Lady Daphnes Verehrer
erweisen würden, meine Gäste zu sein, können wir an Bord meines Bootes auf der Themse eine anständige Mahlzeit zu uns nehmen, statt so zu tun, als würde uns der Fraß im Vergnügungspark schmecken.«
Mrs Albrighton war offenbar von seinem Angebot überrascht. Angenehm überrascht. Sie wirkte sogar überaus geschmeichelt. Ihr Mann musterte ihn neugierig.
In diesem Moment kam Mrs Joyes mit einem Tablett mit dem Punsch aus dem Haus. Albrighton stand auf, um ihr zu helfen, und Mrs Albrighton verteilte die Gläser.
Castleford nahm einen Schluck. Der Punsch war sehr gut. Angenehm säuerlich und süß zugleich. Ein Schuss Brandy hätte ihn jedoch erheblich verbessert.
»Daphne, stell dir vor, was Seine Hoheit uns angeboten hat«, sagte Mrs Albrighton. »Wir sind alle für morgen Abend auf sein Boot zu einer Dinnerparty eingeladen, und dann bummeln wir noch durch die Vauxhall Gardens.«
Die hinreißende Mrs Joyes schenkte ihrer Freundin ein herziges Lächeln. Und sie bedankte sich formvollendet bei ihm für seine Freundlichkeit. Der Hauch von Röte auf ihren Wangen deutete jedoch auf ihre Überraschung hin, angesichts des Umstands, dass sie erneut in die Enge getrieben worden war.
Ein Brief wartete auf Castleford, als er nach Hause zurückkehrte. Er kam von Mr Edwards. Er berichtete ihm, dass die Ingenieure und Landvermesser eingetroffen waren und im Gasthaus von Cumberworth Quartier bezogen hatten. Er hatte ihnen in aller Deutlichkeit zu verstehen gegeben, dass die Frauen auf dem Anwesen in keinster Weise belästigt werden durften.
Außerdem hatte er The Rarest Blooms aufgesucht, um Miss Johnson und Mrs Hill zu beruhigen. Die Arbeiten sollten gleich am Morgen beginnen, und er versprach, sie mit größter Sorgfalt zu überwachen. Er beendete den Brief mit der Äußerung des Verdachts, dass das Gasthaus, in dem er übernachtet hatte, von oben bis unten von Bettwanzen verseucht war.
Da ihm sein Sekretär nicht zur Verfügung stand, war Castleford gezwungen, seine Antwort selbst zu schreiben. Er wies Mr Edwards an, für eine gründliche Untersuchung des Lands Sorge zu tragen. Die Männer sollten ihre Arbeit auf keinen Fall zu hastig durchführen. Falls sie ihre Aufgabe in weniger als vierzehn Tagen erledigten, müsse er, wie er schrieb, leider davon ausgehen, dass ihr Bericht nicht ausreichend fundiert sei.
Er schenkte sich einen Brandy ein und erteilte seinem Butler Anweisungen für die Dinnerparty auf seinem Boot. Dann zog er sich in sein Gemach zurück, um an seinem Buch zu arbeiten.
Doch er konnte sich nicht auf das Manuskript konzentrieren. Das war ein weiteres Problem, das ihm sein relativ nüchterner Zustand bescherte. Es machte viel mehr Spaß, einen Wegweiser zu den Bordellen Londons zu verfassen, wenn man betrunken war.
Seine Gedanken schweiften ab zu der bezaubernden Mrs Joyes. Er dachte über das nach, was er über sie erfahren hatte, und überlegte, ob seine Entdeckungen von Bedeutung waren.
Allem Anschein nach war sie eine Betrügerin. Eine Lügnerin, offen gesagt. Im Krieg war kein Hauptmann Joyes gefallen. Das belegten die Dokumente, die Sykes ihm gegeben hatte. Er hatte die Liste der Toten und Verwundeten zweimal durchgelesen, um sicherzugehen, dass er den Namen nicht übersehen hatte.
Nun bezweifelte er, dass es überhaupt jemals einen Hauptmann Joyes gegeben hatte. Aber immerhin war es möglich, dass es ihn gab und er noch lebte; irgendwo. Er musste es herausfinden.
Doch wenn er richtig lag, war sie keine Witwe und vielleicht sogar nie verheiratet gewesen.
Falls sie die Unwahrheit sagte, musste es gute Gründe dafür geben. Der Witwenstand bot unabhängigen Frauen einen gewissen Schutz. Möglicherweise hatte sie auch einen Vorwand gesucht, um ihren Namen ändern zu können. Da sie Verwandte in und um London hatte, hätte sie ihnen eine Erklärung für die Namensänderung geben müssen, und eine Heirat war die einzige vernünftige. Aber warum hätte sie ihren Namen ändern wollen?
Eine neue Identität war auch nützlich, wenn man sich verstecken und nicht so schnell gefunden werden wollte. Doch sie hatte sich in den vergangenen Jahren nicht versteckt. Sie hatte ihre Freundinnen in London, besuchte die Stadt von Zeit zu Zeit und wohnte in der unmittelbaren Umgebung.
Wenn sie sich hätte verstecken wollen, wäre sie an einen weit entfernten Ort gezogen. Außerdem versteckten sich Leute, wenn sie etwas angestellt hatten, und wenn Mrs Joyes eine Verbrecherin war, dann war kein Verlass mehr
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