Lady Ilianas lustvolles Spiel
den Rauch des Feuers. Die Vermutung lag nahe, dass der Baldachin und der Bettüberwurf seit mindestens zehn Jahren nicht mehr gereinigt worden waren. An den Zustand der Laken selbst wagte sie gar nicht zu denken.
„Wie schade, dass wir keine Blumen für Euch haben.“
Iliana fuhr zu ihrer Zofe herum, die eben damit beschäftigt war, die Flecken aus dem gelben Gewand zu reiben, das sie vorher getragen hatte. „Blumen?“ rief sie aus, und Ebba hob erstaunt den Kopf. „Blumen! Wozu denn? Etwa, damit ich hübsch aussehe, wenn ich in diese Familie einheirate? Wahrscheinlich bist du auch der Ansicht, man müsste Schafen Schleifen umbinden, ehe man sie zum Schlachter führt!“
Ebba konnte ihre Herrin nur fassungslos anstarren. Noch nie hatte sie erlebt, dass die junge Frau derart aufgebraust war. Ungläubig verfolgte sie, wie Iliana den Schleier abnahm und anfing, den Überwurf vom Bett zu zerren. „Ich werde nicht in diesen ekelhaften, abscheulichen ... Wo sind meine Bettlaken?“ Ebba zuckte zusammen. „Eure ... was?“
„Mein Leinenzeug!“ fuhr Iliana sie an. „Meine Mutter und ich haben uns jahrelang auf den Tag meiner Hochzeit vorbereitet. Wir haben Bettlaken genäht, Ebba. Wo sind sie? Sie hat sie dich doch bestimmt einpacken lassen!“
Die Zofe nickte. „Ach ja.“ Sie legte das gelbe Gewand zur Seite und begann die Truhen zu durchsuchen. Es waren gut ein Dutzend, und Ilianas Mutter hatte darauf bestanden, dass ihre Tochter sie alle mit nach Schottland nehmen sollte, obwohl Lord Greenweld dagegen protestiert hatte. In Gegenwart von Lord Rolfe und dem Bischof hatte er sich damit jedoch nicht durchsetzen können. „Hier sind sie!“ Sie richtete sich auf und hielt einen Stoß weicher, schneeweißer Laken hoch, die an den Rändern von Hand mit Blumen und Pfauen bestickt waren. „Sind Euch die recht?“
„Ja.“ Iliana nahm sie ihr ab, und ihre Miene wurde beinahe zärtlich bei der Erinnerung daran, wie viele Stunden sie mit ihrer Mutter am Kamin gesessen und an den Laken gearbeitet hatte. Seufzend schmiegte sie die Wange an den weichen, sauberen Stoff. Sie schloss die Augen und sah plötzlich das Gesicht ihrer Mutter vor sich. Ein Klopfen an der Tür vertrieb dieses Bild.
„Wer ist da?“ fragte Ebba mit bebender Stimme.
„Lord Rolfe. Es ist so weit.“
Iliana schlug die Augen auf und bemerkte Ebbas unsichere Miene. Sie seufzte und nickte.
„Nur noch einen Augenblick!“ rief Ebba.
Schnell reichte Iliana ihrer Zofe die Laken und legte wieder ihren Schleier an. „Beziehe du das Bett neu. Ich werde nicht in diesem Dreck schlafen. Und dann hol dir ein paar Bedienstete; sie sollen dir helfen, die Truhen an die Wand zu schieben.“ „Soll ich sie auspacken?“
„Nein, erst wenn wir diesen Schweinestall ein wenig sauber gemacht haben“, teilte Iliana ihr ungehalten mit und ging zur Tür. Sie hielt inne und sah sich um. „Lass einen Badezuber heraufbringen. Mein Gemahl wird heute Abend ein Bad nehmen, andernfalls darf er nicht auf diesen Laken schlafen.“
Sie mochte zwar gezwungen sein, diesen Barbaren zu heiraten, aber immerhin konnte sie bestimmen, wie diese Ehe aussehen sollte. Er konnte sie schlagen, würgen, ja sogar ermorden - aber so würde sie nicht leben. Lieber sterbe ich, dachte sie nüchtern. Dann öffnete sie die Tür und nahm den Arm des besorgt aussehenden Lord Rolfe. Ganz offensichtlich hatte er ihre letzten Worte mit angehört.
Zusammen mit den anderen lachte Duncan über einen Scherz seiner Schwester, dann hob er den Humpen an die Lippen und leerte ihn zur Hälfte, ehe er verstohlen zu seiner Braut hinüberblickte. Sie saß an der Haupttafel neben seinem Vater; ihre Miene war unverändert grimmig geblieben, seit sie an Lord Rolfes Arm die Treppe hinuntergekommen war. Auch während der Zeremonie hatte sie diesen Gesichtsausdruck beibehalten und ihr Ehegelübde mit so tonloser Stimme abgelegt, dass niemand mehr im Zweifel bleiben konnte, wie sehr sie mit ihrem Schicksal haderte.
Duncan war anfangs gereizt gewesen und hatte sich dann mehr und mehr in Zorn gesteigert. Schließlich kannte er die Hintergründe dieser Hochzeit; er hatte Iliana vor ihrem Stiefvater gerettet. Und wie dankte sie ihm das? Indem sie sich überdeutlich anmerken ließ, dass sie überall lieber gewesen wäre als hier, und ihn vor seinen eigenen Leuten demütigte! Doch mehr als alles andere machte ihm die Tatsache zu schaffen, dass er seine Frau bei der Hochzeitszeremonie merkwürdig anziehend gefunden
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