Lady Chatterley (German Edition)
«Dann mißtraust du nicht, oder?»
«Nein – leider! Gerade deswegen bin ich ja in all die Unannehmlichkeiten gekommen. Und darum ist mein Kopf ja auch so mißtrauisch.»
«Laß deinen Kopf nur mißtrauisch sein! Was macht das schon!»
Der Hund auf der Matte japste unbehaglich. Das veraschte Feuer sank zusammen.
«Wir zwei sind schon ein Paar arg mitgenommener Kämpfer», sagte Connie.
«Bist du auch mitgenommen?» fragte er lachend. «Und jetzt stürzen wir uns schon wieder ins Getümmel!»
«Ja! Ich habe richtig Angst.»
«Hm.»
Er stand auf und stellte ihre Schuhe zum Trocknen hin und wischte seine eigenen ab und stellte sie auch ans Feuer. Am Morgen würde er sie einfetten. Er kratzte die Asche der Bildpappe aus dem Feuer, soweit es ging. «Sogar verbrannt ist es noch widerlich», sagte er. Dann holte er Holzscheite herein und legte sie für den Morgen auf dem Herdblech bereit. Dann ging er mit dem Hund eine Weile hinaus.
Als er zurückkam, sagte Connie: «Ich möchte auch noch für eine Minute hinausgehen.»
Allein ging sie hinaus ins Dunkel. Sterne standen über ihr. Sie roch den Blumenduft in der nächtlichen Luft. Und sie fühlte, wie ihre nassen Schuhe noch nasser wurden. Doch ihr war zumute, als müsse sie weggehen, weit weg von ihm und jedermann.
Es war kühl. Sie erschauerte und kehrte ins Haus zurück. Er saß vor dem herabgebrannten Feuer.
«Huuhh! Kalt!» Sie schüttelte sich.
Er legte die Scheite auf die Glut und holte mehr, bis das Feuer gut und prasselnd den Kaminabzug hinaufloderte. Die züngelnden, leckenden gelben Flammen machten sie beide fröhlich, beschienen ihre Gesichter und ihre Seelen.
«Mach dir nicht so viel draus!» sagte sie und nahm seine Hand, und stumm und weit weg saß er da. «Jeder tut sein Bestes.»
«Hm» – er seufzte, mit einem schiefen Lächeln.
Sie rutschte zu ihm hinüber und schmiegte sich in seine Arme, wie er da so vorm Feuer saß.
«Vergiß doch!» flüsterte sie. «Vergiß!»
Er hielt sie fest, in der züngelnden Wärme des Feuers. Das Lodern selbst war wie ein Vergessen. Und ihre weiche, warme, reife Schwere! Langsam kreiste das Blut in ihm und brachte zurückflutend neue Kraft und furchtlosen Lebenswillen.
«Und vielleicht wollten die Frauen wirklich da sein und dich richtig lieben – vielleicht konnten sie nur nicht. Vielleicht war nicht alles nur ihre Schuld», sagte sie.
«Das weiß ich. Glaubst du, ich weiß nicht, daß ich selber nur ’n Wurm war, auf dem sie rumgetrampelt haben?»
Sie klammerte sich plötzlich an ihn. Sie hatte dies alles nicht wieder aufrühren wollen. Doch irgendein unseliger Einfall hatte sie dazu getrieben.
«Aber jetzt bist du das nicht», sagte sie, «jetzt bist du das nicht: ein Wurm, auf dem sie rumgetrampelt haben.»
«Ich weiß nicht, was ich bin. Dunkle Tage stehen uns bevor», sagte er mit düsterer Prophetie.
«Nein! Du sollst das nicht sagen!»
Er schwieg. Doch sie konnte die schwarze Leere der Verzweiflung in ihm spüren. Das war der Tod aller Begierde, der Tod aller Liebe: diese Verzweiflung, die wie eine dunkle Höhle in den Menschen war, eine Höhle, in der ihr Geist sich verlor.
«Und du sprichst so kalt über das Geschlechtliche», sagte sie. «Du sprichst, wie wenn du nur dein eigenes Vergnügen und deine eigene Befriedigung gewollt hättest.»
Nervös lehnte sie sich gegen ihn auf.
«Nein!» sagte er. «Ich wollte mein Vergnügen und meine Befriedigung von einer Frau haben, und beides habe ich nie bekommen: weil ich nie Vergnügen und Befriedigung von ihr haben konnte, wenn sie nicht zur gleichen Zeit beides von mir hatte. Und das war nie so. Es braucht zwei dazu.»
«Aber du hast nie an deine Frauen geglaubt. Du glaubst noch nicht einmal richtig an mich », sagte sie.
«Ich weiß nicht, was das ist: an eine Frau glauben.»
«Das ist es eben, siehst du!»
Sie saß noch immer zusammengekuschelt auf seinem Schoß. Doch sein Geist war grau, fortgetrieben, er war nicht da für sie. Und alles, was sie sagte, trieb ihn weiter weg.
«Aber woran glaubst du denn?» fragte sie hartnäckig.
Ich weiß es nicht.»
«An nichts, wie alle Männer, die ich je gekannt habe», sagte sie.
Sie schwiegen beide. Dann riß er sich zusammen und sagte:
«Ja, ich glaube an etwas. Ich glaube an Warmherzigkeit. Ich glaube ganz besonders an Warmherzigkeit in der Liebe, ans Ficken mit warmem Herzen. Ich glaube, wenn die Männer mit warmem Herzen ficken und die Frauen es mit warmem Herzen hinnehmen, wäre alles
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