Lady Daphnes Verehrer
wäre dies nur eine weitere Bürde, die auf seinen privilegierten Schultern lastete. »Sie verschwenden nur ihre Zeit, aber es steht ja jedem frei, was er mit seiner Zeit macht. Trotzdem ist es lästig, auf Schritt und Tritt beobachtet zu werden.«
Albrighton bedachte ihn mit einem Blick, der signalisierte, dass er viel mehr aus den Worten des Herzogs herauslas, als jener preiszugeben glaubte. »Ich nehme an, es ist herausgekommen, weil einer dieser Ingenieure indiskret war.«
Hawkeswell hatte das Interesse an dem Gerücht bereits wieder verloren. Er stand auf und reichte Verity die Hand. »Wenn du nichts dagegen hast, Castleford, werde ich mit meiner Frau eine Runde auf dem Deck drehen und den Nachthimmel genießen, bevor wir uns in das Getümmel des Vergnügungsparks begeben.«
Die beiden spazierten davon und verschmolzen schon bald zu einer einzigen Silhouette. Celia sah Jonathan an und schenkte ihm ein neckisches Lächeln. Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus und dann verschwanden sie auch schon, ohne sich zu empfehlen.
Daphne reckte den Hals hierhin und dorthin, doch die zwei Paare waren nicht mehr zu sehen. Sie war entsetzt darüber, dass ihre Freunde sie mit Castleford allein gelassen hatten, dem, wie sie alle wussten, nicht zu trauen war.
»Sie können sie von hier aus nicht sehen«, sagte er. »Sie sind ans Heck gegangen. Dort stehen kleine Pavillons, die wie arabische Zelte hergerichtet sind.«
»Ich denke, ich mache auch einen Spaziergang und sehe mir diese Pavillons an.«
»Dazu würde ich Ihnen nicht raten. Es sei denn, Sie möchten sehen, was vollendetes Eheglück ist.«
Sie hatte sich bereits halb erhoben, als sie begriff, was er meinte. Sie erstarrte und sah ihn an. »Ich bin mir sicher, dass sie nicht …«
»Und ob! Ich würde darauf wetten. Ich kenne Hawkeswell sehr gut, und es ist eine der Freuden der Ehe, dass man wieder unanständig sein darf. Und Albrighton hat schon immer Regeln ignoriert, die seinen Zielen im Weg stehen.«
Sie wollte schon widersprechen, doch dann dachte sie daran, wie Jonathan und Celia sich angesehen hatten. Die Vorstellung, dass ihre Freunde sich dort hinten im Dunkeln ihres »Eheglücks« erfreuten, missfiel ihr sehr.
Sie setzte sich wieder und musterte Castleford misstrauisch. »Sind die Laternen deshalb nur an diesem Ende des Schiffs? Sie sind ein sehr aufmerksamer Gastgeber.«
»Ich habe dabei nur an mich gedacht. Ich hoffte, die kleinen Verstecke unter dem sternenklaren Sommerhimmel würde die anderen von uns weglocken. Und siehe da, es ist auch so gekommen.«
Sie betrachtete den Rest Wein in ihrem Glas. Hätte sie nicht mehr getrunken, als gut für sie war, wäre sie nun vielleicht entrüstet und aufgebracht und würde ihm eindringlich von jedweden Verführungsabsichten abraten.
Unglücklicherweise machte sie die wohlige Wärme, die der Wein und das Lachen in ihr hervorgerufen hatten, anfällig für die unerklärliche Anziehungskraft dieses Mannes. Selbst das Wissen, dass er gefährlich für Frauen war und besonders für sie zu einem ernsten Problem werden konnte, versetzte sie in diesem Moment nur in Erregung.
Sie wandte sich dem Bug des Bootes zu. In der Ferne, jenseits der Biegung des Flusses, glaubte sie die Laternen der Vauxhall Gardens wie kleine Sterne glitzern zu sehen.
»Wir sollten allmählich zügiger flussaufwärts fahren«, schlug sie vor. »Wir kommen nie an, wenn wir weiter so hin- und herpendeln.«
»Wir werden schon bald ankommen. Ich möchte unsere Freunde nicht zur Eile treiben. Sie doch gewiss auch nicht, oder?«
Sie bemühte sich sehr, nicht an das zu denken, was ihre Freunde gerade taten, und wollte auch nicht abschätzen, wie lang es wohl dauern würde. Doch vor ihrem geistigen Auge tauchten unerhörte Bilder davon auf, wie sie es taten. Gab es dort hinten etwa auch Betten?
Sie spürte, wie sie errötete. Aus dem Augenwinkel sah sie Castleford, der sich ihr auf dem kleinen Sofa, auf dem sie saßen, zugewandt hatte und den Kopf in die Hand stützte.
Er sah sie seelenruhig an – beinahe besonnen, wie es schien –, und es fiel ihr schwer, irgendetwas Bedrohliches an ihm zu entdecken. Er wirkte recht normal und zurechnungsfähig und machte nicht den Eindruck, sie verführen zu wollen. Er ließ ihr lediglich die Aufmerksamkeit zukommen, die jeder Gastgeber einem weiblichen Gast zukommen lassen würde, der von seinen Freunden allein gelassen worden war.
Gleichwohl riet ihr Instinkt ihr zur Flucht – wenn sie nur
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