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Lady Chesterfields Versuchung

Lady Chesterfields Versuchung

Titel: Lady Chesterfields Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Willingham
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Tante gewesen.
    „Sie hat mir das Leben gerettet“, antwortete er schließlich. „Nach meiner Verwundung bei Balaklava wurde ich nach London gebracht. Mrs Turner hat mich gesund gepflegt.“
    „Sie waren schwer verwundet?“
    „Ich lebe noch“, erwiderte er nüchtern. „Und das ist mehr, als ich von den meisten meiner Leute behaupten kann.“ Er musste an Henry Turner denken, unter dessen Leiche er schwer verwundet auf dem Schlachtfeld gelegen hatte. Nicht ein Tag verging, an dem er nicht wünschte, anstelle von Abigails Sohn den Tod gefunden zu haben.
    „Ich werde ein Auge auf sie haben.“ Hannah streckte ihm die Hand entgegen.
    Im nächsten Moment zog sie sie hastig zurück, als sei ihr plötzlich klar geworden, wie unüberlegt die Geste war. Doch Michael ergriff ihre Hand, und die Berührung jagte ihm einen heißen Schauer durch den Körper.
    Er trat einen Schritt vor, woraufhin sie einen Schritt zurückwich und mit dem Rücken gegen eine der Webleinen stieß.
    Interessant. Eigentlich hatte Michael nicht vorgehabt, Katz und Maus mit ihr zu spielen, aber ihre Reaktion reizte ihn. Ihre von der Kälte rosigen Wangen röteten sich noch mehr, und sie schien nicht zu wissen, was sie tun sollte. Doch in ihrem Blick lag keinerlei Furcht. Im Gegenteil, sie wirkte neugierig. Erwartungsvoll.
    Michael hob die Hände und griff rechts und links ihrer Schultern nach den Längstauen der Webleine. Obwohl er Hannah nicht berührte, war es beinahe so, als würde er sie umarmen. Sie errötete noch ein wenig mehr, ohne sich indes vom Fleck zu rühren. Stattdessen blickte sie sich unauffällig um. Sie waren unbeobachtet, denn sie befanden sich ziemlich weit achtern, und niemand hielt sich in ihrer Nähe auf.
    „Weshalb lässt Ihr Vater Sie mit einem Fremden reisen?“
    „Der Graf ist kein Fremder, sondern ein Freund meines Vaters. Sie kennen sich seit vielen Jahren.“
    Michael trat näher an sie heran. „Und wie gut kennen Sie ihn?“, fragte er leise.
    „Nicht besonders gut“, gab sie zu. „Aber Papa würde mich nie einer Gefahr aussetzen.“ Sie richtete den Blick demonstrativ auf seine Arme, aber Michael machte keine Anstalten, sie fortzunehmen. Er wollte herausfinden, was Hannah als Nächstes tat. Ihn beiseiteschieben? Oder einfach nur darauf warten, dass er sie gehen ließ?
    Im Augenblick hätte er sie am liebsten mit unter Deck genommen, fort von irgendwelchen Zuschauern. Um sie zu küssen, bis ihre Knie unter ihr nachgaben. Um ihre nackte Haut an seiner zu spüren.
    „Außerdem sind Sie ja da“, fügte sie hinzu. „Sie würden mich beschützen, wenn ich ihn Gefahr geriete.“
    „Stellen Sie mich nicht auf ein Podest, Hannah.“ Je länger er in ihrer Nähe war, umso mehr begehrte er sie. Wie zufällig strich er mit seiner Hand an ihrer entlang, und Hannah zuckte zusammen.
    „Sie versuchen, mir Angst zu machen“, warf sie ihm vor. „Aber ich weiß, dass Sie mir niemals etwas tun würden.“
    Michael beugte sich so dicht zu ihr, dass sie seinen Atem warm an ihrer Wange spüren konnte. „Meine Liebe, Sie kennen mich nicht.“ Sie schien tatsächlich keine Ahnung zu haben, in welcher Gefahr sie schwebte.
    Sie … Sie kennen mich auch nicht.“ Sie hatte das Kinn gereckt, und ihre Lippen waren nur wenige Zentimeter von seinen entfernt.
    „Mir reicht, was ich über Sie weiß.“
    „Was wollen Sie damit sagen?“
    „Ihr Leben besteht aus einem strengen Regelwerk – und ich bin ein Mann, der Regeln bricht.“
    „Glauben Sie, mir gefällt diese Art zu leben?“, fragte sie leise. „Ich darf nicht einmal entscheiden, was ich anziehe oder esse.“ Verzweiflung stand in ihren Augen, als sie den Blick abwandte. „So möchte ich nicht mehr leben. Nie wieder. Ab jetzt will ich meine eigenen Entscheidungen treffen.“ Sie stieß seine Arme beiseite und trat von ihm fort. „Ich werde mich kleiden, wie ich will, und essen, wonach mir der Sinn steht.“ Tief atmete sie ein. „Ich will frei sein.“
    Er verstand ihre Sehnsucht und wollte ihre Hoffnungen nicht zerstören. „Ihnen bleiben zwei Tage, bis wir Deutschland erreichen. Vielleicht sogar weniger.“
    Sie starrte ihn an. „Ich werde das Beste daraus machen.“
    Der Himmel mochte ihm beistehen, doch er wünschte ihr, dass es ihr gelang.

9. KAPITEL
    D en Rest des Nachmittags verbrachte Hannah damit, gemeinsam mit ihrer Zofe den Gesellschaftsraum für die weiblichen Passagiere und das Promenadendeck zu erkunden. Sie traf etliche Damen, die ebenfalls erster

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