Lady Almina und das wahre Downton Abbey: Das Vermächtnis von Highclere Castle (German Edition)
abwechselnd von zwei liebevollen, jedoch schon ein wenig betagten Tanten aufgezogen – ein etwas chaotisches Arrangement, das vor allem die beiden älteren Geschwister eng zusammenschweißte. Wie sein eigener Sohn später vermuten sollte, mag der Verlust der Mutter in solch jungen Jahren einen Gutteil zu dem verschlossenen Wesen des 5. Earls of Carnarvon beigetragen haben.
Die Wochenendveranstaltungen auf Highclere Castle wurden ausgesetzt, als die Familie in die offizielle Phase der Trauer eintrat. Im England des 19. Jahrhunderts galt vor allem seit Königin Victorias Entscheidung, sich nach dem Tod ihres Gemahls Prince Albert im Dezember 1861 aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen, strenge Regeln für das Verhalten nach einem Trauerfall. Ein spezieller Kleidungsstil war gefordert, und von den Hinterbliebenen wurde erwartet, dem gesellschaftlichen Leben fernzubleiben. Ein Witwer trug in der Regel ein Jahr lang einen schwarzen Gehrock, die Kinder waren mindestens sechs Monate lang in Schwarz gekleidet, um dem Tod eines Elternteils Ausdruck zu verleihen. Sogar die Dienerschaft legte schwarze Armbinden an. Nach dem Tod eines engen Angehörigen war es keiner Dame und keinem Herrn von Stand gestattet, Bälle zu besuchen, geschweige denn, sie selbst zu veranstalten.
Nach angemessener Zeit gelangte der 4. Earl zu dem Entschluss, dass das Leben weitergehen müsse. 1878 betrat er bei einem Verwandtschaftsbesuch in Greystoke Castle im Lake District ein Haus voller Lachen und angeregter Konversation. Für den Earl muss diese Reise wie eine Rückkehr ins Leben gewesen sein, die schließlich zu einem Heiratsantrag an seine Cousine Elizabeth (Elsie) Howard führte. Elsie war mit 22 Jahren 25 Jahre jünger als er. Aus der sehr glücklichen, 12 Jahre andauernden Ehe gingen zwei Söhne, Aubrey und Mervyn, hervor. Lady Phillimore, eine Freundin des Earls, schrieb an ihren Mann: »Sie sind sehr glücklich, die beiden, und verströmen nur eitel Sonnenschein.«
Zweifellos wurde auch für die Kinder aus erster Ehe dank der Stiefmutter, zu der sie bis zuletzt eine innige Beziehung hegten, das Leben unbeschwerter. Da Elsie warmherzigen, mütterlichen Wesens war, bedeutete ihre Anwesenheit auf Highclere Castle für Porchy, der ein kränkliches Kind gewesen war, sich wieder eines gefestigten Zuhauses gewiss zu sein. Außerdem konnte die Rolle des Anwesens als gesellschaftliches und politisches Zentrum wiederbelebt werden.
Mochte Elsie auch nachsichtig sein, ließ Porchys Vater keinen Zweifel daran, dass Disziplin und Fleiß für einen Mann, der einmal beträchtliche Pflichten übernehmen würde, erstrebenswerte Eigenschaften waren. Der 4. Earl liebte Schabernack, doch er stellte sein Handeln mit großer Ernsthaftigkeit in den Dienst der Öffentlichkeit – sowohl auf Highclere als auch in den Ämtern, die er bekleidete. Er erwartete von seinem Sohn, dass dieser sich dem Studium zuwandte. »Eine gute Bildung ist das beste Erbe, das wir unseren Kindern mitgeben können«, erklärte er.
Porchy entdeckte zwar seine Liebe zu Büchern und zum Lesen – sein »größter Trost« –, den akademischen Fleiß seines Vaters hatte er jedoch nicht geerbt. Er verließ Eton, ohne einen Abschluss zu machen. Für kurze Zeit zog er eine militärische Laufbahn in Betracht, da er jedoch bei der Musterung durchfiel, begann er, um die Welt zu reisen. Glücklicherweise war sein Vater großzügig und wohlwollend und konnte aufgrund seiner eigenen Leidenschaft für das Reisen die Rastlosigkeit seines Sprösslings gut nachvollziehen. Obwohl sich der 4. Earl gelegentlich über Porchys Hang zum Leichtsinn ärgerte, schätzte er doch die natürliche Intelligenz und Neugier seines Erben. Für Porchys Ausbildung wurde gesorgt, indem ein Hauslehrer mit ihm reiste. Deshalb sprach der junge Mann einigermaßen fließend Deutsch und Französisch und war auch in den alten Sprachen bewandert. Außerdem wurde er in Mathematik, Musik und Geschichte unterrichtet.
Zwei Jahre später besuchte Porchy das Trinity College in Cambridge, wo er sich als Erstes erbot, in seinem Zimmer die Farbe von den Wänden zu schaben, um die ursprüngliche Holzvertäfelung freizulegen. Er liebte die Antiquitätengeschäfte der Stadt und war häufiger auf der Rennbahn von Newmarket zu finden als in der Bibliothek. Porchy hielt sein Studium zwei Jahre lang durch, dann erwarb er die 33 Meter lange Jacht Aphrodite und segelte damit von Vigo zu den Kapverdischen Inseln und von den Karibischen
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