Lady Chatterley (German Edition)
gut. Diese kaltherzige Fickerei – das ist mörderisch und verrückt.»
«Aber du fickst mich nicht kaltherzig!» protestierte sie.
«Ich will dich überhaupt nicht ficken. Mein Herz ist gerade jetzt so kalt wie kalte Kartoffeln.»
«Oh!» machte sie und küßte ihn mit leisem Spott, «wir wollen sie lieber sautées haben.» Er lachte und setzte sich aufrecht.
«Es ist tatsächlich so», sagte er. «Alles kommt auf ein bißchen Warmherzigkeit an. Aber die Weiber wollen es nicht. Sogar du willst es nicht wirklich. Du willst eine gute, scharfe, zügige, kaltherzige Fickerei und dann so tun, als sei alles Zucker. Wo ist deine Zärtlichkeit? Du stehst genauso argwöhnisch vor mir wie ’ne Katze vorm Hund. Du kannst mir glauben, sogar zum Zärtlich- und Warmherzigsein gehören zwei. Du findest Ficken schon ganz in Ordnung, aber du willst, daß es etwas Großes, Geheimnisvolles sein soll, nur um deiner eigenen Wichtigkeit zu schmeicheln. Du bist dir selber viel wichtiger als jeder Mann oder das Zusammensein mit einem Mann.»
«Aber das wollte ich ja gerade von dir sagen: du bist dir selber alles!»
«Na schön, dann eben», sagte er und machte eine Bewegung, als wolle er aufstehen. «Dann laß uns auseinandergehen. Lieber sterben als noch einmal kaltherzig ficken.»
Sie rutschte weg von ihm, und er stand auf.
«Und glaubst du, ich will das?» fragte sie.
«Hoffentlich nicht», entgegnete er. «Aber jedenfalls geh du jetzt ins Bett – ich schlafe hier unten.»
Sie sah ihn an. Er war blaß, seine Stirn war umwölkt, und er wich so weit von ihr zurück – war so fern wie der kalte Pol. Die Männer waren sich alle gleich.
«Ich kann nicht vor morgen früh nach Hause gehen», sagte sie. «Nein. Geh zu Bett. Es ist Viertel vor eins.»
«Das will ich ganz bestimmt nicht», sagte sie.
Er ging durchs Zimmer und nahm seine Stiefel.
«Dann gehe ich hinaus!» sagte er.
Er fing an, sich die Stiefel anzuziehen. Sie starrte ihn an.
«Warte!» stammelte sie. «Warte! Was ist nur zwischen uns gekommen?»
Er saß vornübergebeugt, schnürte den einen Stiefel zu und antwortete ihr nicht. Die Augenblicke verstrichen. Eine Dumpfheit kam über sie – wie eine Ohnmacht war es. Ihr ganzes Bewußtsein erstarb, und sie stand dort, weitäugig, und starrte ihn aus dem Unbekannten an und wußte nichts mehr.
Er sah auf, weil es so still war, und sah sie mit weiten Augen und verloren dastehen. Und wie wenn ein Wind ihn zu ihr wehte, stand er auf und humpelte hin zu ihr, nur einen Schuh an, und nahm sie in die Arme, preßte sie gegen seinen Leib, der sich so tief verwundet fühlte. Und da hielt er sie, und da blieb sie.
Bis seine Hände blind hinuntertasteten und nach ihr suchten, unter den Kleidern nach ihr suchten, dort, wo sie weich und warm war.
«Mein Mädchen!» murmelte er. «Mein kleines Mädchen! Laß uns nicht miteinander zanken! Laß uns nie mehr miteinander zanken! Ich lieb dich, und ich berühr dich so gern. Zank nicht mit mir! Tu’s nicht! Tu’s nicht! Tu’s nicht! Laß uns zusammen sein!»
Sie hob das Gesicht und sah ihn an.
«Reg dich nicht auf», sagte sie gefaßt, «es hat doch keinen Sinn, sich aufzuregen. Willst du wirklich mit mir zusammen sein?»
Mit großen, ruhigen Augen sah sie ihm ins Gesicht. Er hielt inne und wurde plötzlich still, drehte das Gesicht zur Seite. Sein ganzer Körper wurde still, vollkommen still, doch er zog sich nicht zurück.
Dann hob er den Kopf und sah ihr in die Augen, und mit seinem sonderbaren, leicht spöttischen Grinsen sagte er: «Doch, doch! Laß uns zusammen sein, bis daß der Tod uns scheide.»
«Aber wirklich?» fragte sie, und ihre Augen füllten sich mit Tränen.
«Ja, wirklich. Mit Herz und Bauch und Schwanz.»
Er lächelte noch immer auf sie herab – mit einem spöttischen Flackern in den Augen und einer leisen Bitterkeit.
Sie weinte still, und er legte sich zu ihr und kam in sie, auf dem Teppich vor dem Herd, und so gewannen sie ein wenig ihren Gleichmut zurück. Dann gingen sie schnell zu Bett, denn es wurde kalt, und sie hatten einander müde gemacht. Und sie schmiegte sich an ihn, fühlte sich klein und ganz umschlossen, und sie schliefen beide zusammen ein, schliefen einen tiefen Schlaf. So lagen sie und rührten sich nicht mehr, bis die Sonne überm Wald aufstieg und der Tag begann.
Da wachte er auf und sah ins Licht. Die Vorhänge waren zugezogen. Er lauschte den wilden, lauten Rufen der Amseln und Drosseln im Wald. Es mußte ein strahlender Morgen
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