vrenel in Abwesenheit des Dieners eben den Teetisch arrangiert hatte.
Und sie hatten an diesem Unglückstage wieder einen
ersten glücklichen Tag.
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Versöhnt
Und Melanie nahm es ernst mit jedem Worte, das sie
gesagt hatte. Sie hatte dabei ganz ihre Frische wieder, und eh ein Monat um war, war die modern und
elegant eingerichtete Wohnung gegen eine schlichte-
re vertauscht, und das Stundengeben hatte begon-
nen. Ihre Kenntnis des Französischen und beinahe
mehr noch ihr glänzendes musikalisches, auch nach
der technischen Seite hin vollkommen ausgebildetes
Talent hatten es ihr leicht gemacht, eine Stellung zu gewinnen, und zwar in ein paar großen schlesischen
Häusern, die gerade vornehm genug waren, den Ta-
gesklatsch ignorieren zu können.
Und bald sollte es sich herausstellen, wie nötig diese raschen und resoluten Schritte gewesen waren, denn
der Zusammensturz erfolgte jäher als erwartet, und
jede Form der Einschränkung erwies sich als gebo-
ten, wenn nicht mit der finanziellen Reputation des großen Hauses auch die bürgerliche verloren gehen
sollte. Jede neue Nachricht, von Frankfurt her, bes-tätigte dies, und Rubehn, der anfangs nur allzu ge-
neigt gewesen war, den Eifer Melanies für eine bloße Opfercaprice zu nehmen, sah sich alsbald gezwun-gen, ihrem Beispiele zu folgen. Er trat als amerikanischer Korrespondent in ein Bankhaus ein, zunächst
mit nur geringem Gehalt, und war überrascht und
glücklich zugleich, die berühmte Poetenweisheit von der »kleinsten Hütte« schließlich an sich selber in Erfüllung gehn zu sehn.
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Und nun folgten idyllische Wochen, und jeden neuen
Morgen, wenn sie von der Wilmersdorfer Feldmark
her am Rande des Tiergartens hin ihren Weg nah-
men und an ihrer alten Wohnung vorüberkamen,
sahen sie zu der eleganten Mansarde hinauf und at-
meten freier, wenn sie der zurückliegenden schweren und sorgenreichen Tage gedachten. Und dann bogen
sie plaudernd in die schmalen, schattigen Gänge des Parkes ein, bis sie zuletzt unter der schrägliegenden Hängeweide fort, die zwischen dem Königsdenkmal
und der Louiseninsel steht und hier beinahe den Weg sperrt, in die breite Tiergartenstraße wieder einmündeten. Den schrägliegenden Baum aber nannten sie
scherzhaft ihren Zoll- und Schlagbaum, weil sich
dicht hinter demselben ein Leiermann postiert hatte, dem sie Tag um Tag ihren Wegezoll entrichten muß-
ten. Er kannte sie schon, und während er die große
Mehrheit, als wären es Steuerdefraudanten, mit ei-
nem zornig-verächtlichen Blicke verfolgte, zog er vor unserem jungen Paare regelmäßig seine Militärmüt-ze. Ganz aber konnt' er sich auch ihnen gegenüber
nicht zwingen und verleugnen, und als sie den schon Pflicht gewordenen Zoll eines Tages vergessen oder
vielleicht auch absichtlich nicht entrichtet hatten, hörten sie, daß er die Kurbel in Wut und Heftigkeit noch dreimal drehte und dann so jäh und plötzlich
abbrach, daß ihnen ein paar unfertige Töne wie
Knurr- und Scheltworte nachklangen. Melanie sagte:
»Wir dürfen es mit niemand verderben, Ruben;
Freundschaft ist heuer rar.« Und sie wandte sich
wieder um und ging auf den Alten zu und gab ihm.
Aber er dankte nicht, weil er noch immer in halber
Empörung war.
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Und so verging der Sommer, und der Herbst kam,
und als das Laub sich zu färben und an den Ahorn-
und Platanenbäumen auch schon abzufallen begann,
da hatte sich bei denen, die Tag um Tag unter diesen Bäumen hinschritten, manches geändert, und zwar
zum Guten geändert. Wohl hieß es auch jetzt noch,
wenn
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