Lady Daphnes Verehrer
Lächerliches gesagt! Ich kenne dich und ich weiß, dass ich recht habe.« Er schlug sich frustriert auf die Schenkel. »Verdammt, wie ärgerlich, dass Summerhays nicht in der Stadt ist. Wir könnten Wetten darauf abschließen, wann es passiert, und genüsslich dabei zusehen, wie aus der Woche, die du veranschlagst, ein Jahr wird. Vielleicht wird es dir ja auch nie gelingen!«
»Du brauchst vielleicht ein Jahr, um eine bezaubernde Frau ins Bett zu locken, aber ich versichere dir, ich schaffe es in einer Woche.« Oder in zwei Wochen, allerhöchstens in drei. Aber ein Jahr war absurd und völlig ausgeschlossen.
»Dann musst du einen Trumpf im Ärmel haben, von dem ich nichts weiß.«
»Nur meinen Charme.«
Das fand Hawkeswell urkomisch. Er lachte so sehr, dass er puterrot wurde. Dann wischte er sich die Augen und schenkte sich noch etwas Wein ein. »Wir werden sehen, wie weit du mit deinem Trinkercharme bei
dieser
Frau kommst, Castleford!«
Daphne schob die Gardine im Kutschenfenster ein wenig zur Seite und schaute nach draußen. Wie sie beklommen feststellte, fuhren sie bereits am Hyde Park vorbei.
Katherine, die neben ihr saß, rückte etwas zur Seite, damit das hereinfallende Licht nicht ihr Gesicht erreichte. Nicht, dass es da viel zu erreichen gab, denn die breite Krempe ihrer Ausgehhaube und die dünnere Spitzenhaube, die sie darunter trug, verdeckten ihr Gesicht zum Großteil.
Daphne schloss die Vorhänge wieder. »Niemand wird dich sehen, das verspreche ich dir. Die Kutsche hält direkt vor der Tür und dann bist du im Nu im Haus. Die Bediensteten kennen uns nicht und werden keine besondere Notiz von dir nehmen.«
»Ich habe keine Angst, gesehen zu werden«, sagte Katherine. »Ich interessiere mich nur nicht für Städte, das ist alles.«
»Dann tut es mir doppelt leid, dass ich dir die Fahrt nach London aufgezwungen habe, Katherine. Aber ich hatte keine andere Wahl. Das verstehst du doch, nicht wahr?«
Katherine verharrte angespannt und regungslos auf ihrem Platz. Es war herzlos gewesen, auf ihre Begleitung zu bestehen, aber diesen Besuch konnte Daphne unmöglich allein machen, ohne eine andere Frau an ihrer Seite. Das wäre töricht gewesen.
»Ich begreife einfach nicht, warum er nicht noch einmal nach Cumberworth gekommen ist«, murrte Katherine verärgert. »Es war sehr unhöflich von ihm zu verlangen, dass du diese Reise unternimmst, noch dazu ohne wichtigen Anlass. Er ist zwar der Herzog, aber wenn er ein privates Treffen wünscht, sollte er derjenige sein, der die Unannehmlichkeiten einer Reise auf sich nimmt, und nicht du – und ich schon gar nicht.«
In dieser Situation erwies sich die Regel, dass sie einander nicht mit neugierigen Fragen belästigten, als sehr nützlich, fand Daphne. Katherine hatte eine völlig falsche Vorstellung von dem Besuch in London. Dennoch war sie nicht verpflichtet, ihr zu erklären, dass es sich genau genommen nicht um ein privates Treffen handelte, dass der Herzog ihren Besuch nicht wirklich
verlangt
hatte, und dass es um viel mehr ging, als Katherine ahnte.
Castlefords sonderbare Einladung befand sich in Daphnes Handtasche. Ein Absatz, verfasst in der fließenden Schrift und im formellen Ton seines Sekretärs Mr Edwards, der sich im Namen des Herzogs dafür entschuldigte, sie nicht eher über den Stand der Dinge verständigt zu haben. Mr Edwards erklärte, es seien am vergangenen Dienstag einige Fragen zu dem Anwesen aufgekommen, die in Bälde geklärt würden, und bat sie, sich noch etwas zu gedulden.
Unter Mr Edwards Unterschrift waren noch ein paar Worte in einer eigenwilligeren, steilen Schrift hinzugefügt worden:
Sie sollten am besten kommenden Dienstag um drei Uhr nachmittags hier erscheinen. Castleford.
Sie war sich immer noch nicht schlüssig darüber, was »Sie sollten am besten« bedeutete. Man konnte es als Rat eines beschäftigten Mannes verstehen, ihre Interessen zu vertreten. Oder als Drohung.
So oder so erwartete sie nicht, dass es eine erfreuliche Begegnung werden würde. Da Dienstag war, würde er wohl nüchtern sein und sich zu benehmen wissen. Als sie sich das letzte Mal gesehen hatten, waren sie jedoch erst eine Viertelstunde, nachdem sie seine Annäherungsversuche abgewehrt hatte, auseinandergegangen. Und diese Viertelstunde war mehr als unbehaglich für sie gewesen, zumal er sich trotz ihrer deutlichen Ablehnung nicht zurückgehalten hatte.
Sie dachte daran zurück, wie er sich schließlich von ihr verabschiedet hatte. Missmutig.
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