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Lady Chesterfields Versuchung

Lady Chesterfields Versuchung

Titel: Lady Chesterfields Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Willingham
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sagen?
    Michaels Miene war ausdruckslos, als er sie ansah. Beinahe scheint es, als hätten wir lediglich miteinander gesprochen, dachte sie beschämt und spürte, wie ihr die Tränen in die Augen schossen. Um sich abzulenken, begann sie, ihre eigenen Kleidungsstücke zusammenzusammeln.
    „Ich helfe Ihnen beim Anziehen, bevor ich gehe“, sagte Michael schließlich.
    Aha. Dann waren sie also wieder beim Sie. Hannah hätte das Angebot abgelehnt, wenn sie in der Lage gewesen wäre, sich ohne fremde Hilfe anzukleiden. Sie zog ihre Petticoats an und mied seinen Blick. Tränen brannten ihr in den Augen, doch sie hielt sie in Schach. Michael nahm ihr das Kleid ab, hob es hoch, damit sie hineinschlüpfen konnte, und knöpfte es zu.
    Trotz der Mattigkeit, die sie erfüllte, fühlte sie sich wie ein Stück Glas, das jeden Moment zu zerspringen drohte.
    „Sind Sie in Ordnung, Lady Hannah?“ Er legte ihr seine Hände auf die Schultern.
    Nein, ganz und gar nicht, dachte sie, zwang sich jedoch, ihm zuzunicken. „Natürlich. Weshalb auch nicht?“ Sie wollte fröhlich klingen.
    Er sah sie unverwandt an, als wolle er etwas sagen, traue sich aber nicht.
    „Seien Sie vorsichtig, wenn Sie in Ihre Kabine zurückkehren“, brach sie schließlich das Schweigen.
    Michael nickte. „Halten Sie die Tür verschlossen, bis Mrs Turner und Ihre Zofe wiederkommen.“ Es lag eine erzwungene Gleichgültigkeit in seiner Stimme, und ein Anflug von Kälte huschte über seine Züge.
    Mit keinem Wort sprach er von einem Wiedersehen, und Hannah fühlte sich noch elender, als sie es ohnehin schon tat. Doch Michael Thorpe war kein Mann, von dem eine Frau feierliche Versprechen erwarten konnte.
    „Machen Sie sich meinetwegen keine Sorgen“, antwortete sie tonlos.
    Er trat einen Schritt zurück, und ein leises Klappern war zu hören. Michael machte eine fragende Miene und bückte sich. Als er sich aufrichtete, hielt er eine Gabel in der Hand.
    „Merkwürdig.“ Hannah runzelte die Stirn. „Ich habe kein Besteck mit in die Kabine genommen.“
    Michael und sie sahen sich im Raum um, und erst jetzt fiel ihnen die sonderbare Unordnung auf, die auf dem Fußboden herrschte. Aus Besteckteilen, Haarnadeln und Perlenschnüren hatte jemand ein Muster entlang der Wände gelegt.
    „Was hat das denn zu bedeuten?“ Hannah schüttelte ungläubig den Kopf.
    „Wo haben Sie Mrs Turner hingeschickt?“
    Hannah zuckte mit den Schultern. „Ich bat Estelle und sie lediglich, mich für eine Stunde allein zu lassen. Selbstverständlich nahm ich an, dass die beiden zusammenbleiben.“
    Michael fluchte und trat zur Tür. „Ich muss sie finden.“
    Nicht wir, sondern ich , dachte Hannah traurig und wütend zugleich. Wollte er sie so schnell loswerden? Sich einzugestehen, dass es so war, versetzte ihr einen Stich. Dennoch war es ihr ein Rätsel, weshalb er die Gegenstände auf dem Fußboden so beunruhigend fand. „Was verschweigen Sie mir?“
    Er deutete auf die Unordnung. „Mrs Turner hat einen ihrer Anfälle. Ich muss sie finden, bevor ihr etwas zustößt.“
    Es wäre ein Leichtes gewesen, ihn gehen zu lassen und ihm viel Glück bei der Suche zu wünschen. Doch Hannah fühlte sich verantwortlich für Mrs Turners Verschwinden. Hätte sie die alte Frau nicht fortgeschickt, würde sie vermutlich in ihrer Koje liegen und schlafen.
    Kurz entschlossen griff Hannah nach ihrer Pelisse und ihrer Satinschute. „Ich komme mit Ihnen.“

12. KAPITEL
    A uf dem Oberdeck war das Schlingern des Schiffes viel deutlicher zu spüren. Hier und da erhellten Öllampen die Dunkelheit, und ein paar Matrosen waren dabei, die Segel neu auszurichten. Aus dem Bauch der Orpheus drang dumpf das Stampfen der Dampfmaschine.
    Michael hielt Hannah fest bei der Hand und fragte sich, warum er sich darauf eingelassen hatte, dass sie sich ihm anschloss. Im schlimmsten Fall würde ihre Anwesenheit an Deck um diese Zeit und in seiner Begleitung sie beide in Erklärungsnöte bringen. Was er tat, war unvernünftig und gefährlich.
    Allerdings hatte er sie nach dem Anschlag auf ihn heute Abend auch nicht allein lassen wollen. Und ganz besonders nicht nach dem, was in der Kabine zwischen ihnen geschehen war.
    Es hatte ihn die allergrößte Anstrengung gekostet, sie nicht zu verführen. Er hätte es gekonnt, dessen war er sicher. Sie hatte mit einer Leidenschaft auf ihn reagiert, die ihn jetzt noch in Erstaunen versetzte, und er hatte sich danach verzehrt, ihr die verbleibenden Kleidungsstücke

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